Brunsbüttel: Demonstranten gegen Flüssiggas-Terminal besetzen Schienen - NDR.de
Stand: 31.07.2021 19:13 Uhr
In Brunsbüttel demonstrieren Klimaschützer gegen ein geplantes Flüssiggas-Terminal. Die Veranstalter sprechen von 2.000 Teilnehmern, die Polizei ist mit einem Großaufgebot angerückt.
In transparenten Ganzkörperanzügen und unter anderem mit rosa Hüten, Schals oder Tüchern bekleidet sind die Protestierenden unterwegs. Sie fordern den generellen Ausstieg aus fossiler Energie. Die Klimaschützer schafften es am Samstagnachmittag, die Schienen zu blockieren, die zur Belieferung des Chemie-Parks genutzt werden. Dort sitzt Yara - laut Klimaschützern ein "extrem klimaschädlicher" Düngemittelkonzern, der Menschen im Globalen Süden ausbeute. Auf Twitter erklärte eine Sprecherin des Bündnisses "EndeGelände", das zu dem Protest aufgerufen hatte: "Hier steht heute alles still. Wenn hier in Fracking-Gas investiert werden soll, dann sind wir das Investitionsrisiko", heißt es in dem Tweet, "der Kapitalismus sprengt die Grenzen des Planeten. Für Kohle, Öl und Gas ist heute Ende Gelände." Bis auf vereinzelte Rangeleien mit der Polizei verlief die Demonstration bis zum Abend aber grundsätzlich friedlich - das bestätigten die Beamte.
Steine werfender Security-Mann abgezogen
Es gab aber einen Zwischenfall: Ein Video auf Twitter zeigt einen Security-Mitarbeiter, der aus dem eingezäunten Firmengelände von Yara mit Steinen wirft. Mittlerweile liegt das Material auch NDR Schleswig-Holstein vor: Es handelt sich um die Aufnahme eines ARD Reporters. Zu diesem Vorfall hat das Unternehmen auf Anfrage Stellung bezogen: Es handele sich um "das individuelle Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters eines externen Dienstleisters", er sei abgezogen und von seinen Aufgaben entbunden worden.
Eine Sprecherin der Demonstranten hatte vorab betont, dass die Klimaschützer ausdrücklich gewaltfrei protestieren wollen. Allerdings soll es auch spontane Aktionen des "zivilen Ungehorsams" geben - wie die Blockade der Schienen. Die Polizei ist mit mehreren hundert Beamten vor Ort.
VIDEO: Flüssiges Erdgas - was ist eigentlich LNG? (4 Min)
Unternehmen verstärken Sicherheitsmaßnahmen
In der Vergangenheit hatten sich Teilnehmer unter anderem an Toren oder Zäunen angekettet oder sind an Gebäuden oder Brücken hochgeklettert. Zwischenzeitlich streamten Teilnehmer der Demonstration, wie sie zahlreich in Kanus auf dem Nord-Ostee-Kanal (NOK) paddelten, bis die Wasserschutzpolizei auftauchte. Die Polizei bestätigte am Abend, dass der NOK vorerst für den Schiffsverkehr gesperrt wurde.
Die Betriebe im Brunsbütteler Industriegebiet haben vorab nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein ihre Schutzmaßnahmen erhöht. Sie befürchten, dass Demonstranten in die Unternehmen eindringen und versuchen könnten, den Betrieb lahmzulegen. Was die Klimaschützer im Detail noch vorhaben, ist weiterhin nicht bekannt. Die Veranstalter hatten insgesamt sechs Versammlungen angemeldet.
Die ersten Demonstranten waren am Vormittag aus dem Camp gestartet. Forderung: Kein Bau eines LNG-Terminals
Nach eigenen Angaben waren bereits am Freitag rund 2.000 Teilnehmer im Ort im Kreis Dithmarschen eingetroffen, die an der Demonstration gegen das geplante Terminal für Flüssig-Erdgas teilnehmen wollen. Am Samstagmorgen hatten die Veranstalter in den Sozialen Medien gebeten, nicht mehr anzureisen - nach eigenen Angaben ist das Camp schon voll. Die Polizei vor Ort hatte am Freitagnachmittag von etwa 1.000 Teilnehmern gesprochen. Sie übernachten im sogenannten Klima-Camp im Brunsbütteler Bürgerpark.
