Auf den letzten Drücker hat es die Ampel-Regierung geschafft, das Heizungsgesetz so zu überarbeiten, dass es nächste Woche im Bundestag beschlossen werden kann. Kritiker wie die Wirtschaftsweise Grimm sehen aber die Klimaschutzziele gefährdet.
Kommende Woche soll das überarbeitete, sogenannte Heizungsgesetz nach langem Streit im Bundestag verabschiedet werden. Bevor es soweit ist, wird es am Montag noch eine Anhörung und im weiteren Wochenverlauf eine Abstimmung im zuständigen Ausschuss für Klimaschutz geben. Erst am Freitag und damit zum spätmöglichsten Zeitpunkt hatte die Koalition dem Ausschuss eine detaillierte Übersicht der geplanten Änderungen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) zukommen lassen.
"Man wollte da einen sehr ambitionierten Wurf machen"
Der parlamentarische Weg für das Gesetz ist somit geebnet, die Debatte darüber ist aber nicht beendet. Die Wirtschaftsweise Grimm ist auch vom Kompromiss der Ampel-Koalition nicht überzeugt. "Man wollte da einen sehr ambitionierten Wurf machen. Das ist es nicht geworden“, sagte Grimm im Deutschlandfunk. Wahrscheinlich würden mit dem Gesetz die Klimaschutzziele im Wärmesektor nicht erreicht, auch sei es sehr kompliziert. "Das ist natürlich ein Ergebnis, das man sich eigentlich nicht gewünscht hat", sagte Grimm, die Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist.
Ähnlich argumentiert die Umweltorganisation Germanwatch: "Dem Gesetz wird es in dieser Form nicht gelingen, den Gebäudesektor auf Kurs zum Erreichen der Klimaziele 2030, 2040 und 2045 zu bringen." Größere Emissionsreduzierungen werde es erst zum Ende des jetzigen Jahrzehnts geben. "Das sind genau die Verzögerungen zu Lasten der jungen Generation, vor denen das Bundesverfassungsgericht 2021 gewarnt hat", teilte Germanwatch mit. 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz des Bundes kritisiert und Nachbesserungen zu verbindlicheren Zielen bei der Reduzierung von Emissionen gefordert.
Ein Versprechen, dass nicht einzuhalten ist?
Laut Grimm bleibt zudem auch mit dem überarbeiteten Entwurf eine gewisse Unsicherheit, etwa bei der finanziellen Unterstützung. Es seien "immense Summen" versprochen worden. Sie glaube zwar, dass Belastungen abgefangen werden müssten. Zugleich könnten die Klimaziele nicht mit staatlichem Geld gekauft werden. Das Versprechen, alle Menschen so zu entlasten, "dass es nicht mehr so wehtut, das wird man nicht lange einhalten können".
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte niedrigschwellige Hilfen für Seniorinnen und Senioren. Der Wegfall der Ausnahmeregelung für über 80-Jährige dürfe die älteren Hausbesitzer nicht verunsichern, sagte Bentele der "Rheinischen Post". Die Härtefallregelung dürfe nicht zu einer "unüberwindlichen bürokratischen Hürde" werden.
Esken: Fehler in der Kommunikation
Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken räumte derweil erneut Fehler ein. "Wir haben nicht sofort verstanden, wie sehr die Energieversorgung die Menschen beunruhigt, obwohl sie ja längst wieder sichergestellt war", sagte die SPD-Vorsitzende der "Welt am Sonntag". Als die Ampel-Regierung ins Amt kam, seien die Gasspeicher leer gewesen. "Wir mussten alle Hebel in Bewegung setzen, um eine Versorgungskrise abzuwenden, doch es ist uns gelungen."
Es sei aber in der Zeit "viel Angst geschürt" worden, sagte Esken. "Insofern fiel die Debatte über das Heizungsgesetz in eine ungute Stimmung." Die Wärmewende sei dringend notwendig, ein Drittel der CO2-Emissionen würde durch die Gebäude verursacht.
Einigung als "Kraftakt"
Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, nannte die Einigung einen "Kraftakt". Nun sei die Lösung aber praktikabel. Der Gesetzentwurf sehe vor, dass eine Heizung erst dann ersetzt werden müsse, wenn sie "völlig hinüber" sei, sagte Föst im Deutschlandfunk. Zudem müsse zuerst der Staat liefern mit einer kommunalen Wärmeplanung und dem Ausbau der Stromnetze.
Der SPD-Chefunterhändler für das GEG, Matthias Miersch, hob hervor, dass neue Gas- und Ölheizungen keine Förderung bekommen sollen. Die Fördersystematik werde so angepasst, dass nur Heizungen, die tatsächlich mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden, gefördert würden, sagte Mirsch der "Rheinischen Post". Bei Heizungen, die künftig mit Wasserstoff betrieben werden können, sollten grundsätzlich nur die Kosten für die Umrüstung auf den Wasserstoff-Betrieb förderfähig sein, erläuterte Miersch.
Wochenlang Streit über das Vorhaben
Dem Bundestag liegt seit Freitag der überarbeitete Entwurf des GEG vor, der noch in der kommenden Woche beschlossen werden soll. Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 in Neubaugebieten Heizungen eingebaut werden müssen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Ursprünglich sollten alle neuen Heizungen von 2024 an diese Vorgabe erfüllen. Nun richtet sich der Zeitplan nach der Wärmeplanung der Kommunen. Der Ein- und Umbau soll gefördert werden, unter anderem mit einem "Klima-Geschwindigkeitsbonus".
Die Novellierung des GEG soll dafür sorgen, dass im Gebäudesektor die Treibhausgasemissionen sinken, damit Deutschland seine Klimaziele erfüllt. In der Ampel-Koalition gab es wochenlang Streit über das Vorhaben.
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