In Friedenszeiten wäre es ein reiner Routinevorgang gewesen. In Zeiten des Krieges beginnt bei uns schon mitten im Sommer das große Bibbern: Wird Kreml-Tyrann Wladimir Putin (69) uns ab Montag komplett den Gas-Hahn zudrehen?
Ab morgen früh wird die zuletzt wichtigste Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland abgeschaltet. Jährlich wiederkehrende Wartungsarbeiten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 machen das nötig – der Betreiber hatte diese bereits vor längerer Zeit angekündigt.
Für die Wartungsarbeiten sind zehn Tage (bis zum 21. Juli) veranschlagt – doch in der Bundesregierung geht jetzt die Angst um, dass aus der Reparaturpause eine dauerhafte Stilllegung der Pipeline werden könnte.
Dreht Putin uns das Gas etwa gleich für immer ab?
► Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) rechnet mit dem Schlimmsten. Der Vize-Kanzler äußerte akute Bedenken, Putin könne die Arbeiten nutzen, um eine Gasförderung in Richtung Deutschland gleich komplett kappen. Im Deutschlandfunk sprach er am Samstag von einem „Albtraum-Szenario“: „Alles ist möglich, alles kann passieren. (....) Es kann sein, dass wieder mehr Gas fließt, auch mehr als davor. Es kann aber auch sein, dass gar nichts mehr ankommt.“
Habeck weiter: „Wir müssen uns ehrlicherweise immer auf das Schlimmste einstellen und ein bisschen für das Beste arbeiten.“
Gazprom hatte im Juni bereits die Liefermenge durch die mehr als 1200 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern deutlich gedrosselt – derzeit wird die Leitung laut Bundesnetzagentur nur zu etwa 40 Prozent ausgelastet.
Die reduzierte Liefermenge wurde auch mit dem Fehlen einer Turbine von Siemens Energy begründet, die wegen der Sanktionen nach abgeschlossener Wartung nicht mehr aus dem kanadischen Montréal nach Russland geliefert werden konnte.
Kanada liefert wichtige Turbine mit Ausnahmegenehmigung
Doch diese mögliche Ausrede für einen etwaigen kompletten Lieferstopp nimmt der Westen Putin jetzt: Kanada kündigte an, die Lieferung der gewarteten Turbine aus Montréal trotz der Sanktionen gegen Russland zu ermöglichen.
Dazu werde Kanada „eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Erlaubnis“ an Siemens Canada geben, sagte der für Bodenschätze zuständige Minister Jonathan Wilkinson am Samstag. Die Turbine soll aus Kanada erst nach Deutschland und anschließend nach Russland geliefert werden.
Die Nord Stream AG plant nach eigenen Angaben eine Überprüfung und gegebenenfalls Instandsetzung oder Kalibrierung etwa der Stromversorgung, des Brand- und Gasschutzes sowie bestimmter Ventile. Auch Software-Updates würden vorgenommen.
Die Offshore-Pipelines blieben weiter unter Druck. Entsprechende Arbeiten hätten in den vergangenen Jahren zwischen 10 und 14 Tagen gedauert. Sie wichen dabei aber auch teilweise von der angesetzten Frist ab.
Laut Bundesnetzagentur finden die Arbeiten nicht direkt an der Leitung, sondern an den Verdichterstationen statt, etwa in Lubmin. In Modellrechnungen geht die Behörde von bis zu 14 Tagen aus, hat dabei allerdings schon einen zeitlichen Puffer eingerechnet.
Die Arbeiten sollten unter normalen Umständen aber im geplanten Zeitraum fertiggestellt werden können. Eine dauerhafte Abschaltung könnte laut Modellen der Behörde unter Umständen zu einem Gasmangel in Deutschland im Winter führen.
Auch russische Gaslieferungen über andere Leitungen nach Deutschland waren zuletzt zurückgegangen. Gleichzeitig erhalten mehrere europäische Staaten bereits kein Gas mehr aus Russland. Seit Beginn der russischen Invasion gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet.
Industrie in großer Sorge
Neben den Privat-Verbrauchern blickt auch die deutsche Industrie voller Sorge auf die anstehende Wartung. Vor allem in der energiehungrigen Chemie- und Pharmaindustrie sind die Sorgen vor einem Gasmangel groß. Die Branche ist laut dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit einem Anteil von 15 Prozent größter deutscher Gasverbraucher.
Sie braucht Gas als Energiequelle und als Rohstoff zur Weiterverarbeitung in Produkten – etwa in Kunststoffen, Arzneien oder Düngemitteln. Die Preise für Gas seien derzeit „atemberaubend“ hoch, sagte VCI-Präsident Christian Kullmann am Mittwoch. Um lieferfähig zu bleiben, stocke die Branche Lager auf, um Kunden im Krisenfall trotzdem weiter versorgen zu können.
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagte: „Wir bereiten uns für eine Drosselung oder sogar Einstellung der Gasimporte vor.“ Die Unternehmen im Süden und Südosten Deutschlands würden wegen des Pipelines-Systems als Erstes leiden. Im Norden und Westen ist die Versorgung über Häfen hingegen einfacher.
Bei den großen Unternehmen wie BASF, Merck oder ThyssenKrupp laufen die Vorbereitungen für den Ernstfall deshalb schon seit längerem auf Hochtouren. Ein Thyssen-Krupp-Sprecher erklärte, Möglichkeiten, bei der Produktion Gas einzusparen, seien „nur sehr geringfügig vorhanden“.
Auch eine Umstellung von Erdgas auf Erdöl oder Kohle sei nicht oder nur in vernachlässigbarem Umfang möglich. „Einschränkungen in der Versorgung sind zugleich mit Einschränkungen in der Produktion verbunden, können von uns aber bis zu einer bestimmten Schwelle umgesetzt werden.“ Ein Mindestbezug sei zur Aufrechterhaltung der Produktion aber unverzichtbar. Sonst seien Stilllegungen und technische Schäden nicht auszuschließen.
Städte planen schon Notunterkünfte für Alte und Arme
Wegen des drohenden Gas-Stopps bereiten sich schon jetzt immer mehr Städte in Deutschland auf den Notstand vor.
▶︎ Beispiel Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz): hier sollen Hallen einzurichtet werden, in denen sich Bürger aufwärmen können, die sich das Heizen nicht mehr leisten können. „Wir bereiten uns aktuell mit Blick auf den Herbst und Winter auf alle Notfallszenarien vor“, erklärte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (59, SPD). Als zentrale Aufwärmstation soll die Friedrich-Ebert-Halle dienen.
Die Mehrzweckhalle, in der bisher Sportveranstaltungen, Ausstellungen und Konzerte stattfanden, wurde in der Corona-Pandemie bereits als Impfzentrum genutzt. Statt Spritzen wird es dort künftig kostenlos Wärme geben.
Auch in anderen Städten werden so genannte Wärmeinseln geplant. Lesen Sie hier mehr zu den Planungen!
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