
Stand: 14.02.2021 01:09 Uhr
An der Grenze zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol sind die von Deutschland beschlossenen Grenzkontrollen in Kraft getreten. Wie es nun mit den Zehntausenden Berufspendlern weitergeht, ist noch unklar.
Ab heute gelten an der deutschen Grenze zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol schärfere Einreiseregeln. Aus Angst vor den dort verbreiteten, ansteckenderen Varianten des Coronavirus wird an den entsprechenden Grenzübergängen in Bayern und Sachsen scharf kontrolliert.
Laut einer Verordnung des Bundesinnenministeriums dürfen aus den betroffenen Gebieten nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es für Ärzte, Kranken- und Altenpfleger sowie für Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. Auch wer zur Beerdigung eines Elternteils, Ehepartners oder Kindes will, darf einreisen, genauso Väter für die Geburt ihres Kindes. Für alle Einreisenden gilt: Sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen und in Deutschland zunächst in Quarantäne gehen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat bekräftigt, dass die Einreiseregeln streng kontrolliert werden. "Wer nicht zu einer der wenigen Ausnahmen gehört, kann nicht einreisen", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Er rechne mit Verzögerungen. "Durch die Kontrollen kann es hier und da zu Wartezeiten kommen. Die Bundespolizei wird den Verkehr nicht einfach durchwinken." Mit der Bundespolizei sei aber besprochen, die Kontrollen der Lage angepasst durchzuführen, um größere Rückstaus zu vermeiden.
Bayern will Ausnahmen für Pendler
Der Beschluss der Regierung hatte zuvor viel Kritik hervorgerufen, da zahlreiche Fragen rund um das Einreiseverbot nach wie vor ungeklärt sind. Umstritten ist etwa die Regelung für Pendler. Bayern will nach dem neuen Text der Einreise-Quarantäneverordnung Ausnahmen für Grenzgänger und Grenzpendler, wenn deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird. Dem Vernehmen nach gibt es von Bundesseite aus aber noch Forderungen, die Ausnahmen enger zu fassen. Unstrittig seien Ausnahmen für medizinisches Personal, hieß es.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Landesinnenminister Joachim Herrmann wollen heute über die neuen Grenzkontrollen informieren. Am Grenzübergang Schirnding zu Tschechien treffen sie sich mit Vertretern der Bundespolizei und der bayerischen Grenzpolizei.
Tirol will den Lkw-Verkehr aus Italien drosseln
Das österreichische Bundesland Tirol hat indes angekündigt, den Lastwagenverkehr aus Italien bereits ab heute zu drosseln, um einen extremen Rückstau und einen Verkehrskollaps im Inntal zu verhindern. "Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der Parkplatz Europas wird. Aus diesem Grund wird in Abstimmung mit dem Bund eine Verordnung erlassen, die uns Kontrollen bereits am Brenner ermöglicht", erklärten am Samstag Tirols Landeshauptmann Günther Platter und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe.
Hintergrund ist demnach die deutsche Vorgabe, dass Lkw-Fahrer vorab bereits online für die Einreise registriert sein müssen und überdies verpflichtet sind, einen negativen Covid-Test mitführen, der nicht älter ist als 48 Stunden ist. Laut Platter dürfte dies heute am ersten Tag der Kontrollen noch nicht allen Lastwagenfahrern in vollem Umfang bekannt sein. Daher werde Österreich die Ausreisevoraussetzungen von Tirol nach Deutschland bereits bei der Einreise nach Tirol am Brenner überprüfen.
Industrie sieht Lieferketten gefährdet
Neben Tschechien und Tirol hatte die Bundesregierung in Berlin am Freitag auch die Slowakei als Gebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen eingestuft. Das Land hat aber keine gemeinsame Landesgrenze mit Deutschland. Dennoch regte sich auch von slowakischer Seite Protest. "Diese Maßnahme wird riesige Probleme verursachen und ist für unsere Lastwagenfahrer in der Praxis kaum erfüllbar", erklärte der slowakische Außenminister Ivan Korcok mit Blick auf die Verpflichtung für Lkw-Fahrer, einen negativen Corona-Test mitführen zu müssen. Die Slowakei habe deshalb eine diplomatische Note nach Berlin geschickt.
Die deutsche Industrie warnte, dass die Kontrollen an mehreren Grenzen einen Zusammenbruch der europäischen Lieferketten verursachen könnten. "Absehbar sind Engpässe bei ausländischem Fahrpersonal in Deutschland, erhebliche Verzögerungen beim Grenzübertritt und weiträumige Ausweichverkehre", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie, Joachim Lang. "Manche Transporte werden ganz wegfallen, etwa weil Personal fehlt."
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