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Tourismus: Es droht das Aus für den günstigen Kurzurlaub - WELT

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Fernreisen sind gestrichen, Flüge fallen aus – die Coronakrise hat die Urlaubspläne der meisten Deutschen in diesem Jahr durchkreuzt. Die einzige Hoffnung vieler Reisender ist da noch ein Kurztrip innerhalb Deutschlands. Allerdings könnten bald ausgerechnet die Kurzreisen und Pauschalausflüge deutlich teurer werden – oder sogar überhaupt nicht mehr angeboten werden. Davor warnen jetzt zumindest die Veranstalter.

Es würde dem ohnehin schon stark von der Coronakrise betroffenen Hotel- und Gastgewerbe einen weiteren Schlag versetzen. Der Grund für die Sorgen der Branche: Das Bundesjustizministerium will die Veranstalter verpflichten, sich stärker gegen Insolvenzen abzusichern. Pro Pauschalurlauber sollen die Unternehmen künftig einen fixen Betrag in einen Fonds einbezahlen, heißt es aus Branchenkreisen. Der „Spiegel“ berichtete zuerst darüber. Zudem sollen die Anbieter eine bonitätsabhängige Sicherheit bereitstellen. Mit den Mitteln sollen Verbraucher im Falle einer Insolvenz der Veranstalter entschädigt werden.

„Die Pläne alarmieren uns außerordentlich“, sagt Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbands Deutschland (IHA). In der Folge könnte schon ein kleines Wellness-Pauschalangebot plötzlich 30 Euro teurer werden. Die Kosten für einen solchen Fonds wolle die Hotelbranche jedenfalls nicht mitfinanzieren. Vor allem die kleinen Anbieter fühlen sich durch die Pläne benachteiligt. „Ein pauschaler Beitrag pro Kunde für den Fonds trifft grundlos vor allem die kleinen Reiseveranstalter, die ihr Insolvenzrisiko bisher ohne Probleme absichern können“, beklagt Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV).

60 Prozent der Betriebe fürchten um ihre Existenz

Eine Neuregelung hatte das Ministerium bereits im Juni in einem Eckpunktepapier angekündigt. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will damit auf die Insolvenz von Thomas Cook reagieren. Im Falle des britischen Reiseveranstalters reicht die Versicherungssumme nach jetzigem Stand nicht aus, um betroffenen Kunden die vollen Kosten für schon gebuchte Reisen zu erstatten.

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Bereits kursierende Zahlen zur Höhe der Beiträge dementierte das Bundesjustizministerium auf Anfrage allerdings. „Die Details der Neuregelung arbeitet das Bundesjustizministerium gerade aus und stimmt diese innerhalb der Bundesregierung ab“, erklärt eine Sprecherin. Verbraucher sollen darauf vertrauen dürfen, dass die Rückerstattung ihrer Vorauszahlungen und ihr Rücktransport gewährleistet sind, heißt es. Die aktuellen Marktbedingungen wegen der Corona-Pandemie wolle das Justizministerium aber ebenso berücksichtigen.

Sollten die Buchungszahlen nun auch wegen höherer Preise zurückgehen, dürfte das die Krise der gesamten deutschen Hotel- und Gastronomiebranche nur noch verschlimmern. Schon jetzt fürchten mehr als 60 Prozent der Betriebe wegen der Corona-Einbußen um ihre Existenz. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, die der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) am Dienstag vorstellte. Demnach drohe eine regelrechte Pleitewelle.

„Der Topf ist groß genug“

„Nach zehn Wachstumsjahren verzeichnet die Branche seit Anfang März Umsatzverluste historischen Ausmaßes“, sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. „Unsere Betriebe waren die ersten, die unter den Folgen der Coronavirus-Ausbreitung gelitten haben und werden in all ihren Betriebsformen die letzten sein, die wieder öffnen dürfen.“ Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind die Übernachtungszahlen drastisch eingebrochen – gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 47 Prozent. Davon betroffen seien vor allem die Betriebe in Städten wie Berlin und Hamburg.

