Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Das meldeten die Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreisen. Für den Nachmittag ist eine Pressekonferenz mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Bundeshaushalt geplant.
Die Bundesregierung hatte lange um die Aufstellung des Etats gestritten. Das zeigte sich an den Themen Elterngeld und Kindergrundsicherung. Dem Entwurf zufolge sollen die Ausgaben deutlich auf 445,7 Milliarden Euro zurückgehen. Nach krisenbedingten Mehrausgaben der Vorjahre wegen der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise soll nun ein Sparkurs eingeschlagen werden. Die Neuverschuldung soll 2024 bei 16,6 Milliarden Euro liegen. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden.
Bundesfinanzminister Lindner als Herr über den Haushalt wertet den Entwurf als eine Rückkehr zur Normalität nach mehreren Jahren, in denen der Etat durch Hunderte Milliarden Euro an neuen Schulden zur Bewältigung der Corona-Pandemie und der Folgen des Ukraine-Krieges aufgebläht worden war. Alle Ressorts bis auf das Verteidigungsministerium mussten sparen.
Rückkehr zur Normalität
Das zweite Jahr in Folge soll 2024 die Schuldenbremse wieder greifen. Den Spielraum für die zulässige Neuverschuldung will Lindner mit knapp 16,6 Milliarden Euro laut einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Kabinettsvorlage aber voll ausschöpfen. Geplant sind Ausgaben von 445,7 Milliarden Euro für 2024 und damit rund 30 Milliarden Euro weniger als in diesem Jahr.
Trotz des Kabinettsbeschlusses ist der Streit in Detailfragen aber nicht beigelegt. Bei der ab 2025 geplanten Kindergrundsicherung etwa muss sich die Ampel-Koalition bis Ende August noch verständigen, wie viel Geld sie dafür im Finanzplan vorsehen will. Lindner hat zwei Milliarden Euro einkalkuliert, Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hat ursprünglich mit zwölf Milliarden Euro geplant. Auch der Wirtschaftsplan, der im Detail die Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds (KTF) regelt, steht noch aus. Daraus soll etwa die Förderung beim Heizungstausch ab 2024 gezahlt werden.
Neuen Streit zwischen FDP und Grünen lösten zudem mögliche Einschränkungen beim Elterngeld aus. Paus will den Berechtigtenkreis leicht verringern durch eine Senkung der Einkommensgrenze auf 150.000 Euro, bis zu der Paare Elterngeld beantragen können. Sie begründet dies damit, dass sie eine Sparvorgabe des Finanzministeriums umsetzen müsse. FDP und auch Lindner indes erklärten, der Sparbeitrag könne von Paus auch anders erbracht werden. Trotz der Einsparung sind im Etat der Familienministerin für 2024 knapp acht Milliarden Euro für das Elterngeld vorgesehen, also 290 Millionen Euro weniger als 2023.
Die geplanten Änderungen und andere Sparvorhaben sind Teil eines Haushaltsfinanzierungsgesetzes, das die Regierung bis Mitte August auf den Weg bringen will. Veränderungen sind also möglich. Über den gesamten Bundeshaushalt entscheidet der Bundestag erst zum Abschluss der Haushaltswoche am 1. Dezember. Bis dahin sind zahlreiche Änderungen im Etatentwurf zu erwarten, die auch die im Herbst anstehende neue Steuerschätzung und eine Anpassung der wirtschaftlichen Erwartungen berücksichtigen.
Was Ökonomen vom Haushaltsplan halten
Zahlreiche führende Ökonomen sehen den Haushaltsentwurf der Bundesregierung sehr kritisch. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sprach am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk von einer "verpassten Chance". Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) habe das Unmögliche einer Beibehaltung der Schuldenbremse bei gleichzeitiger Verweigerung von steuerlicher Mehrbelastung und Investitionen in die Zukunft versucht.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bemängelte unzureichende Ausgaben für Verteidigung, klimafreundliche Energien und vor allem im Bildungsbereich. „Gerade nach der Corona-Pandemie und angesichts des Fachkräftemangels, der auf Deutschland zukommt, passiert da bei weitem nicht genug“, sagte sie der "Augsburger Allgemeinen". Außerdem gehörten direkte und indirekte Subventionen für Kohle, Öl und Gas zugunsten von Investitionen in grüne Energien abgeschafft.
Auch der Leiter des Zentrums für öffentliche Finanzen am Münchner Ifo-Institut, Niklas Potrafke, nannte die Bereiche Infrastruktur, Bildung und Verteidigung, die im Haushalt zu kurz kämen. Stattdessen werde Geld zur Ankurbelung des Konsums ausgegeben - etwa Bundeszuschüsse für die Rentenversicherung von 112 Milliarden Euro. "Priorisieren sollten wir Ausgaben für öffentliche Güter, von denen alle Bürger etwas haben", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, kritisierte Kürzungen bei wachstumssteigernden Investitionen, etwa bei den Mitteln für die Digitalisierung. "Das ist am falschen Ende gespart", sagte sie der "Rheinischen Post". Grundproblem sei der alleinige Fokus auf die Schuldenbremse. "Deshalb kommen Investitionsausgaben regelmäßig zu kurz. Eine Reform, die eine Schuldenfinanzierung von Nettoinvestitionen ermöglichen würde, könnte das beheben."
Die vorgesehenen Schulden in Höhe von 16,6 Milliarden Euro hält Schnitzer für akzeptabel. Die Staatsverschuldung im vergangenen Jahr von unter 30.000 Euro pro Einwohner scheine beherrschbar, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Andere Euro-Länder wie Italien, Frankreich und Griechenland hätten viel höhere Schuldenstandquoten.
Martin Beznoska vom Institut der deutschen Wirtschaft forderte, die Krisenhilfen zurückzufahren. Etwa könnten das Kurzarbeitergeld beendet und die pandemiebedingten Zuschüsse ins Gesundheitssystem reduziert werden, sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Auch die ermäßigte Mehrwertsteuer für Hotels, die Gastronomie und den Kulturbereich könne wegfallen.
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