Robert Habeck hat mit seinem Appell gegen Antisemitismus vielen aus der Seele gesprochen. Doch die Hintergründe in der Ampel sind noch unklar.
Berlin/Mannheim – Robert Habeck hat für seine Video-Botschaft zum Krieg in Israel und dem vielfältigen Antisemitismus-Problem in Deutschland viel Lob erhalten – sogar von Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor. Zwischen den Zeilen war mehrfach Unzufriedenheit mit den eigentlich Verantwortlichen zu erahnen: Mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), oder vielleicht auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD), in deren Handlungsfelder die an vielen Fronten bedrückende Lage eigentlich fällt.
Offen ist weiterhin eine im Hintergrund bedeutsame Frage: Hatte Robert Habeck seine Intervention mit Scholz und Baerbock abgesprochen – oder griff der Vizekanzler und Wirtschaftsminister im Alleingang die Initiative? Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke bezweifelte eine Absprache in einem Interview mit dem TV-Sender Phoenix. Der Kanzler selbst entschied sich am Donnerstagabend (2. November) jedenfalls ebenfalls für Lob.
Habeck macht mit Israel-Video den Kanzler-Job - Scholz lobt in Mannheimer Bürgerrunde
Bei einem Bürgergespräch in Mannheim konterte Scholz Vorwürfe eines Fragestellers mit dem Verweis auf Habecks Rede. Habeck und Baerbock leisteten „gute Arbeit“ und gäben sich sehr viel Mühe, „dass die Welt zusammenhält“. Scholz fügte hinzu: „Ich finde zum Beispiel, was der Bundesminister Habeck jetzt mit seinem Video im Internet gemacht hat gegen Antisemitismus, ein Zeichen dafür, dass Sie möglicherweise nicht ganz richtig liegen.“
Womöglich blieb dem Kanzler angesichts des partei- und grenzüberschreitenden Zuspruchs auch gar nichts anderes übrig. Prosors Stimme hat in diesem Kontext Gewicht. Er dankte für „die richtigen Worte zur richtigen Zeit“ – und direkt für „Führung“. Aber auch Armin Laschet, Ex-Unions-Kanzlerkandidat und Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Abraham Prozesses für Frieden und regionale Integration, pries eine „über alle Parteigrenzen hinweg“ zu unterstützende Haltung. Unter anderem die britische BBC berichtete groß über Habecks Äußerung.
Habecks Umfeld habe am Donnerstag jeden Verdacht zurückgewiesen, der Vizekanzler habe sich mit der Rede profilieren wollen, berichtet der Tagesspiegel. Das Blatt verwies auch darauf, dass sich Habeck regelmäßig zu wirtschaftsfremden Themen mit Videos zu Wort melde. Ebenfalls aus den Kreisen um den Ex-Grünen-Chef war zu erfahren: Habeck habe sich am Wochenende nach Gesprächen mit jüdischen Freunden Gedanken gemacht, wie die komplexe Lage verständlich zu machen sei.
Habeck springt mit Antisemitismus-Rede „in ein Vakuum“: „Über Wochen gewartet“?
„Robert Habeck ist genau der Redner, den der Bundeskanzler nicht zu geben in der Lage ist“, sagte von Lucke unterdessen am Donnerstag in einem Phoenix-Interview – Habeck sei „in ein Vakuum“ gesprungen, auch das Ausland habe auf solche eine Wortmeldung gehofft. Womöglich habe der Vizekanzler „über Wochen“ auf solch eine Rede gewartet.
„Wenn sie abgesprochen worden sein sollte mit Olaf Scholz, dann war sich Scholz vielleicht nicht bewusst, welche Wucht sie hat – ich bezweifle das aber“, erklärte von Lucke. Die Video-Botschaft werfe „natürlich sofort die Frage auf: Warum hält der Kanzler nicht eine solche Rede?“.
Habecks Rede schlägt Wellen: Ministerium legt Version fürs Ausland nach
Offensichtlich hat auch das Wirtschaftsministerium die Tragweite der Reaktionen erkannt – wenn auch mit etwas Verzögerung: Am Donnerstagabend lud das Ressort eine Version des Videos mit englischen, hebräischen und arabischen Untertiteln auf die Plattform X. Zugleich sind mittlerweile Manuskripte der Rede in allen vier Sprachen auf der Homepage abrufbar. Die untertitelte Variante hat bis Freitagvormittag (Stand: 10 Uhr) drei Millionen Abrufe erhalten. Die deutsche Version vom Mittwochnachmittag stand zur selben Zeit bei neun Millionen Abrufen.
Habeck hat in seiner Rede einerseits die mörderische Rolle der Terrorgruppe Hamas im Krieg in Israel und Deutschlands Haltung zu Israels Sicherheit und der Lage im Gazastreifen klargestellt. Andererseits brachte er aber auch einen eindringlichen Appell gegen Antisemitismus in Deutschland vor. Habeck nahm Rechtsextreme, antisemitische Strömungen unter Muslimen in der Bundesrepublik, aber auch in der „politischen Linken“ ins Visier. (fn)
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