Ein baldiges Kriegsende scheint nicht in Sicht. Die "illner"-Diskussionsrunde stimmt die Bevölkerung auf Jahrzehnte im Zeichen von Krieg, Abschreckung und Wiederaufbau ein.
Heftig, sagt ZDF-Reporterin Alica Jung, seien die Kämpfe im Süden und Südosten der Ukraine derzeit. Sie ist vor Ort - und berichtet von großer Hoffnung auf weitere Unterstützung.
Sowie vom Schrecken, den vor allem die Drohnenangriffe weit jenseits der Frontlinie in der Zivilbevölkerung auslösen, wenn Supermärkte oder mitten in der Nacht Wohnhäuser beschossen werden.
Deitelhoff: Gegenoffensive nicht das Ende
"Die Bilder sind grausam", sagt der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil in der ZDF-Sendung "maybrit illner", "sie gehören zu einem Krieg, den wir alle schnell beenden wollen." Und die Bilder werden, sagt Friedensforscherin Nicole Deitelhoff, noch brutaler, noch hässlicher werden.
Die Erwartungen seitens der hiesigen Bevölkerung, mit der ukrainischen Gegenoffensive werde das Kriegsgrauen bald sein Ende finden, sollten tunlichst gedämpft werden - da ist sich die Diskussionsrunde einig.
Geht Putin die Luft aus?
"Dieser Krieg ist ein Marathonlauf", sagt Roderich Kiesewetter (CDU). "Ich kenne kein Anzeichen, dass Putin jetzt die Luft ausgeht", betont Wolfgang Ischinger, ehemaliger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.
"Wir kommen jetzt in eine brutale Phase", betont auch Oberst André Wüstner. Russland habe reichlich Zeit gehabt, seine Verteidigung zu organisieren. Eine Chance, den Krieg zeitnah zu beenden, sieht die Runde nicht. Das liege in der Hand Putins, des Aggressors.
Weitere Unterstützung für die Ukraine
Die Unterstützer sollten, auch das ist Konsens, das angegriffene Land weiter unterstützen. Klingbeil spricht vom Hochfahren der Produktionskapazitäten, die Gespräche dazu würden laufen:
"Die Industrie in Europa muss jetzt die Produktionslinien anwerfen", fordert Kiesewetter. Und kritisiert, dass nach der ukrainischen Offensive im Herbst die Unterstützung zunächst gestoppt worden sei.
Kiesewetter rechnet mit langem Krieg
"Die Ukraine wird ohne unsere Unterstützung den Krieg nicht durchstehen. Deshalb müssen wir mehr tun und unsere Bevölkerung darauf vorbereiten, dass wir in einen langen Krieg gehen." Kiesewetter plädiert dafür, dass der Bundestag sich für mehr Unterstützung der Ukraine mit weiter reichenden Waffen stark macht. Auch Eurofighter würde er gern zur Verfügung stellen. Denn:
Man müsse aufpassen, dass der Krieg keine Nachahmer finde, so Kieserwetter weiter.
Das Ziel sei, dass die Ukraine ihre Gebiete befreit, samt der Krim, und dass Russland nach dem Krieg nicht mehr willens und in der Lage ist, einen neuen Überfall vom Zaun zu brechen.
Ischinger verweist auf die Asymmetrie des Krieges, der fast gar nicht auf russischem Terrain stattfindet, sodass die Nachschubproduktion ungehindert laufen könne - auch wenn Russland sich in einer "Mangelwirtschaft" befinde.
Sein Vorschlag: Ein Zusammenschluss europäischer Staaten, samt Deutschland, solle weiter reichende Marschflugkörper zur Verfügung stellen.
Deitelhoff: Brauchen Abschreckung
Entscheidend ist, wie Wüstner betont, dass der Westen nicht aufhört nachzuliefern:
Deitelhoff sieht es genauso, vor allem Munition und Flugabwehrsysteme würden derzeit benötigt. Die Friedensforscherin rechnet damit, dass der Krieg noch lange dauern wird. Und danach brauche es weiter Abschreckung sowie den Wiederaufbau: "Das Thema wird uns Jahre und Jahrzehnte beschäftigen."
Ischinger und Wüstner rechnen mit einem "schmutzigen Frieden" mit wiederholten Kämpfen an der Waffenstillstandslinie. Dringend sei, so der Oberst, die Ausstattung der Bundeswehr auf Vordermann zu bringen. "Die Frage der Landes- und Bündnisverteidigung ist eine neue Normalität, die zurückgekehrt ist", sagt Klingbeil. Die Ukraine bekomme die Unterstützung so lange, wie sie sie benötige.
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