Berlin Wenn nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete der christlich-demokratischen Union (CDU) schon zu Allerheiligen arbeiten müssen, dann wenigstens im Tagungszentrum eines Erzbistums. Im Kardinal-Schulte-Haus in Bergisch Gladbach traf sich an diesem Montag die Landesgruppe, in der sich seit nunmehr drei Jahren ein unerbittlicher Machtkampf abspielt: der um die Führung in der CDU.
Friedrich Merz, Norbert Röttgen, Jens Spahn, Ralph Brinkhaus und Carsten Linnemann lauten die Namen jener Protagonisten, die in diesen Tagen darüber befinden müssen, ob sie sich allein oder in einem Team für das Amt des Parteivorsitzenden bewerben.
Zwei von ihnen, die Anfang des Jahres CDU-Chef Armin Laschet bei einem Parteitag unterlagen, wollen das Unheil beenden: Friedrich Merz und Norbert Röttgen wollen mit Teams die Partei von sich überzeugen und klarmachen, dass es ihnen um das große Ganze geht – und nicht etwa um persönliche Karrieren.
„Es geht nicht um einen kurzfristigen Führungsanspruch, sondern den Willen, die Partei zukunftsfähig aufzustellen“, bringt der Abgeordnete und Chef der kommunalpolitischen Vereinigung, Christian Haase, die Erwartung der Mitglieder auf den Punkt. „Wer jetzt Parteichef werden will, muss einerseits in der Lage sein, klare Aussagen zu formulieren, und andererseits die gesamte Partei mitnehmen. Unsere Klausur bietet am Rande Raum für konstruktive Gespräche.“
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Nach Informationen des Handelsblatts plant Merz, 65 Jahre alt, ein Team mit Linnemann, 44, Chef der Mittelstandsunion und Fraktionsvize. Zu verteilen gibt es neben dem Posten des Partei- sowie des Fraktionsvorsitzes auch den des Generalsekretärs. Obendrein den des Parteivizes und des Präsidiums.
Merz und Linnemann wollen dabei auch Frauen präsentieren. Das Team soll die Breite der Partei abbilden – und für Aufbruch und Zukunft stehen. Merz wie Linnemann sind indes überzeugte Wirtschaftspolitiker, wie Sozialpolitiker anmerken.
Die Rede ist von einer Version „Spahn light“
Ungeklärt scheint vor allem aber noch, wer von beiden die Partei und wer die Fraktion führen wird. Beide Ämter in einer Hand zu vereinen scheint unwahrscheinlich – zumindest aus taktischen Gründen: So haben die 326 Kreis- und 27 Bezirksvorsitzenden am Wochenende in Berlin festgelegt, dass sich die Kandidaten für den Parteivorsitz der Basis stellen müssen.
Bei einer Mitgliederbefragung, bei der ein Team gleich auch den Fraktionschef mit zur Wahl stellt, hieße dies: Der bis April gewählte Brinkhaus müsste sich dem Votum fügen und weichen. Merz war bereits von 2000 bis 2002 Fraktionschef.
Medienberichte, wonach Merz Spahn ins Team aufnehmen wolle, gelten als gezielt lanciert. Merz traue – wie viele andere in der Partei – dem amtierenden Gesundheitsminister nicht über den Weg und mache ihn dafür verantwortlich, gezielt Inhalte aus internen Sitzungen an die Öffentlichkeit durchzustechen.
Allenfalls von einer Version „Spahn light“ ist die Rede: Er bliebe weiterhin als Parteivize im Spiel und werde womöglich einer der Vize-Fraktionsvorsitzenden. Doch gerade in der Fraktion erleben bereits Merkel-Ministerinnen wie Julia Klöckner und Anja Karliczek: Es gibt den Wunsch nach neuen Köpfen.
Eigentlich würden Spahn wie auch Brinkhaus gern selbst als Parteivorsitzende kandidieren, um ihre Positionen zu sichern. Doch werden ihnen nur bei einer Delegiertenwahl Chancen eingeräumt. Eine Mitgliederbefragung würden sie nicht wagen.
Diese wäre zwar nicht bindend. Aber jeder Delegierte auf dem dann folgenden Bundesparteitag dürfte gut daran tun, dieses Mal nicht dem eigenen Gewissen, sondern dem seiner Mitglieder zu folgen.
Auch Norbert Röttgen wird kandidieren
Es wird aber nicht nur ein Team zur Wahl stehen. Auch Röttgen wird kandidieren, woran er am Montagmorgen keinen Zweifel ließ. Für ihn sei unzweifelhaft, „dass das Zentrum der Partei, auch der Vorsitzende, in der Mitte stehen müssen“, sagte der 56-Jährige im „Deutschlandfunk“. „Ich glaube, dass ich in der Mitte der Christlich-Demokratischen Union stehe, würde sagen: in der modernen Mitte.“ Wie es in der Partei hieß, sucht er bereits Teamspieler.
Anfang des Jahres noch gehörte dazu Ellen Demuth. Für die blass gebliebene Rheinland-Pfälzerin suche Röttgen nun Ersatz. Womöglich schlägt Röttgen auch eine Doppelspitze vor, die sich so manche Frauen in der Union wünschen.
Es könnten aber noch ganz andere Kandidaten auf den Plan treten: „Vielleicht sollte der Blick auch in die Länder gehen“, sagte Christian Haase. „Wie bei einem guten Menü kommt es nicht nur auf die Zutaten, sondern deren kluge Zusammenstellung an.“
An diesem Dienstag entscheidet der Bundesvorstand, bis wann und wie sich die Kandidaten den Mitgliedern präsentieren müssen. Gäbe es ein schnelles Votum, dann könnte der Parteitag noch vor Weihnachten den dritten Parteichef binnen drei Jahren wählen.
Pünktlich zum geplanten Auftakt der rot-grün-gelben Bundesregierung.
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