
Moscheen gibt es viele in Hamburg. Doch an keiner entzündet sich so viel Streit wie an der Imam-Ali-Moschee, der sogenannten Blauen Moschee. Sie ist eine der größten schiitischen Moscheen in Norddeutschland. Die Adresse „Schöne Aussicht 36“ gibt schon einen Hinweis darauf, dass das Gebäude gut gelegen ist: gleich an der Außenalster. Eine Hamburger Touristeninformation bezeichnet das Gotteshaus als „eine der schönsten Moscheen Deutschlands“, deren „prächtige Minarette, arabische Kalligraphie und Kachelmosaiken“ an Moscheen erinnern, „wie man sie aus so manchem Urlaubsland in Erinnerung hat“.
Am Donnerstag war das Bild ein anderes. Mehr als 30 Mannschaftswagen sind noch bei Dunkelheit am frühen Morgen vor der Blauen Moschee vorgefahren, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Polizisten, die teils mit Helmen ausgerüstet gewesen sind, haben das Gelände der Moschee und der dazugehörigen Gebäude abgesperrt. Die Moschee, Anfang der Sechzigerjahre von iranischen Geschäftsleuten gebaut, steht seit Jahren in der Kritik.
Dabei geht es nicht um das Gebäude, sondern um den Trägerverein, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Dieses Zentrum wird von schiitischen Muslimen verschiedener Nationen als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt – neben Iranern sind das vor allem Afghanen, Araber, Libanesen, Pakistaner, Türken und Konvertiten. Seit 1993 wird das Zentrum vom Verfassungsschutz beobachtet. Ein Gericht hat das regelmäßig bestätigt. Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz sieht das IZH als „weisungsgebundenen Außenposten Teherans, mit dessen Hilfe der in der iranischen Verfassung verankerte Auftrag des weltweiten Exports der ,islamischen Revolution‘ umgesetzt werden“ soll.
CDU fordert schon seit Monaten Schließung des Zentrums
Seit Monaten fordert die CDU, dass das Zentrum geschlossen wird. Nun hat das Bundesinnenministerium in Berlin Schritte in diese Richtung unternommen. Am Donnerstag durchsuchten Beamte in sieben Bundesländern – darunter in Hamburg – insgesamt 54 Häuser und Wohnungen. Das IZH stehe im Verdacht, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten, teilte das Ministerium mit. Damit wären die Voraussetzungen für ein Verbot nach dem Vereinsgesetz gegeben. Außerdem gehen die Behörden dem Verdacht nach, dass das Zentrum verbotene Aktivitäten der libanesischen Terrormiliz Hizbullah unterstützt.
Die Innenministerin stellte die Maßnahme am Donnerstag in den Zusammenhang mit der angespannten Sicherheitslage nach dem Angriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober. „Wir haben die islamistische Szene im Visier“, sagte Nancy Faeser (SPD). „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele Jüdinnen und Juden besonders bedroht fühlen, gilt: Wir dulden generell keine islamistische Propaganda und keine antisemitische und israelfeindliche Hetze.“ Die Forderungen, etwas gegen das Zentrum zu unternehmen, sind allerdings schon deutlich älter.
Innensenator Andy Grote begrüßt die Schließung
Hamburgs Innensenator Andy Grote hat die Ermittlungen des Bundesinnenministeriums gegen das IZH begrüßt: „Die bundesweiten Razzien mit Schwerpunkt in Hamburg sind ein harter Schlag gegen das IZH, dessen Zeit erkennbar abgelaufen ist“, erklärte der SPD-Politiker. Die Durchsuchungen machten deutlich, dass das Verbotsverfahren gegen das seit vielen Jahren vom Verfassungsschutz als islamistisch eingestuften Zentrums weit vorangeschritten sei. „Je schneller das IZH nun als Ganzes aus Hamburg verschwindet, umso besser“, sagte Grote. „Mit dem heutigen Tag sind wir dem ein ganzes Stück näher.“
Im November des vergangenen Jahres nahm der Bundestag einen Antrag der Ampelfraktionen an, der das Ziel formulierte, den Druck auf das Regime in Teheran zu erhöhen. Die Forderung lautete, „zu prüfen, ob und wie das ‚Islamische Zentrum Hamburg‘ als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann“. Aus Sicht der CDU ist seither zu wenig passiert. Christoph de Vries, Bundestagsabgeordneter aus Hamburg, sagte der F.A.Z.: „Bis zum 7. Oktober war die Bekämpfung des Islamismus ein weißer Fleck in der politischen Agenda der Ampel. Frau Faeser hat bis dato beide Augen zugedrückt und kein einziges Verbot im Phänomenbereich Islamismus erlassen.“
Die Union fordert schon lange, dass das Hamburger Zentrum geschlossen wird. Im vergangenen Herbst stellte die Fraktion dazu einen eigenen Antrag im Bundestag. Parteichef Friedrich Merz forderte Faeser Mitte Oktober im Bundestag auf, das Islamische Zentrum „endlich“ zu schließen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte der F.A.Z. im Februar, das Zentrum müsse geschlossen werden. „Die Verfassungsschutzbehörden haben mittlerweile genügend Informationen, die beweisen, dass das Zentrum die iranische Terrororganisationen und Terrorfinanzierung unterstützt.“
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden im Zusammenhang mit dem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren auch Durchsuchungen in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Im Fokus stünden neben dem IZH fünf weitere Vereinigungen, die Teilorganisationen sein sollen, teilte das Bundesinnenministerium mit. Nach Angaben Faesers waren dabei insgesamt etwa 800 Polizisten im Einsatz. „Wir gehen damit nicht gegen eine Religion oder einen Staat vor“, sagte die Ministerin. Laut dem bayerischen Innenminister Joachim Hermann (CSU) wurden in München drei Objekte im Umfeld der „Islamischen Vereinigung Bayern“ durchsucht.
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