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In der Gastronomie gingen die Einnahmen um ein Drittel zurück. Für das gesamte Hotel- und Gastgewerbe weist das Statistische Bundesamt für das erste Halbjahr ein Umsatzminus von mehr als 38 Prozent aus. Das bedeutet allein für die Monate März bis Juni einen Verlust von 17,6 Milliarden Euro.

Helfen würden jetzt vor allem unbürokratischere Hilfen. „Der Topf ist groß genug“, sagt Zöllick. Das Problem sei, dass die Wirtschaft das Geld im Moment nicht nutzen kann, weil Regularien zu engstirnig und streng aufgestellt sind. Von den sogenannten Überbrückungshilfen in Höhe von insgesamt 25 Milliarden Euro seien bislang nur etwa eine Milliarde Euro abgerufen worden.

„Reisen wird teurer“

Mit Lockangeboten sollten Reisende allerdings nicht rechnen, erklärt Zöllick. Bei der Preisgestaltung habe die Branche nur wenig Spielraum, die Margen seien gering. „Ich hoffe, dass die Gesellschaft nachvollziehen kann, dass es nicht billiger werden kann“, sagt Zöllick.

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Die Coronakrise könnte so oder so das Ende des Billig-Tourismus eingeläutet haben. So erscheint fraglich, ob Billiganbieter die Krise wirtschaftlich überleben werden. „Reisen wird teurer, und das ist hier ausnahmsweise auch im Sinne des Verbraucherschutzes“, sagt Hermann-Josef Tenhagen vom Verbraucherportal Finanztip. „Die Risiken müssen fair verteilt werden.“ Das habe die Insolvenz von Thomas Cook gezeigt.

Der Vorschlag des Verbraucherschützers: Das Risiko für Reisende ließe sich verringern, wenn die Veranstalter die Kosten erst zum Reiseantritt abbuchen würden. „Hier könnte die Bundesregierung entsprechende Regeln schaffen“, erklärt Tenhagen. Es könne nicht sein, dass der Pauschalurlauber, der weit im Voraus bucht, die ökonomischen Risiken für die Sonderangebote von Reisekonzernen trägt. Letztlich bekämen die Anbieter einen kostenlosen Kredit von ihren Kunden, indem diese Anzahlungen leisten müssen. Auch Flugreisen dürften davon nicht ausgenommen werden, sagt Tenhagen.

„Von Normalumsätzen noch meilenweit entfernt“

Am Montag forderten bereits sieben große deutsche Wirtschaftsverbände eine Lösung für die kriselnde Tourismusbranche. In einem gemeinsamen Papier, das neben dem Dehoga auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Handelsverband Deutschland (HDE) unterzeichnete, plädierten die Vertreter für mehr Verhältnismäßigkeit bei den Reisebeschränkungen.

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„Zu häufige und kurzfristige Veränderungen der Regeln bei Teststrategie, Quarantänevorgaben und Reisewarnungen schaffen Unsicherheit und erhöhen wirtschaftliche Risiken“, heißt es in dem Papier. Zudem wünschen sich die Spitzenverbände eine bessere Verständigung auf europäischer Ebene. Denn unterschiedliche Vorschriften würden den Planungsaufwand für die Unternehmen erhöhen.

An eine schnelle Erholung glauben die deutschen Hoteliers und Gastronomen indes nicht. „Auch wenn sich die Umsatzverluste in den letzten Wochen etwas abschwächten, sei die Branche aufgrund von Abstandsgeboten und Kapazitätsbegrenzungen von Normalumsätzen noch meilenweit entfernt“, sagt Dehoga-Präsident Zöllick. Beim Ausblick auf das restliche Jahr bleiben die Betriebe pessimistisch: Auf Jahressicht erwarten sie insgesamt einen Umsatzrückgang um fast die Hälfte.

„Der Finca-Urlaub ist nicht gefährlicher als eine S-Bahnfahrt in Berlin“

Gesundheitsminister Jens Spahn rät vom Herbst- und Winterurlaub im Süden oder der Karibik ab. Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbands, sagt: „Wenn Herr Spahn Reisetipps geben möchte, kann er ein Reisebüro aufmachen.“

Quelle: WELT/ Felicia Pochhammer




September 09, 2020 at 09:31AM
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