Stand: 11.03.2023 05:16 Uhr
Nach dem Amoklauf in Hamburg mehren sich die Forderungen nach einer Verschärfung des Waffenrechts. Im Interview mit den tagesthemen forderte Bundesinnenministerin Faeser auch eine Überprüfung eines Verbots halbautomatischer Pistolen.
Nach dem Amoklauf von Hamburg mit acht Toten mehren sich die Forderungen nach einer Reform des Waffenrechts.
So bekräftigte etwa Bundesinnenministerin Nancy Faeser ihre Pläne für eine Verschärfung der geltenden Gesetze. Bereits bei den Anschlägen in Halle und Hanau habe man gesehen, dass es beim Waffenrecht Handlungsbedarf gebe, sagte Faeser bei einem Besuch des Tatorts.
Ein Gesetzentwurf für ein schärferes Waffenrecht wird in der Bundesregierung vorbereitet, es gibt aber Unstimmigkeiten mit der FDP. Im Interview mit den tagesthemen sagte Faeser, man müsse nach den Schüssen von Hamburg schauen, ob der Entwurf noch ausreichend sei.
Bislang ist darin unter anderem vorgesehen, dass halbautomatische Langwaffen verboten werden sollen, weil sie für Terror- und Amoktaten eine hohe Relevanz hätten.
Überpruefung von Gutachtensprozess gefordert
Auch die Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, stellte die jetzigen Regelungen teilweise in Frage. Es sei beispielsweise "mehr als fragwürdig, warum nur Unter-25-Jährige ein amtsärztliches oder psychologisches Gutachten vorlegen müssen bei der Beantragung einer waffenrechtlichen Erlaubnis", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Da Schusswaffen in den falschen Händen Menschenleben gefährden, sollten solche Gutachten alle Antragsteller - egal welchen Alters - vorlegen müssen, forderte Mihalic. Auch sollten entsprechende Eignungsüberprüfungen eigentlich in regelmäßigen Abständen wiederholt werden müssen.
"Da der mutmaßliche Amokläufer von Hamburg anscheinend eine waffenrechtliche Erlaubnis innehatte, muss nun genau geklärt werden, wie er dazu kam", forderte die Grünen-Politikerin. "Hundertprozentig können wir solche Amokläufe nicht verhindern, aber wir tun aktuell bei weitem noch nicht alles, was möglich ist, damit Menschen wie der Amokläufer von Hamburg nicht an Schusswaffen gelangen."
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, sagte seinerseits dem RND: "Der Täter von Hamburg hatte offenbar als Sportschütze legal Zugang zu Waffen." Nun müsse geklärt werden, warum die Kontrollen des Täters keine Anzeichen für eine Gefahr geliefert und nicht zu einem Entzug der Waffenbesitzerlaubnis geführt hätten.
Täter besaß Pistole legal
Der Täter in Hamburg schoss mit einer halbautomatischen Pistole, die er als Sportschütze legal besaß. Ob auch solche Waffen verboten werden sollten, werde man nun prüfen, sagte Faeser. "Wir werden das sicher diskutieren."
Der Gesetzentwurf sei unter dem Eindruck der Anschläge von Halle und Hanau entstanden, wo die Täter Langwaffen genutzt hatten. "Es ist ja erst ein Entwurf, insofern werden wir das jetzt prüfen." Es müsse die Balance gewahrt werden, denn normale Sportschützen wolle man nicht behelligen.
Kaum Waffenkontrollen wegen Personalmangels
Faeser verwies auf Schwierigkeiten bei Waffenkontrollen. "Wir haben eine Zeit in Deutschland gehabt, wo wir sehr viel Verwaltung abgebaut haben, es war en vogue zu sparen. Und jetzt wundert man sich, dass man die Kontrollen nicht mehr durchführen kann." Im Waffenbereich brauche es aber viel Kontrolle, wenn man diejenigen finden wolle, die psychologisch beeinträchtigt seien oder Waffen falsch oder zu viele lagerten.
Entwurf sieht strengere Prüfung von Neuanträgen vor
In dem Gesetzentwurf sind strengere Überprüfungen für Neuanträge von Waffenbesitzkarten vorgesehen, sagte Faeser. Geplant sei, dass bei der Beantragung ein ärztliches Attest vorgelegt werden müsse.
Vorgesehen sei auch eine Austauschmöglichkeit der Waffenbehörden, um bei den Behörden an früheren Wohnorten nach Erkenntnissen fragen zu können, die gegen die Erteilung einer Waffenerlaubnis sprächen.
Erteilte Waffenerlaubnisse schwieriger zu kontrollieren
Komplizierter sei dagegen die Frage, wie eine Überprüfung bei schon erteilten Waffenbesitzkarten aussehen könnte. "Da sind wir genau an der Schwierigkeit, wen belasten wir am meisten damit. Es geht ja vor allem darum, wenn wir Hinweise haben und Tatsachen vorliegen, die sowas rechtfertigen. Dann sollte das auch erfolgen." Ohne Hinweise auf eine mögliche Nichteignung sei es aber "sehr, sehr schwierig", sagte Faeser. "Sie werden in einem Rechtsstaat nicht immer alles verhindern können."
Hinweis auf Hamburger Täter
Beim Täter in Hamburg hatte es Hinweise gegeben: Im Januar hatte die Hamburger Polizei ein anonymes Schreiben erhalten, in dem eine Überprüfung der Waffenfähigkeit des Täters gefordert wurde. Dieser leide an einer psychischen Erkrankung, so der anonyme Schreiber, und pflege eine besondere Wut auf alles Religiöse - insbesondere auf die Zeugen Jehovas, die er aus freien Stücken, aber nicht im Guten verlassen habe.
Eine unangekündigte Kontrolle der Polizei bei ihm habe aber keine Hinweise geliefert, die das anonyme Schreiben bestätigt hätten, erklärte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Demnach habe der Mann die Vorschriften zur Aufbewahrung der Waffe eingehalten, und sich kooperativ verhalten. Eine Verwarnung habe es gegeben, weil er ein einzelnes Projektil außerhalb des Tresors aufbewahrt habe. "Die rechtlichen Möglichkeiten der Beamten waren damit ausgeschöpft", sagte Meyer.
Bestürzung und Anteilnahme
Von dem Amoklauf hatten sich die Spitzen des Staates tief bestürzt gezeigt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte "mit großem Entsetzen". Er sei überzeugt, dass viele Menschen in Deutschland aufrichtiges Mitgefühl empfänden und wünschte den Verletzten baldige Genesung. Ebenso äußerte sich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas "tief erschüttert".
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich fassungslos. "Meine Gedanken sind in den schweren Stunden bei den Opfern und ihren Angehörigen", sagte der SPD-Politiker. "Wir trauern um diejenigen, die so brutal aus dem Leben gerissen wurden." Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher bekundete per Tweet sein "tiefes Mitgefühl" mit den Angehörigen der Opfer.
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