Stand: 17.11.2023 00:01 Uhr
Der Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn ist beendet. Heute soll laut Bahn wieder das reguläre Zugangebot gefahren werden. GDL-Chef Claus Weselsky schloss weitere Streiks im Tarifkonflikt nicht aus, zeigt sich aber verhandlungsbereit.
Der Ausstand der Lokführer hatte am Mittwochabend um 22 Uhr begonnen und endete am Donnerstag um 18 Uhr. In Norddeutschland herrschte während des Streiks auf den meisten Bahnsteigen ziemliche Leere. Wie von der Bahn zuvor angekündigt, fuhren nur relativ wenige Züge.
Nur ein Fünftel der Fernzüge - das bleibt vorerst so
Der vor Streikbeginn veröffentlichte Notfahrplan für den Fernverkehr sah vor, dass am Donnerstag lediglich rund 20 Prozent der Züge fuhren. Bahn-Sprecher Achim Stauß sagte, die Priorität liege darauf, "am wichtigen Freitag den Verkehr wieder in Gang zu bringen". Er werde aber "nicht gleich wieder perfekt laufen". Vereinzelt kann es laut Bahn noch zu Zugausfällen kommen.
Die DB rechnet für heute mit einem großen Andrang von Fahrgästen. Freitage seien ohnehin besonders Nachfrage-starke Tage, hinzu kämen Fahrgäste, die ihre Fahrt wegen des Streiks verschoben hätten. An die GDL appellierte Stauß, "an den Verhandlungstisch zurückzukehren". Dort müsse man zu Lösungen kommen - "und nicht durch Streiks".
Zusätzliches Problem im Norden: Bahn-Unfall bei Lauenbrück
Auch der Güterverkehr sei hart getroffen. Hunderte Züge mit teils zeitkritischen Waren seien im Rückstau. Diesen wolle man mit Sonderschichten schnell wieder auflösen, so Stauß.
Erschwert wurde die Situation in Norddeutschland dadurch, dass am Mittwoch ein ICE auf der wichtigen Strecke zwischen Hamburg und Bremen einen Regionalzug gerammt hatte. Verletzt wurde niemand. Die Strecke musste zeitweise komplett gesperrt werden, bevor ein Gleis wieder freigegeben wurde. Voraussichtlich am frühen Morgen soll die Störung auf der Strecke nach Angaben der Bahn von Donnerstagabend komplett behoben sein.
Weselsky: Weitere Streiks - auch an Weihnachten - nicht ausgeschlossen
Wann und wie nach dem 20-stündigen Warnstreik beide Seiten wieder an den Verhandlungstisch kommen, ist aus Sicht von GDL-Chef Weselsky noch ungeklärt. "Ich kann nur darauf verweisen, dass wir Verhandlungen vereinbart haben", sagte er am Donnerstag in Schwerin. Er schloss nicht aus, dass es zu weiteren Warnstreiks komme - auch nicht rund um die Weihnachtstage. Bislang habe die GDL nie an Weihnachten gestreikt, "aber ich lasse mich da nicht auf einen Tag festlegen", sagte Weselsky.
Dem Verhandlungsführer bei der Deutschen Bahn, Personalvorstand Martin Seiler, warf Weselsky im NDR Interview "Arbeitsverweigerung" vor. Seiler lehne es ab, über bestimmte Punkte zu reden, wie die von der GDL geforderte Arbeitszeitverkürzung oder Tarifverträge für Fahrdienstleiter. "Darum haben wir den Druck erhöht und den ersten Warnstreik durchgeführt", sagte Weselsky.
Die Bahn hatte zuvor auf den Warnstreik mit der Absage der für Donnerstag und Freitag geplanten zweiten Tarifverhandlungsrunde reagiert. "Entweder man streikt oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht", sagte Seiler am Mittwoch.
Gewerkschaft verhandlungsbereit bei Arbeitszeitverkürzung
Weselsky wiederum signalisierte auch Verhandlungsbereitschaft: "Niemand sagt, dass morgen drei Wochenstunden weniger gearbeitet werden soll", sagte der GDL-Chef dem "Handelsblatt". "Wir sind bereit, Kompromisse zu machen und Schritte zu einer Arbeitszeitverkürzung zu vereinbaren." Dem Arbeitgeber müsse auch die Gelegenheit gegeben werden, zusätzliches Personal auszubilden. "Wenn wir je abgesenkte Arbeitszeitstunde dem Arbeitgeber ein Jahr Vorlauf lassen, dann ist das auch möglich."
