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Ampelkoalition und Heizungsgesetz: Erschöpfte Grüne erstarkte FDP - Politik - SZ.de - Süddeutsche Zeitung - SZ.de

Voraussichtlich an diesem Donnerstag soll es nun auf die Tagesordnung des Bundestags kommen: das umstrittene Heizungsgesetz, das die Ampelkoalition an den Rand einer Regierungskrise gebracht hat und auf dessen Grundzüge sich SPD, Grüne und FDP am Dienstag erst nach rund 30 Verhandlungsstunden einigen konnten. Wieder einmal, muss man sagen. Denn auch der Koalitionsausschuss im März dauerte bekanntlich 30 Stunden. Weshalb sich die Frage stellt: Wird das jetzt zur Gewohnheit? Und: Wer profitiert von dieser Art der Entscheidungsfindung?

Im Fall des Koalitionsausschusses war die allgemeine Lesart: Die Grünen mussten viel geben, die FDP hat viel gewonnen. Beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) drängt sich ein ähnlicher Eindruck auf: Die Grünen bekommen zwar die Erste Lesung noch in dieser Woche, aber die FDP kann so ziemlich alle ihrer Kritikpunkte durchsetzen. Wie zufrieden die Liberalen sind, zeigt schon die Tatsache, dass selbst die härtesten GEG-Gegner innerhalb der FDP-Fraktion am Ende voll des Lobes waren. "Unser Druck hatte Erfolg", twitterte etwa Frank Schäffler, der zuvor wochenlang Stimmung gegen das Gesetz gemacht hatte. "Ein gutes Ergebnis", schrieb er, und: "Es wird ein neues Gesetz."

Für die Grünen sind es in gleich mehrfacher Hinsicht harte Tage

Für die Grünen dagegen sind es gleich in mehrfacher Hinsicht harte Tage. Denn während die Fraktionsspitzen am Dienstag im Reichstagsgebäude über das Heizungsgesetz verhandelten, ging es ein paar Türen weiter noch aus anderen Gründen hoch her: Auf ihrer wöchentlichen Sitzung stritt die Grünen-Fraktion über die vergangene Woche beschlossene EU-Asylreform. Dass Deutschland härteren Asylregeln zugestimmt hat, ohne wenigstens die geplanten Ausnahmen durchzusetzen, lässt viele Grüne fassungslos zurück. Von angeknackstem Vertrauen in die Koalition, aber auch in das eigene Führungspersonal ist inzwischen die Rede.

Dass die Grünen nun auch beim geplanten Heizungsgesetz Zugeständnisse machen müssen, hat die Stimmung weiter verschlechtert. Offiziell verteidigen führende Grüne die nun festgelegte Linie zwar und sprechen von Kompromissen auf beiden Seiten. "Die FDP hat zugestanden, dass es eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung gibt, und wir haben uns im Bereich der Technologien und bei den Übergangsfristen auf die FDP zubewegt", sagte etwa die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Irene Mihalic. Das Wichtige sei, "dass wir endlich die Wärmewende einleiten".

Gleichzeitig aber kolportiert die FDP, wie hart und kompromisslos sie verhandelt habe und dass sie sich am Ende auf ganzer Linie habe durchsetzen können: von den Holzheizungen über die vorgeschaltete kommunale Wärmeplanung bis zu wasserstofftauglichen Gasheizungen. Zur Sichtweise, dass die FDP viel durchgesetzt hat, passt wiederum, dass Umweltverbände scharfe Kritik an dem Kompromiss üben: "Von dem Vorhaben, ab 1. Januar 2024 möglichst jede neue Heizung mit erneuerbaren Energien zu betreiben, ist nichts mehr übrig", sagt etwa Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Mit dieser Einigung zwischen den Ampelparteien können die Klimaziele bis 2030 unmöglich erreicht werden."

Wie genau soll die Entlastung der Bürger funktionieren?

Final befriedet ist der Streit aber trotz Leitplanken-Papier ohnehin noch nicht. Wie schon nach dem Koalitionsausschuss vor einigen Wochen interpretieren Grüne und FDP die Einigung abermals unterschiedlich. Während die Grünen erklärten, es gebe keine Abstriche beim Klimaschutz, geht die FDP beispielsweise von längeren Übergangsfristen aus. Offen ist auch, wie genau die Entlastung der Bürger funktionieren soll und ob genug Geld dafür bereitsteht. Ungeklärt sind zudem noch das Fördervolumen und der konkrete Schutz der Mieter.

In der FDP-Fraktion sind sie eigentlich der Meinung, potenziell unterschiedliche Interpretationen dieses Mal im Großen und Ganzen schon in den Verhandlungen aufgelöst zu haben. Bei den Grünen dagegen sagt ein Verhandler voraus: Die drei Wochen, die nun blieben, um das Gesetz zu verabschieden, würden vom "Streit um die Details" geprägt sein.

Das wiederum deckt sich mit den Einschätzungen des dritten Partners, der SPD. "Wasserstoff wird meiner Einschätzung nach im Wärmebereich eine eher untergeordnete Rolle spielen, weil wir den vor allem im industriellen Bereich brauchen", sagte deren Verhandler Matthias Miersch am Mittwoch; Wasserstoff als Alternative zur Wärmepumpe war vor allem der FDP wichtig gewesen, Stichwort: Technologieoffenheit. Wo später kein Wasserstoffnetz entstehe, warnte Miersch, könnten Bürger, die sich jetzt noch eine Gasheizung einbauen lassen, schnell in die Röhre schauen. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte der SZ: "Jetzt noch eine Gasheizung einzubauen, kann schon bald zu hohen Kosten führen", eine Versorgung mit Wasserstoff im Haushalt sei "eine riskante Wette auf die Zukunft". Deshalb werde es von 2024 an auch vor dem Einbau einer Gasheizung eine verpflichtende Beratung geben.

Die FDP ficht das nicht an. Am Mittwoch lud Fraktionschef Christian Dürr zu einem Hintergrundgespräch ein. Aus solchen Runden darf man in der Regel nicht zitieren, sagen aber kann man: Da erstattete jemand Bericht, der in den vergangenen Tagen zwar wenig Schlaf, dafür aber im Großen und Ganzen seinen Willen bekommen hat. Eine Sache darf man dann am Ende doch schreiben. Auf die Frage, was für eine Heizung er denn habe, sagte Dürr: "Eine Gasheizung mit Solarthermie, umrüstbar auf Wasserstoff." Na dann.

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