Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Zustimmung der Bundesregierung zum EU-Asylkompromiss als eine ihrer schwersten Entscheidungen bezeichnet. Es sei für sie „sicherlich einer der schwersten politischen Tage“ gewesen, „diese Abwägung zu treffen“, sagte sie am Samstag auf dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Sie habe sich gefragt: „Wie mache ich den Status Quo, die wirkliche Realität besser.“ Ziel sei es gewesen, „dass mehr Menschen human behandelt werden“. Dazu gehöre dann leider auch, „die bittere Wahrheit mit in Kauf zu nehmen, dass es für einige auch schlechter ist“.
Die mit Unterstützung der Bundesregierung vereinbarten Pläne für eine weitreichende Reform des EU-Asylsystems sehen zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen vor, um illegale Migration zu begrenzen. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Sie sollen künftig nach einem Grenzübertritt in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. In den Reihen von Baerbocks grüner Partei hatte der Asylkompromiss, den die EU-Institutionen nun als Gesetzestext ausarbeiten, für scharfe Kritik gesorgt.
Sie habe sich für den Kompromiss entschieden, „weil ein Nichthandeln keine Alternative ist“, sagte Baerbock bei einem Podiumsgespräch mit Alt-Bundespräsident Joachim Gauck zum Thema „Werte, Ethik, Interessen – Außenpolitisches Handeln in der Zeitenwende“. „Deutschland kann sich bei einem solchen Thema nicht enthalten“, sagte die Außenministerin. „Das hätte dazu geführt, dass Staaten wie Ungarn und Polen den Standard gesetzt hätten.“ Ohne den Kompromiss „hätte es wieder nationale Binnengrenzen gegeben“, sagte die Grünen-Politikerin. „Dann wäre die Konsequenz gewesen, dass jeder Staat gesagt hätte: Ich mache, was ich will.“
Scharfe Kritik von EVP-Chef Weber an den Grünen
Unterdessen hat der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, die Grünen für ihre ablehnende Haltung im Streit um den ausgehandelten EU-Asylkompromiss angegriffen. „Mit dieser grün-ideologischen Rechthaberei können wir Europa nicht zusammenhalten“, sagte der CSU-Politiker der Funke-Mediengruppe. „Endlich sind wir auf dem Weg zu einem lang ersehnten und dringend nötigen Kompromiss.“
Auch die EVP wünsche sich mehr, sei aber bereit, Verantwortung für Europa zu übernehmen und diesen wichtigen Schritt mitzugehen, sagte Weber demnach weiter: „Die Grünen wollen das offensichtlich nicht.“ Weber warf den Grünen vor, sie nähmen für sich in Anspruch, „Europa aktiv mitzugestalten“. Gleichzeitig seien sie aber regelmäßig nicht bereit, ausgehandelte Kompromisse mitzutragen, fuhr er fort. „Das passt nicht zusammen.“
Die Grünen im Europaparlament hatten Widerstand gegen die Reformpläne angekündigt. „Als Grüne im Europäischen Parlament halten wir den Ratsbeschluss nicht für tragfähig – sowohl, weil er Menschenrechtsstandards aushöhlt, als auch keine langfristig praktikablen Lösungen für eine nachhaltige gemeinsame europäische Asylpolitik liefert“, sagte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Terry Reintke, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Grünen würden für Verbesserungen kämpfen. „Am Ende werden wir nicht um jeden Preis eine Einigung unterstützen“, sagte Reintke weiter.
Die Grünen sind tief gespalten angesichts der Einigung der EU-Länder. Deutschland hätte dem Kompromiss in Luxemburg nicht zustimmen dürfen, kritisierte etwa Parteichefin Ricarda Lang. Auch aus der Grünen-Bundestagsfraktion kam scharfe Kritik. Die Grünen-Kabinettsmitglieder Annalena Baerbock und Robert Habeck sprachen ihrerseits von einem schwierigen Kompromiss, warben aber um Unterstützung.
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