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Hart aber fair: Als es um Waffen für die Ukraine geht, nörgelt Kühnert - WELT

„Das ist kein Bluff“, verkündete Putin in seiner Rede zur Teilmobilmachung in Russland in der vergangenen Woche. Der Kreml-Diktator drohte einmal mehr mit dem Einsatz von Atomwaffen im Krieg gegen die Ukraine. Doch nicht alle Russen sind so entschlossen, gegen die Ukraine Krieg zu führen wie ihr Staatsoberhaupt. Während in Deutschland über weitere Waffen für die Ukraine diskutiert wird, verlassen immer mehr Russen ihr Land, um nicht an die Front zu müssen. Für den Kreml-Diktator ist der Krieg in der Ukraine daher nicht mehr nur ein außenpolitisches Risiko, sondern auch immer mehr ein innenpolitisches.

„Wie hoch pokert Putin noch?“, fragte daher Frank Plasberg seine Gäste im ARD-Talk „Hart aber fair“ am Montagabend. Eingeladen war mit dem früheren Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, ein deutsches Schwergewicht in Außen- und Sicherheitspolitik. Auch in der Sendung waren der frühere Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies und die Militärexpertin Claudia Major. Die Bundespolitik war mit SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und der CDU-Bundestagsabgeordneten Serap Güler vertreten.

Kevin Kühnert (SPD, Generalsekretär) im Studio bei Frank Plasberg
Kevin Kühnert (SPD, Generalsekretär) im Studio bei Frank Plasberg
Quelle: WDR/Oliver Ziebe/© WDR

Sind Putins Drohungen mit Atomwaffen nur ein Bluff? Davon geht Ischinger derzeit aus. Der Grund: Putins fehlende Reaktion nach starken Angriffen der Ukrainer im Sommer dieses Jahres auf der Krim. Diese sei seit 2014 russisches Staatsgebiet. „Mir ist nicht bekannt, dass Russland diesen Vorgang zum Anlass genommen hätte zu sagen: Jetzt reicht es uns endgültig und jetzt ist aus“, sagte der frühere Diplomat.

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Teilmobilisierung

„Diese ständige Drohung mit der Atomwaffe ist eigentlich seine größte Waffe“, sagte Güler. Zu Putins Kriegsstrategie gehöre allerdings auch das Drohen mit Massenmigration in der Folge von Hungersnöten und das Hervorrufen einer Energiekrise im Westen. Güler schloss sich damit dem Großteil der Gäste dieses Abends an, die von Putins Atom-Drohungen weitgehend unbeeindruckt schienen.

Einzig der SPD-Generalsekretär fiel – fast erwartungsgemäß – aus der Reihe. „Ich würde bei jemandem, der als autokratischer Herrscher hochgradig irrational seit Monaten handelt, nicht allzu viel Planhaftigkeit und Regelhaftigkeit im Handeln unterstellen“, mahnte Kühnert und verteidigte den Kurs der Bundesregierung. Diese müsse auch Putins Atom-Drohungen in ihre Überlegungen einbeziehen.

„Bisher war das für viele Russen eher so großes Kino“, sagte Ischinger mit Blick auf die von Putin verkündete Teilmobilmachung, „jetzt plötzlich wird es im wahrsten Sinne ernst.“ Vieles deute darauf hin, dass aus der Teilmobilmachung eine viel größere Mobilmachung entstehen könne. „Er verknüpft im Prinzip seine Karriere, seine Mission als Präsident Russlands mit diesem Kriegsverlauf. Das ist eine Eskalation. Das macht es für ihn persönlich auch gefährlicher“, sagte der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz über Putin.

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Auf einem Gipfel in Asien vor eineinhalb Wochen ließen mehrere Staatschefs den Kreml-Diktator vor laufenden Kameras lange warten. „Es zeigt sehr deutlich, dass es um ihn einsam geworden ist“, kommentierte Ischinger. Selbst die chinesische Führung sei mittlerweile auf Abstand zu Putin gegangen. Güler sieht eher einen „Autoritätsverlust“ Putins, schließlich hätten ihn die Staatschefs dennoch empfangen.

Grund zur Hoffnung sieht die CDU-Politikerin dennoch. Auch die Staatschefs von Kirgistan und Aserbaidschan ließen Putin erst einmal stehen. „Das macht ja eigentlich schon noch mal deutlich, dass er dort an Autorität verliert“, sagte Güler.

Kühnert nörgelt über Plasbergs Studiobesetzung

Bei der Lieferung von Leopard I-Panzern steht die Bundesregierung noch auf der Bremse. „Warum?“, wollte der Moderator von Kühnert wissen. Die Diskussion von Waffenkategorien sei nicht seine Aufgabe, befand der SPD-Generalsekretär. Stattdessen gab es von Kühnert Nörgelei an Plasbergs Studiobesetzung. Wer nicht dafür sei, automatisch westliche Panzer zu liefern, sei hier „anscheinend schon der pazifistische Außenflügel“.

Kühnerts Ausfall hatte angesichts von Majors anschließenden ruhigen und fundierten Erklärungen für den Zuschauer Fremdschampotenzial. So ließe sich mit einer Panzerhaubitze zwar eine gegnerische Stellung „sturmreif“ schießen, erklärte die Militärexpertin. Wolle man in der Ostukraine aber eine Stadt einnehmen, bräuchte es verschiedene Waffen. „Das heißt, dass das, was wir gerade mehrheitlich bereitstellen, der Ukraine erlaubt Gelände zu halten“, erklärte Major, „wenn die Ukraine diese Gebiete befreien soll, dann braucht sie Panzer und Schützenpanzer. Sollten wir sie ihnen dann nicht geben?“

In die Sendung hatte Plasberg auch den Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen, Erdal Yalçin, eingeladen. Der Ökonom forscht zu Auswirkungen von Sanktionen. Yalçin zeigte sich wenig zuversichtlich, dass Putin allein mit wirtschaftlichen Waffen zu besiegen sei. In den vergangenen 70 Jahren seien bei 1400 politischen Konflikten Sanktionen zum Einsatz gekommen. Allein dadurch sei kein großer Konflikt beendet worden. „Man muss Sanktionen als flankierende Maßnahmen für politische Konflikte nehmen“, sagte der Wissenschaftler.

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Dennoch könne unter ihnen auch die Kriegsfähigkeit Russlands leiden. Für Staat und Bevölkerungen fielen immer mehr Einnahmen weg. Um neun Prozent werde die Wirtschaftsleistung Russlands bis Jahresende zurückgehen. „Das ist viel, auch für ein Schwellenland“, erklärte der Ökonom, „ich gehe davon aus, dass die wirtschaftliche Situation in Russland stetig schlimmer werden wird.“

Problematisch sei, dass Länder wie Indien oder China nicht an den Sanktionen mitwirken. Russland sei aber vom europäischen Absatzmarkt weiterhin sehr abhängig. „Mittel- bis langfristig findet eine Umorientierung der Netzwerke der Gasimporte statt. Russland hat wirtschaftlich einen schweren Fehler begangen“, sagte Yalçin.

Europa könne sich von den Sanktionen daher deutlich schneller erholen als Russland. Kurzfristig kämen auf Europa jedoch harte Zeiten zu. Weltweit wirkten sich Konflikte negativ auf die Wirtschaft aus: „Wir sind Exportweltmeister. Das wird uns hart treffen.“

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