In sieben Bundesländern durchsuchten Beamte die Wohnungen von Mitgliedern der „Letzten Generation“. Die Website wurde gesperrt, Konten eingefroren.
Update vom 26. Mai, 7.39 Uhr: Amnesty International hat sich zur Razzia gegen die „Letzte Generation“ geäußert. Über den Twitter-Account „Anmesty Deutschland“ schreibt die Menschenrechtsorganisation, die Ermittlungen hätten schwere Eingriffe in die Grundrechte ermöglicht.
„Die Verfolgung der ‚Letzten Generation‘ hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung ist schwer und folgenreich“, heißt es in dem Post. „Die Verfahren haben eine abschreckende Wirkung auf andere Klima-Aktivist:innen, die ihr Recht auf Versammlungsfreiheit aus Angst nicht wahrnehmen.“
Noch deutlicher positioniert sich die Organisation gegen die Anzeige des Bayerischen Landeskriminalamts auf der stillgelegten alten Website der „Letzten Generation“. Die Gruppe wurde hier als kriminelle Vereinigung bezeichnet.
„Umso schwerwiegender ist der Fehler der bayerischen Ermittler:innen, den Vorwurf bereits als Tatsache hinzustellen“, schreibt Amnesty International. „Diese Vorverurteilung ist mit den Menschenrechten nicht vereinbar und widerspricht der Unschuldsvermutung.“
„Letzte Generation“ nach Razzia angeblich „stärker als je zuvor“ – neue Website online
Update vom 25. Mai, 11.15 Uhr: Die „Letzte Generation“ will sich von den Ermittlungen gegen sie nicht einschüchtern lassen. „We‘re back!“, twitterte die Gruppe am Mittwochabend. Sie hat eine neue Website aufgebaut und schreibt dort: „Das staatliche Vorgehen soll einschüchtern, Angst machen. Doch wir können und werden uns nicht erlauben, in dieser Angst zu verharren.“
Am Donnerstag verschickten die Aktivisten eine Mitteilung und betont: „Wir sind seit gestern stärker als je zuvor.“ Eine Welle von Solidaritätsprotesten habe sich bundesweit aufgebaut. Die Demo am Mittwochabend in Berlin sei die größte in der Geschichte der Gruppe gewesen, mehrere hundert Menschen nahmen teil. „Wir merken, dass ganz, ganz viel Unterstützung gerade kommt. Wir wachsen und wir werden unseren Protest weiter ausweiten, weil wir machen das ja nicht zum Spaß“, sagte Raphael Thelen, Aktivist der „Letzten Generation“, am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“.
Update vom 24. Mai, 13.25 Uhr: Die Polizei hat im Rahmen der bundesweiten Razzia auch die Wohnung von Sprecherin Carla Hinrichs durchsucht. Sie zählt zu den drei Hauptbeschuldigten, wie die Augsburger Allgemeine aus dem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München erfahren haben will.
Ihr wird die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vorgeworfen. Gemeinsam mit einem Mathematiker aus Augsburg soll sie die Website der „Letzten Generation“, die am Mittwoch von den Behörden abgeschaltet wurde, betrieben haben.
Update vom 24. Mai, 12.41 Uhr: „Wenn unsere Demokratie gefährdet ist, ist es nicht nur unser Recht, Widerstand zu leisten – es ist auch unsere Pflicht“, schließt van Baalen. Wiederholt bezeichnet sie das Vorgehen gegen die Aktivist:innen als „völlig bekloppt“. Die Gruppe wurde von der bundesweiten Razzia überrascht und hart getroffen, will sich aber nicht einschüchtern lassen.
Update vom 24. Mai, 12.30 Uhr: Sprecherin Aimée van Baalen eröffnet die Pressekonferenz mit einem dramatischen Appell. „Die 15 Hausdurchsuchungen, die heute stattgefunden haben, haben alle Unterstützer:innen der ‚Letzten Generation‘ hart getroffen. Sie machen uns Angst. Aber wir dürfen nicht in dieser Angst verharren. Die Bundesregierung fährt uns gerade sehenden Auges in eine Klimahölle, sie drückt sogar aufs Gaspedal. Wir müssen jetzt weiter Widerstand leisten.“
Sie fordert alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an Protestmärschen zu beteiligen. Die werde es in allen großen Städten in Deutschland geben. Angefangen in Berlin, München und Leipzig.
Update vom 24. Mai, 11.47 Uhr: Die „Letzte Generation“ will sich zur bundesweiten Razzia äußern. Die Gruppe hat eine Pressekonferenz angekündigt, sie findet um 12 Uhr statt. Zuvor meldeten sich die Klimaaktivist:innen in einem kurzen Post bei Twitter und hinterfragte die Durchsuchungen – versehen mit dem Hashtag „#völligbekloppt“.
Erstmeldung vom 24. Mai, 11.35 Uhr: Frankfurt – Bundesweit wurden Wohnungen von Mitgliedern der „Letzten Generation“ durchsucht. Das teilte das Bayerische Landeskriminalamt in einer Pressemitteilung am Mittwochmorgen, 24. Mai, mit. Dem liegt die eingeleitete Ermittlung wegen des „Tatvorwurfes der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ zugrunde. Insgesamt haben am Mittwochmorgen etwa 170 Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft Häuser von Mitgliedern der Klimaschutzgruppe in sieben Bundesländern durchsucht.
Bundesweite Razzien bei „Letzter Generation“: Vorwurf der „kriminellen Vereinigung“
In der gemeinsamen Presseerklärung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Bayerischen Landeskriminalamtes heißt es, es seien „bundesweite Durchsuchungen und Maßnahmen zur Vermögenssicherung“ bei der Letzten Generation durchgeführt worden. Es ist die Folge eines von der Generalstaatsanwaltschaft München und der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wegen „des Verdachts der Begehung von Straftaten durch Mitglieder der sogenannten ‚Letzten Generation‘“.
Das Verfahren läuft demnach gegen sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren und geht auf „zahlreiche Strafanzeigen aus der Bevölkerung“ seit Mitte 2022 zurück, so das BLKA in der Pressemitteilung. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, eine „Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die ‚Letzte Generation‘ organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch bisher einen Betrag von mindestens 1,4 Mio. Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben“. Diese Gelder seien „überwiegend“ dazu benutzt worden, weitere Straftaten zu finanzieren.
Weiterer Vorwurf bei Razzien der „Letzten Generation“: Sabotage – Wohnungen in sieben Bundesländern durchsucht
Laut BLKA stehen zwei Verdächtige auch unter Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren – der Presseerklärung zufolge kritische Infrastruktur im Freistaat. Am Mittwochmorgen wurden nun insgesamt 15 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet durchsucht – drei davon befinden sich in Bayern, in der Landeshauptstadt München und in Augsburg. Darüber hinaus waren Objekte in Hessen im Landkreis Fulda, in Hamburg, Sachsen-Anhalt (Magdeburg), Sachsen (Dresden), Berlin und im Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein von den Razzien betroffen.
Ziel sei es gewesen, Beweismittel zur Mitgliederstruktur zu finden, die Finanzierungen weiter aufzuklären und Vermögenswerte zu beschlagnahmen. „Festnahmen erfolgten bisher nicht“, heißt es abschließend. (fhz)
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