Am Mandichosee in Augsburg sitzen Wassersportler am Strand, lassen Elektroboote fahren oder paddeln los mit dem Schlauchboot oder auf ihrem SUP-Board. Familien sind hier aktuell nicht. Der Grund: Das Ufer an der Lechstaustufe 23 bei Merching säumen auch in diesem Sommer wieder Schilder mit Informationen zu giftigen Blaualgen. Die Warnung der Gesundheitsämter gilt besonders Kindern. Auch Hunde sind gefährdet, vor allem das Verschlucken von Blaualgen am Seeufer kann bei ihnen eine schwerwiegende Vergiftung auslösen.
Blaualgenwarnungen nehmen zu, wenn es heiß wird
Blaualgen sind keine Pflanzen, sondern im Wasser lebende Cyanobakterien, so der biologische Fachbegriff (von altgriechisch κυανός kyanós, "blau"). Es gibt unterschiedliche Formen, auch graue, grün-gelbliche und rötliche, die Cyanobakterien produzieren im Wasser Sauerstoff, aber auch Gift. Bei Blaualgenblüten mit hohen Konzentrationen müssen Uferbereiche abgesperrt und Badeverbote verhängt werden. Wie am Mandichosee wachsen die Probleme mit gefährlichen Blaualgen beispielsweise am oberbayerischen Bergkirchnersee, am Altmühlsee im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen in Mittelfranken und an kleinen Baggerseen im Freistaat.
Cyanobakterien produzieren starke Gifte
In der Badesaison prüfen die bayerischen Gesundheitsämter regelmäßig die Wasserqualität der Seen auf Keimbelastung und ein verbreitetes Blaualgengift. Das Nervengift Anatoxin, das die Blaualgengattung Tychonema am Mandichosee absondert, sei besonders gefährlich, wenn belastetes Wasser verschluckt wird, erklärt Biologin Dr. Franziska Bauer von der Limnologischen Station der TU München in Iffeldorf. Die Folgen einer Vergiftung sind neben Erbrechen auch Lähmungen oder Muskelkrämpfe und können zum Atemstillstand führen. Abhängig vom Körpergewicht ist das Risiko besonders für Kinder hoch, wenn sie mit Wasser und Matsch spielen. Blaualgenteppiche verströmen an der Wasseroberfläche eher einen muffigen Geruch, der auf Hunde anziehend wirken kann. Am Mandichosee waren in der Vergangenheit bereits mehrere Hunde an einer Vergiftung verendet.
Der Klimawandel fördert gefährliche Algenblüten
Blaualgen besiedeln grundsätzlich alle Gewässer, aber normalerweise treten sie in sehr geringer und ungefährlicher Konzentration auf. Mit steigenden Durchschnittstemperaturen im Frühjahr und nach vielen Sonnentagen oder Starkregen können sie sich aber explosionsartig vermehren und trüben dann den Badespaß, bis die Blaualgenblüte wieder abflaut. Nur wenige der rund 1000 verschiedenen Gattungen produzieren gefährliche Nervengifte, aber gerade sie treten immer häufiger auf.
Biologen sind Veränderungen auf der Spur
Biologen der TU München erforschen, wie sich die erhöhten Wassertemperaturen im Klimawandel auf die Blaualgenblüten auswirken. Das Team der Limnologischen Station der TU München in Iffeldorf zieht dafür bayernweit Wasserproben aus Badeseen und analysiert sie zunächst unterm Mikroskop. Um Art und ihre Giftigkeit zu bestimmen, sind weitere genetische und toxische Untersuchungen nötig, denn nahezu alle scheinen unter gewissen Umwelteinflüssen auch Gifte abzusondern.
Dr. Franziska Bauer hat deshalb Blaualgenkulturen angelegt, um gezielt mit Licht und Temperatur zu experimentieren. Ziel der Forschung ist es, Veränderungen bei der Blaualgenverbreitung frühzeitig zu erkennen, zu verstehen und so ein neues Frühwarnsystem zu entwickeln, erklärt Prof. Jürgen Geist, Leiter der Aquatischen Systembiologie der TU München. Das Team hat dafür bereits Algenblüten im oberbayerischen Bergknappweiher, an der Stoibermühle und Tiefenwasserproben aus dem Ammersee untersucht.
Forschungsziel ist ein Frühwarnsystem
Die Forscher vom Lehrstuhl für aquatische Systembiologie der TU München erwarten, dass das Problem mit giftigen Blaualgen größer wird. Weil sich mit dem Klimawandel die Seen schon früher im Jahr erwärmen und es bis in den Herbst hinein auch mehr Sonnentage gibt, wird eine Badewarnung wegen Blaualgenblüten wahrscheinlicher.
Expertin Dr. Uta Raeder von der Limnologischen Station der TU München in Iffeldorf betont, dass giftige Cyanobakterien gleich mehrfach vom Klimawandel profitieren. Sie können sich besser und schneller vermehren, giftige Gattungen vertragen auch die wachsende UV-Strahlung besser als ungiftige Arten. Das Team erforscht die Zusammenhänge, um ein Frühwarnsystem zu entwickeln. Eindämmen lassen sich Blaualgen in natürlichen Gewässern kaum, eine Möglichkeit ist die Verringerung von Nährstoffeinträgen, etwa aus Düngemitteln oder Waschmittelrückständen.
DLRG: Achtsamkeit beim Baden ist sinnvoll
Auch die Lebensretter von Wasserwacht und Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) informieren sich über Blaualgenwarnungen und geben Badegästen aktuelle Tipps. Generell rät die DRLG Hundestaffel Augsburg davon ab, im Hochsommer mit Hunden an seichten und stehenden Gewässern zu trainieren, dort ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Blaualgenmatten auftreten. Bei schaumigen Schlieren auf dem Wasser und modrig riechenden Fladen am Uferrand sollte besser auf das Baden verzichtet werden. Ein weiteres Alarmsignal: Wenn ein normalerweise klarer See ungewöhnlich trüb wirkt und schon bei kniehohem Wasser die eigenen Füße nicht mehr sichtbar sind, warnt das Umweltbundesamt.
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