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Tag der Deutschen Einheit: Doch im Osten wütet das Volk - Mopo.de

Am Montag jährt sich die deutsche Wiedervereinigung zum 32. Mal. Ein Grund zum Feiern, sollte man meinen: Haben die ehemaligen DDR-Bürger am 3. Oktober 1990 doch nach 45 Jahren Diktatur ihre Freiheit wiedererlangt. Doch sind es gerade die Ostdeutschen, die mit der aktuellen Politik mehr als unzufrieden sind – und ihren Frust zunehmend auf die Straßen bringen. Linke und rechte Gruppen haben einen „heißen Herbst“ angekündigt.

Die Stimmung auf den ostdeutschen Straßen ist aufgeheizt. Während in Hamburg am Samstag knapp 1000 Menschen für ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und eine Öffnung der Gaspipelines Nordstream 1 und 2 auf die Straßen gingen, waren es in der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin mit ihren nicht einmal 96.000 Einwohnern am vergangenen Montag 4.500 Demonstranten.

32 Jahre nach Wiedervereinigung: „Arschkarte gezogen“

Auch in anderen ostdeutschen Städten wird jetzt wieder regelmäßig zu „Montagsdemonstrationen“ aufgerufen – genau wie in den 1980ern. Doch fordern die Menschen nicht mehr den Fall der Mauer und Freiheit von den sowjetischen Besatzern, sondern häufig eine Aussöhnung mit dem russischen Präsidenten. Zum Tag der Deutschen Einheit geht es in die nächste Runde. In Plauen mobilisiert der rechtsextreme Dritte Weg, in Berlin sind es die „Handwerker für den Frieden“.

„Der Eindruck mancher im Osten ist, und das muss man nicht teilen, zweimal die Arschkarte gezogen zu haben, 1945 und in den 90er Jahren, mit jeweils traumatisierenderen Umbrüchen als in Westdeutschland“, sagt die Leipziger Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta (Grüne).

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Viele Versäumnisse aus der Nachwendezeit wurden bis heute nicht aufgeholt: Noch immer sind Vermögen, Einkommen und Renten in Ostdeutschland geringer, sodass die Menschen die Inflation hier noch schneller und härter zu spüren bekommen. Mehr als 22,5 Prozent der Ostdeutschen verdienten vor der Mindestlohnerhöhung weniger als 12 Euro die Stunde (Ausnahme: einige Städte in Brandenburg). In Hamburg waren es 15 Prozent. Und die Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse geht kaum noch voran.

Ostdeutschland: 39 Prozent zufrieden mit der Demokratie

Laut dem „Deutschland-Monitor“, einer Umfrage des Ostbeauftragten der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD) sind nur noch 39 Prozent der Ostdeutschen zufrieden mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland funktioniert – im Vergleich zu 48 Prozent vor zwei Jahren. In Westdeutschland lag der Wert bei 59 Prozent. Nur 32 Prozent denken, dass den Politikern das Wohl des Landes am Herzen liegt (Westdeutschland: 42 Prozent) und 43 Prozent haben das Gefühl, ihre Meinung frei äußern zu können, ohne Ärger zu bekommen (Westdeutschland: 58 Prozent).

Nach der Umfrage Insa-Meinungstrend für „Bild“ ist die AfD in den östlichen Bundesländern derzeit mit 27 Prozent Zustimmung Nummer eins, bundesweit liegt sie bei 15 Prozent. Auch die Linke gewinnt Zustimmung. Paula Piechotta (Grüne) warnt: „Wenn dieser Winter schief geht, könnte der Osten noch unregierbarer werden, weil die Mitte weiter ausgedünnt wird.“

Vor dem Schweriner Schloss treffen sich Teilnehmer einer Demonstration, die gegen die Energiepolitik mit stark gestiegenen Preisen und deren Folgen protestieren.
Auch in Schwerin gab es Proteste gegen die Russland-Politik der Bundesregierung.

Von den von Außenministerin Annalena Baerbock befürchteten „Volksaufständen“ sind wir noch weit entfernt. Doch: „Wir sind erst am Anfang der Mobilisierung“, sagt Linken-Chef Martin Schirdewan. Das Bundeskriminalamt rechnet laut Medienberichten mit einer Zunahme der Proteste, Verfassungsschützer ebenfalls. „Wir müssen uns auf dieses Szenario einstellen“, sagt der Chef des sächsischen Verfassungsschutzes, Dirk-Martin Christian, der „Leipziger Volkszeitung“.

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32 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Freude über Reisefreiheit und Produktvielfalt sowie die Hoffnung auf Wohlstand bei vielen Ostdeutschen dem Frust gewichen. In der Krise zeige sich, „dass uns die nicht ausreichend geführte Debatte über unsere geteilte Vergangenheit und gemeinsame Zukunft anfälliger macht für gesellschaftliche Spaltungen“, sagt Paula Piechotta. „Der Bericht des Ostbeauftragten zeigt vor allem auch: Die deutsche Einheit ist immer noch nicht vollendet.“ (dpa/prei)

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