Das Bündnis "EndeGelände" fordert in Brunsbüttel vor allem einen sofortigen Gas-Ausstieg. Die Begründung: Erdgas stoße neben CO2 auch noch klimaschädlicheres Methan-Gas aus. Mehrere Bürgerinitiativen, Umweltschutzorganisationen, Klimagruppen - darunter die Fridays-for-Future-Bewegung - und weitere Jugendverbände wollen deswegen zusammen mit "EndeGelände" bei der Demonstration ihre Kritik an dem Vorhaben unterstreichen.
Erste Teilnehmer seit Mittwoch im "Klima-Camp"
Die ersten Teilnehmer der Protestaktion waren bereits am Mittwoch in Brunsbüttel eingetroffen. Neben den Schlafzelten gibt es Versorgungszelte der Veranstalter sowie Dusch-/WC-Parzellen aus Holz, Wasserstellen und große Solarmodule zur Stromversorgung. Der Kreis Dithmarschen hat nach eigenen Angaben im Bürgerpark Brunsbüttel ein Camp mit bis zu 2.000 Teilnehmern nach dem Versammlungsgesetz erlaubt.
Die Polizei wiederum hat in Brokdorf (Kreis Steinburg) ein Containerdorf eingerichtet und rief nach eigenen Angaben mehrere Hundertschaften aus Schleswig-Holstein, anderen Bundesländern sowie die Bundespolizei in den Einsatz.
LNG-Terminal soll Flüssiggas von Schiffen aufnehmen und verteilen
Das Flüssigerdgas-Terminal soll in der Nähe eines Chemie-Parks am Elbehafen in Brunsbüttel entstehen. Das tiefgekühlte, verflüssigte Erdgas, auch LNG (Liquefied Natural Gas) genannt, soll nach den Vorstellungen der Firma German LNG Terminal unter anderem per Schiff angelandet und über das Terminal sowohl auf andere Schiffe verteilt, als auch auf spezielle Lkw für Transporte innerhalb Deutschlands geladen werden. Bei Bedarf soll es auch den nahegelegenen Chemie-Park versorgen.
Betreiber will Austausch mit Interessierten - und Kritikern
Eine Sprecherin von German LNG Terminal teilte zur geplanten Demonstration auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein schriftlich mit: "Die German LNG Terminal GmbH steht seit Beginn an für einen Austausch mit allen Interessierten (…) - auch mit Kritikern (…), und wir rufen jeden auf, sich daran konstruktiv zu beteiligen. Bereits in der Vergangenheit haben wir uns für den Austausch mit unseren Kritikern eingesetzt. (…) Darüber hinaus führen wir Informations- und Diskussionsveranstaltungen zu unseren Plänen für ein Terminal in Brunsbüttel auf lokaler Ebene und darüber hinaus durch."
Weitere Informationen
2 Min
Die Aktivisten des Bündnisses "Ende Gelände" errichten im Bürgerpark ein Protestcamp - und die Resonanz ist groß. 2 Min
Die Deutsche Umwelthilfe hat ein neues Gutachten zu einem geplanten LNG-Terminal in Brunsbüttel vorgestellt. Demnach ist das Terminal aufgrund der Nähe zum AKW nicht genehmigungsfähig. mehr
Die Deutsche Umwelthilfe will ein umweltfreundliches Flüssiggas-Terminal unbedingt verhindern. Ein Grund: die Umwelt. mehr
Das LNG-Containerschiff "CMA CGM Jacques Saadé" ist rund 400 Meter lang und bietet Platz für etwa 23.000 Boxen. mehr
Von den Grünen kommt Kritik an möglichen Plänen der Bundesregierung, weitere Milliarden in fossile Energien zu stecken. mehr
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 31.07.2021 | 19:30 Uhr
0 Response to "Brunsbüttel: Demonstranten gegen Flüssiggas-Terminal besetzen Schienen - NDR.de"
Post a Comment