Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht den Höhepunkt der jüngsten Ausschreitungen als überschritten an. Ob die Rückkehr zur Ruhe nachhaltig sei, könne man noch nicht mit Sicherheit sagen, sagte er am Dienstag bei einem Treffen mit zahlreichen Bürgermeistern, deren Gemeinden in den vergangenen Tagen von gewalttätigen Protesten betroffen waren, laut der französischen Zeitung „Le Figaro“. In den kommenden Tagen und Woche sei Vorsicht geboten. Er fügte hinzu: „Aber endlich ist der Höhepunkt, den wir an den ersten Abenden erlebt haben, vorbei.“
Nach der Erschießung des 17 Jahre alten Nahel aus nächster Nähe durch einen Polizisten vor einer Woche bei einer Verkehrskontrolle bei Paris richtete sich die Wut vieler junger Menschen gegen Symbole der französischen Republik, insbesondere gegen Rathäuser.
Neben moralischer Unterstützung wolle der Präsident Hilfe bei der Reparatur beschädigter Rathäuser und anderer öffentlicher Einrichtungen anbieten, teilte die Regierung mit. Macron wolle „eine langfristige Arbeit beginnen, um die Gründe für diese Ereignisse zu verstehen“, hieß es aus seinem Umfeld. Die landesweite massive Polizeipräsenz solle weiter beibehalten werden, da sie abschreckend wirke. Wenn dies nicht ausreiche, sollten die Sicherheitskräfte „offensiv“ vorgehen.
Der Präsident spricht sich für schnelle Sanktionsmöglichkeiten aus
In der Nacht zu Dienstag hatte sich die Lage einigermaßen beruhigt. Insgesamt kamen nach Angaben des Innenministeriums 72 Menschen in Polizeigewahrsam, auf dem Höhepunkt der Gewaltwelle waren es mehrere Hundert pro Nacht gewesen. Etwa 160 Autos gingen in Flammen auf, hinzu kamen etwa 200 Brände im öffentlichen Raum, unter anderem von Mülltonnen.
Macron sprach sich bei einem Treffen mit Polizisten am Montagabend für schnelle Sanktionsmöglichkeiten aus. „Beim ersten Vergehen sollten die Familien schnell finanziell bestraft werden“, sagte Macron nach einem Bericht der Zeitung „Le Parisien“.
Die tagelangen Unruhen in Frankreich waren durch den Tod des Jugendlichen Nahel M. ausgelöst worden. Der 17-Jährige war vergangenen Dienstag von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. Auf einem Video ist zu sehen, dass der Polizist durch das offene Seitenfenster in das Auto auf den jungen Mann schoss, während der versuchte, davonzufahren.
Bei den daraufhin folgenden, oft gewaltsamen Proteste im Großraum Paris und in anderen Städten und Kommunen landesweit kamen knapp 3.500 Menschen in Polizeigewahrsam, mehr als 12.000 Fahrzeuge brannten ab, gut 1100 Gebäude und mehr als 200 Polizeiwachen wurden beschädigt.
Wirtschaftsminister offen für staatliche Unterstützung betroffener Unternehmen
Für den Großraum Paris wurden unterdessen erste Zahlen zum Ausmaß der Schäden bekannt. Laut einer ersten Schätzung der Verkehrsverbände entstanden Schäden von „mindestens 20 Millionen Euro“.
Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Geoffroy Roux de Bézieux schätzte die Schäden auf eine Milliarde Euro. Hinzu kämen die Schäden für den Tourismus, sagte er der Zeitung „Le Parisien“. „Die Videos von den Unruhen, die um die Welt gegangen sind, beschädigen das Bild Frankreichs“, sagte er.
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zeigte sich am Dienstag offen, betroffenen Unternehmern entgegenzukommen und Sozialabgaben und Steuern in Einzelfällen auszusetzen.
Ein bisheriger Höhepunkt der Gewalt war ein Angriff auf das Wohnhaus des Bürgermeisters von L'Haÿ-les-Roses im Großraum Paris. Die Frau des Bürgermeisters, die mit ihren beiden kleinen Kindern aus dem Haus fliehen wollte, brach sich dabei ein Bein. Die Justiz ermittelt wegen versuchten Mordes. Am Montag hatte es in zahlreichen Städten Solidaritätskundgebungen mit den Bürgermeistern vor den Rathäusern gegeben.
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