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Recep Tayyip Erdogan nennt palästinensische Gefangene in Israel „Geiseln“ in Pressekonferenz mit Olaf Scholz - Berliner Zeitung

Nur wenige Wörter machten den Besuch des türkischen Präsidenten in Berlin zu einem heiklen Termin für den Bundeskanzler. Die Hamas sei „keine Terrororganisation“, sagte Recep Tayyip Erdogan am 25. Oktober, knapp drei Wochen, nachdem sie die ersten Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel geschossen hatte.

Die Hamas, so Erdogan, sei „eine Befreiungsgruppe, die für den Schutz ihres Landes und ihrer Bürger kämpft“.

Die Frage war nun, wie Olaf Scholz (SPD) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Abend reagiert, sollte der türkische Präsident den Terror der Palästinenserorganisation erneut verharmlosen. Schließlich bezeichnete Scholz es kürzlich als „absurd“, dass Erdogan zu alledem auch noch Faschismusvorwürfe gegen Israel erhoben und von einem „Genozid“ in Gaza gesprochen hatte.

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Krieg in Israel: Scholz und Erdogan sprechen aneinander vorbei

Immerhin: Einig waren sich Scholz und Erdogan, dass es gut sei, miteinander zu reden – über den Krieg im Nahen Osten, den Ukraine-Krieg, aber auch über den geplanten Nato-Beitritt Schwedens, den die Türkei blockiert, und ein mögliches neues Migrationsabkommen. Einig war man sie sich aber auch, sich in entscheidenden Punkten uneins zu sein.

Während Scholz davon sprach, dass Israel von der Hamas „auf barbarische Weise“ angegriffen worden sei, fragte Erdogan, wer „all die Menschen in den Krankenhäusern“ im Gazastreifen getötet und Gotteshäuser „zerbombt“ habe – ohne zu erwähnen, dass die Terroristen in einem Tunnelsystem unter Gebäuden ausharren. Der Kanzler sagte, dass Israel das „völkerrechtlich verbriefte Recht“ habe, sich gegen den Terror zu verteidigen. Der türkische Staatschef betonte, Gaza sei „dem Erdboden gleichgemacht worden“.

Schnell zeigte sich: Während Scholz den Krieg vom Angriff der Hamas, also vom 7. Oktober aus denkt, will Erdogan über die Reaktion der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen sprechen. Zum Terror der Palästinenserorganisation sagte er nichts.


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Tatsächlich gibt es neben dem Wunsch auf ein Kriegsende und der Sorge vor einem Flächenbrand eine weitere Gemeinsamkeit: die Hoffnung auf die sofortige Freilassung aller Geiseln. Die Hamas hat 1200 Israelis brutal umgebracht und soll rund 240 Menschen verschleppt haben. Allerdings bezeichnete der türkische Präsident an diesem Freitagabend im Kanzleramt auch palästinensische Gefangene in Israel als „Geiseln“. Er sagte, dass es sich um das „Mehrfache“ der entführten Israelis handle.

Ende Juni 2023 befanden sich nach Angaben der israelischen Organisation B'tselem, die sich auf den israelischen Gefängnisdienst beruft, rund 4.500 palästinensische „Sicherheitsgefangene“ in israelischen Gefängnissen. Unter ihnen sind verurteilte oder mutmaßliche Terroristen.

Scholz antwortete darauf nicht direkt. Zu sehen waren ein Kanzler und ein Staatschef, die dann, wenn es um die Situation im Nahen Osten geht, in Richtung Presse aneinander vorbeireden. Die sich zwar beide eine Zwei-Staaten-Lösung wünschen, aber zugleich andere Antworten auf die Frage haben, warum diese in weiter Ferne ist. Erdogan forderte einen humanitären Waffenstillstand. Scholz sagte, es sei notwendig, dass die Hamas, die für die zivilen Opfer verantwortlich sei, zu keinen Terrorangriffen mehr in der Lage sein könne. Dieses Ziel unterstütze Deutschland.

Erdogan in Berlin: Viel Kritik am Besuch des türkischen Präsidenten

Im Anschluss ist ein gemeinsames Abendessen von Erdogan und Scholz im Kanzleramt angekündigt. Dann werden der Kanzler und der Präsident wohl auch über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sprechen. Scholz sagte auf der Pressekonferenz, dass der Einsatz der türkischen Regierung für das mittlerweile von Russland gestoppte Getreideabkommen „sehr wichtig“ gewesen sei.

Am Freitagnachmittag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den türkischen Staatschef im Schloss Bellevue empfangen. Es ist der erste Besuch des von Erdogan in Deutschland seit seiner Teilnahme an der internationalen Libyen-Konferenz im Januar 2020.

Erdogans Berlin-Reise wurde von Kritik und Protesten begleitet. Der Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Max Lucks (Grüne), sprach sich dafür aus, angesichts der Parteinahme Erdogans für die Hamas die deutschen Rüstungsexporte an die Türkei neu zu prüfen.

Seit dem frühen Freitagmorgen wurden größere Gebiete rund um das Kanzleramt, das Schloss Bellevue und die türkische Botschaft am Tiergarten abgesperrt. Rund 2800 Polizisten waren im Einsatz. Während des Besuchs gab es vereinzelt Proteste.

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