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Die CDU und das „besetzte Deutschland“ – Partei distanziert sich von Demo-Aufruf - WELT - WELT

Es blitzt und donnert, als er die Nation beschwört: Tim Schnitger, 25, lässt sich von unten filmen, in schwarz-weiß. Er inszeniert sich als ernster Mann. Der eine Mission hat. Unter das aufwendig produzierte Internet-Video wurden Geräusche von Gewitter und Regen geschnitten.

Der Titel der Videos: „Wir sind eine Nation. Aufruf zur Demonstration in Eisenach“. Darin sagt der junge Mann: Deutschland sei „von einem Imperium besetzt“, gemeint sind die USA. Er will am Tag der Deutschen Einheit nicht weniger als ein „neues Kapitel in unserer Geschichte“ beginnen.

Und überhaupt, deutsche Geschichte. „Wir sind eine Nation, die sich selbst auf zwei absolut dunkle Kapitel unserer Geschichte reduziert und dabei alle anderen Errungenschaften und Erfolge vergisst“, attestiert er. Und: „Wir sind eine Nation, die eine deutsche Kultur und einen gesunden Nationalstolz als verwerflich ansieht.“

In knapp fünf Minuten spricht Schnitger so viele Themen an, dass man gar nicht weiß, worum es ihm eigentlich geht. Wohl um „hart arbeitende Patrioten“, „Geburtenraten“ und ein „Recht auf Selbstbestimmung“. Und eben: die Nation.

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Es gibt viele Versammlungen in Deutschland, auf denen ähnliche Thesen vertreten werden, seien es welche der AfD, von „Reichsbürgern“ oder von sogenannten „Querdenkern“. Insofern wäre die von Schnitger angekündigte Demonstration nicht weiter der Rede wert. Wenn er nicht CDU-Mitglied wäre – und so zu einem handfesten Problem für die um Abgrenzung nach rechts bemühte Volkspartei werden könnte.

Hat in unserer Partei nichts verloren, sagt die CDU

Nach WELT-Informationen trat Schnitger vor zwei Jahren in die CDU ein, war Mitglied im Kreisverband Paderborn und wurde von dort an den Ortsverband in Eisenach überwiesen. Dort ist man nicht glücklich über Schnitgers Demonstrationsaufruf. „Die Inhalte dieses Videos lehnen wir komplett ab“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der thüringischen CDU, Raymond Walk, auf Anfrage von WELT. Zu den Werten der CDU stünden die Aussagen in einem klaren Widerspruch. „Personen, die extremistische und menschenverachtende Positionen vertreten, haben nichts in unserer Partei verloren“, sagt Walk.

Schnitger veröffentlicht seit einigen Monaten Videos, in denen er gegen die Politik der Bundesregierung – sowie nicht minder gegen die eigene Partei wettert. Das Motto seines Kanals: „Hier wird Deutsch geredet.“ Dort beschimpft er mal Anton Hofreiter als „Antonia“, mal Angela Merkel (CDU) als „Mutter aller Probleme“ oder die EU-Kommissionspräsidentin, ebenfalls CDU, als „unsere korrupte Ursel“. Schnitger sagt auch, er könne die „ganze Kriegspropaganda gegen Russland“ nicht mehr hören und fordert die Abschaffung der Sanktionen.

Im Gespräch mit dieser Zeitung sagt Schnitger, dass er seine Positionen innerhalb der CDU bereits zu Beginn seiner Mitgliedschaft geäußert habe. Er habe aber zunächst keine Unterstützung erfahren. Vor rund sechs Wochen habe er daher begonnen, durch das Produzieren von Videos in Eigenregie aktiv zu werden. Hilfe erhalte er dabei weder von der CDU noch von anderen Gruppierungen.

Nach der Veröffentlichung der Videos habe er von CDU-Mitgliedern – anders als zu Beginn – dann doch Zuspruch erfahren. „Die Basis der Partei vertritt die gleichen Meinungen wie ich und findet es gut, dass es endlich einer ausspricht“, behauptet Schnitger. Belege dafür nennt er nicht.

Internes Gespräch angekündigt

Auf seinem Youtube-Kanal wurde Schnitgers Mobilisierungsvideo für die Demonstration am 3. Oktober in Eisenach bereits fast 15.000 Mal aufgerufen. Kopien und Verweise darauf finden sich auch in rechtsextremen Kanälen des Messengerdienstes Telegram. Eisenach gilt als Hochburg von Rechtsextremisten, Anhängern von Verschwörungsmythen und Extremisten, die der Verfassungsschutz der Szene der sogenannten „Staatsdelegitimierer“ zurechnet.

Aus der CDU verlautete, dass es Anfang kommender Woche ein Gespräch mit Schnitger geben werde. Die Frage, ob die CDU das ungeliebte Mitglied ausschließen wolle, beließ die Partei unbeantwortet. Die rechtlichen Hürden für einen Parteiausschluss seien aber sehr hoch seien, hieß es.

Schnitger selbst sagte, er wolle in der CDU bleiben. „Da können die machen und sagen, was sie wollen“, sagte Schnitger. Bei der Demonstration in Eisenach rechne er mit 500 bis 1000 Teilnehmern. Von den Inhalten seines Videos habe er nichts zurückzunehmen. „Wenn wir nichts tun, befinden wir uns im Untergang“, sagte Schnitger.

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Quelle: AFP, AFP/ AFP/ Saul Loeb
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