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Hamburger Hafen: Tollerort-Geschäftsführer verlässt Unternehmen - tagesschau.de

Exklusiv

Stand: 30.10.2022 10:00 Uhr

Seit Tagen gibt es Streit um den Einstieg Chinas beim Hamburger Hafen-Terminal Tollerort. Jetzt wird bekannt, dass dessen Geschäftsführer in wenigen Tagen geht. Nach Informationen von NDR und WDR gibt es in Belegschaft und Kabinett weiter Bedenken.  

Von Stefan Buchen, NDR, Manuel Bewarder, NDR/WDR, und Florian Flade, WDR

Der Geschäftsführer des Hamburger Containerterminals Tollerort, das wegen des chinesischen Kaufinteresses seit mehr als einer Woche im Zentrum eines harten politischen Streits steht, verlässt Ende Oktober das Unternehmen. Entsprechende Informationen von NDR und WDR bestätigte eine Sprecherin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

Der Geschäftsführer habe "den Wunsch geäußert, eine neue berufliche Aufgabe außerhalb der HHLA annehmen zu wollen", erklärte die HHLA. Der 57-Jährige war laut Handelsregisterauszug seit Juli 2019 Geschäftsführer des Containerterminals. Warum er nach gut drei Jahren den Posten aufgibt, möchte die HHLA nicht mitteilen. "Zu den Gründen von Personalwechseln äußern wir uns grundsätzlich öffentlich nicht," so die Unternehmenssprecherin. Man sei ihm "sehr dankbar" für das, was er in verschiedenen Funktionen in der HHLA verantwortlich geleistet habe. 

 

Massive Kritik am Einstieg

Vor wenigen Tagen war der Streit um die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco am Container-Terminal Tollerort eskaliert. NDR und WDR hatten zuvor enthüllt, dass das Kanzleramt von Olaf Scholz die geplante Beteiligung gegen das Votum der sechs Fachministerien sowie der EU-Kommission durchsetzen wollte. Die Kritiker befürchteten eine zu große Abhängigkeit von China. 

Da die Ministerien das Verbot gegen das Kanzleramt nicht durchsetzen konnten, beschloss das Kabinett am Mittwoch schließlich eine geringere Beteiligung als ursprünglich geplant. Auch dieses Angebot stößt auf Kritik: Wie NDR und WDR erfuhren, gibt es unter anderem innerhalb der HHLA-Belegschaft Bedenken. 

Bedenken auch in der Bundesregierung

Im Bundeskabinett gab das Auswärtige Amt sogar eine Protokollerklärung ab. "Der Erwerb von Anteilen am Containerterminal Tollerort durch die chinesische Staatsreederei Cosco erweitert den strategischen Einfluss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig", heißt es in dem Papier, das NDR und WDR vorliegt. Anders als Deutschland lasse China keine deutsche Beteiligung an chinesischen Häfen zu.  

Das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock erklärte weiter: China habe deutlich gezeigt, dass es "bereit ist, wirtschaftliche Maßnahmen zur Erreichung politischer Ziele einzusetzen". Der Erwerb habe "nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine geopolitische Komponente", so die Kritik. "Im Krisenfall würde der Erwerb China die Möglichkeit eröffnen, einen Teil der kritischen Infrastruktur Deutschlands sowie Europas politisch zu instrumentalisieren." Unter anderem Finanzminister Christian Lindner schloss sich der Kritik an. 

 

Scholz und Hafengesellschaft beschwichtigen

Kanzler Scholz, der früher Hamburger Bürgermeister war, verteidigte das Geschäft. Er halte die Entscheidung "für die Richtige", sagte der Bundeskanzler. Es gehe um ein Terminal einer Betreibergesellschaft in einem großen Hafen mit mehreren Betreibergesellschaften, also um sehr wenig. Er erklärte, es sei ein berechtigtes Anliegen zu sagen, dass es keinen falschen Einfluss auf Infrastrukturen geben dürfe. "Und das ist in diesem Fall in keiner Weise gegeben", so Scholz. 

Auch HHLA-Chefin Angela Titzrath wies Kritik zurück: "Die Zusammenarbeit zwischen HHLA und Cosco schafft keine einseitigen Abhängigkeiten. Im Gegenteil: Sie stärkt die Lieferketten, weil wir sie steuern." Laut Titzrath sollen die Details der Cosco-Beteiligung bis Ende des Jahres geklärt werden.

"Wir haben jetzt noch bis zum Ende des Jahres, diese jetzt vorgelegte Closing-Bedingungen miteinander zu besprechen, zu verhandeln und zum Abschluss zu bringen", sagte Titzrath. Ob die chinesische Staatsreederei der reduzierten Beteiligung und den strengeren Auflagen zustimmen wird, ist unklar. 

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte, die zuletzt öffentlich geäußerte Kritik "war in weiten Teilen geprägt von großer Unkenntnis über die Organisation und den Betrieb des Hamburger Hafens."

Kanzler zu Besuch in China

In der kommenden Woche will der Bundeskanzler zu einem geplanten Besuch nach China reisen. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte den Zeitpunkt - unter anderem mit Blick auf den Hamburger Hafen. Merz sagte der "Augsburger Allgemeinen", offenbar glaube der Kanzler noch immer an die Theorie vom Wandel durch Handel.

"Ihm fehlt die Bereitschaft, die Risiken, denen wir ausgesetzt sind, neu zu bewerten", kritisierte der Unionsfraktionschef. Über die Beteiligungen an europäischen Häfen bekomme China "einen kompletten Überblick über die Handelsströme in Europa". Mit Blick auf Widerstand auch innerhalb der Ampel-Regierung sagte Merz: "Scholz‘ einsame Entscheidung war ein schwerer strategischer Fehler." 

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