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Neues Triage-Gesetz: Nach Kritik der Grünen – Lauterbach will keine „Ex-Post“-Triage ermöglichen - WELT - WELT

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will anders als berichtet keine Triage-Regelung , die den Abbruch einer Intensiv-Behandlung im Krankenhaus zugunsten eines Patienten mit größeren Überlebenschancen erlaubt.

Diese „Ex-Post-Triage ist ethisch nicht vertretbar“, erklärte Lauterbach am Montag in Berlin. Sie sei weder Ärzten, noch Patienten oder Angehörigen zuzumuten. „Deshalb werden wir es auch nicht erlauben.“ Und selbst die Triage im Vorfeld einer Behandlung solle nur unter hohen Auflagen möglich sein, fügte Lauterbach hinzu. Aufgrund des Verfassungsgerichtsurteils zur Triage aus dem vergangenen Jahr „müssen wir den Graubereich von medizinischen Entscheidungen in der Pandemie allerdings ausleuchten“, sagte Lauterbach. „Einen entsprechenden Gesetzentwurf legen wir in Kürze vor.“

„Triage-Entscheidungen waren in dieser Pandemie in Deutschland zwar eine reelle Gefahr, aber nie Alltag“, betonte Lauterbach. Durch Corona-Maßnahmen und Patientenverlegungen sei es gelungen, alle Kranken gut zu versorgen. „Das soll auch in Zukunft so bleiben.“

Gegenwind zu ersten Gesetzentwürfen

Berichten zufolge sah ein Gesetzentwurf aus dem Gesundministerium zunächst vor, dass eine Intensivbehandlung zugunsten eines Patienten mit größeren Überlebenschancen abgebrochen werden kann, wenn dem drei Ärzte zustimmen.

Gegen dieses Vorhaben gab es dann aber Protest der Grünen. „Mit diesem Gesetz käme der Staat seiner besonderen Schutzpflicht nicht nach“, sagte deren Abgeordnete Corinna Rüffer. „Behinderte Menschen würden nach wie vor Gefahr laufen, aufgrund ihrer Behinderung von einer intensivmedizinischen Behandlung ausgeschlossen zu werden, sagte Rüffer dem Redaktionsnetzwerk RND. „Das hieße, Schwerkranke müssten im Krankenhaus permanent mit der Angst leben, dass die medizinisch notwendigen lebenserhaltenden Maßnahmen zugunsten einer anderen Person beendet wird.“

Auch die Stiftung Patientenschutz hatte einen ersten Triage-Gesetzentwurf kritisiert. „Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, Behinderte bei Triage-Entscheidungen besser zu schützen, wird durch die Übertragung der Entscheidung an drei Privatpersonen keinesfalls erfüllt“, sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Brysch, der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die vorgesehene Entscheidung dreier Ärzte. „Dreimal subjektiv wird nicht einmal objektiv.“ Der Gesetzgeber müsse konkrete Vorgaben und Kriterien festlegen, nach denen solche Entscheidungen getroffen werden. „Sich hier wegzuducken wird zu einer harten ethischen Auseinandersetzung führen.“

Kritik kam auch von der Caritas. Schleichend würde sich damit die Diskussion „von einem Instrument der medizinischen Abwägung in akuten Notfallsituationen zu einer Legitimation von Rationierung medizinischer Leistungen nach Nützlichkeit und Lebenswert“ verändern, erklärte die Präsidentin des katholischen Wohlfahrtverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa.

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Verfassungsgericht hatte Neuregelung verlangt

Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende vergangenen Jahres ein Gesetz zur Triage verlangt. Bei knappen Kapazitäten in einer Pandemie soll es künftig möglich sein, die intensivmedizinische Behandlung eines Menschen zugunsten eines Patienten mit einer höheren Überlebenschance abzubrechen. Der Entwurf für eine Triage-Regelung ist noch in der Ressortabstimmung. Umstritten war und ist vor allem der Passus im Gesetz, der die sogenannte Ex-post-Triage regelt.

Sie ist weit heikler als die Ex-ante-Triage, bei der entschieden werden muss, welcher Patient im Falle pandemiebedingter Knappheit eine Behandlung bekommt und welcher nicht. Die „Ex-Post-Triage“ soll nach dem Gesetzesvorschlag nur dann zulässig sein, wenn drei intensivmedizinisch erfahrene Fachärzte die Entscheidung einvernehmlich treffen.

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26.03.2020, Berlin: Eine Dummy-Puppe liegt auf einem Bett der der neu eröffneten Intensivstation des Vivantes Humboldt-Klinikum im Stadtteil Reinickendorf an einem Beatmungsgerät der Firma Dräger. Dem Klinikum stehen damit 37 neue Betten auf der Intensivstation für mögliche Covid-19-Patienten zur Verfügung. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Triage-Situation

Der Begriff Triage stammt aus der Kriegsmedizin und wird vielfach synonym zum Begriff Sichtung verwendet. Die Triage gewann erstmals in den napoleonischen Kriegen des 18. Jahrhunderts an Bedeutung. Die Bezeichnung kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie auslesen, auswählen oder sortieren.

Heute kommt die Triage in der Katastrophenmedizin, aber auch in der Intensivmedizin vor. Ärztinnen und Ärzte verwenden sie bei einem sogenannten Massenanfall von Verletzten. Dabei werden Patienten nach Dringlichkeit und Schwere der Erkrankung oder Verletzung sortiert. Vereinfacht gesprochen werden sie dabei in drei Gruppen aufgeteilt: Menschen, die keiner Behandlung bedürfen, Patienten, die keiner Behandlung mehr bedürfen, weil sie sterben werden, und Patienten, die medizinisch versorgt werden müssen und auch davon profitieren.

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