Im Raum steht nun die Frage nach einer möglichen Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern über unbefristete Streiks, die Weselsky schon vergangene Woche ins Spiel gebracht hatte. "Das haben wir jetzt zu entscheiden", sagte Weselsky. "Wir warten ab, ob die Arbeitgeberseite bei ihrer Verweigerungshaltung bleibt." Aus Bahnkreisen verlautete, man wolle am Donnerstag und Freitag kommender Woche weiter verhandeln - es sei denn, die GDL rufe zeitgleich erneut zu einem erneuten Streik auf.
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Tickets der Deutschen Bahn können auch später genutzt werden
Die Bahn bat seit Mittwoch alle Kunden darum, geplante Reisen möglichst zu verschieben. Unter der Rufnummer (08000) 99 66 33 könne man sich über die Streik-Auswirkungen informieren.
Informationen zu Kulanzregelungen und Umtauschmöglichkeiten für bereits gekaufte Tickets gibt es auch auf einer Internetseite der Bahn. Dort heißt es, alle Fahrgäste, die ihre für die Zeit des Streiks geplante Reise verschieben mussten, könnten ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen.
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Niedersachsen: "Mindestangebot aufrechterhalten"
Die DB Regio Niedersachsen und Bremen versuchte am Donnerstag nach eigenen Angaben, ein Mindestfahrplanangebot aufrechtzuerhalten. Von dem Warnstreik betroffen waren auch Verbindungen des Unternehmens Transdev, zu dem sowohl die Nordwestbahn als auch die S-Bahn Hannover gehören. Die Eisenbahngesellschaften metronom und erixx wurden nicht bestreikt, auch dort waren aber Einschränkungen einkalkuliert worden.
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Schleswig-Holstein: Notfahrplan auf den Hauptstrecken
Auch der Zugverkehr in Schleswig-Holstein lief nach einem stark ausgedünnten Fahrplan. Die Regionalbahnen waren nach Notfahrplan unterwegs. Zwischen Lübeck und Hamburg galt demnach beispielsweise ein Ein-Stunden-Takt, zwischen Kiel und Hamburg ein Zwei-Stunden-Takt, zwischen Sylt und Hamburg ein Drei-Stunden-Takt. Viele andere Verbindungen fielen ganz aus.
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Mecklenburg-Vorpommern: "Massive Einschränkungen"
Auch in Mecklenburg-Vorpommern führte der Warnstreik zu "massiven Einschränkungen", wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagte. Im Regionalverkehr der DB gab es demnach nahezu keine Fahrten mehr. Ziel sei es, ab Freitag früh alle Regionallinien im Nordosten wieder bedienen zu können.
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Hamburg: S-Bahn fährt nach Notfahrplan - wohl bis Ende des Tages
In Hamburg fuhr die S-Bahn am Donnerstag ebenfalls nach einem Notfahrplan. Es gelte "der 20-Minuten-Takt auf fast allen S-Bahn-Linien", teilte die Deutsche Bahn mit. Lediglich die Linie S1 Ohlsdorf - Poppenbüttel fiel ganz aus. Fahrgäste sollten sich online auf dem Laufenden halten. Teilweise herrschte großer Andrang an den S-Bahnsteigen. Die Hamburger Hochbahn setzte im Streikzeitraum zusätzliche U-Bahnen und Busse ein.
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Gewerkschaft fordert kürzere Arbeitszeit und mehr Geld
Laut Bahn verhandelt die GDL für knapp 10.000 Mitarbeiter des Staatskonzerns. Der bisherige Tarifvertrag mit der Gewerkschaft war Ende Oktober ausgelaufen. Die GDL verlangt unter anderem 555 Euro monatlich mehr. Zudem soll die Arbeitszeit für Schichtarbeiter ohne Lohnkürzung auf 35 von 38 Stunden die Woche gesenkt werden. Außerdem wird einmalig eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert. Und die Vertrags-Laufzeit solle zwölf Monate nicht übersteigen.
Die Bahn lehnt die Forderungen als zu hoch ab. Sie würden ihren Angaben zufolge in Summe ein Volumen von 50 Prozent mehr bedeuten.
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