Pirmasens ist pleite. Seit vielen Jahren ist die Kleinstadt in der Westpfalz eine der am stärksten verschuldeten Kommunen in Deutschland, mit mehr als 10.000 Euro pro Einwohner steht sie in der Kreide. An allen Ecken und Enden wurde schon gespart; sogenannte freiwillige Leistungen, zu denen etwa das Jugendhaus der Stadt zählt, machen nur noch fünf Prozent des Haushalts aus. „Die Zitrone ist bereits zweimal ausgepresst”, sagt Oberbürgermeister Markus Zwick. Nun kommen die am Wochenende beschlossenen Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst oben drauf.
Der „teuerste Tarifabschluss aller Zeiten“, so die Verhandlungsführer der Kommunen, kostet bundesweit 17 Milliarden Euro für 2023 und 2024, danach jährlich 13 Milliarden. Auf die 40.000-Einwohner-Stadt Pirmasens runtergerechnet, sind es zunächst 1,8 Millionen Euro Mehrkosten für dieses Jahr, danach 4,6, beziehungsweise 5,1 Millionen Euro für 2023 und 2024. Pirmasens führt das, wie Oberbürgermeister Zwick sagt, an die Schmerzgrenze. Woher soll das Geld kommen?
Noch mehr freiwillige Leistungen einsparen, das könne er nicht, sagt Zwick. Bei der Jugendarbeit zu kürzen führe zu mehr sozialen Problemen in einer sowieso schon gebeutelten Stadt. Die bereits recht hohen Gewerbesteuern zu erhöhen, wie es etwa das Land Rheinland-Pfalz fordert, könne Unternehmen dazu veranlassen, den Standort zu verlagern, was langfristig auch die Einnahmen der Stadt sinken lasse. Sehr wenige Spielräume, die zu noch mehr Schulden führen.
„Seit 30 Jahren werden wir finanziell im Stich gelassen“
Zwick ist auch Sprecher des Bündnisses „Für die Würde unserer Städte“, das verschuldete Kommunen vertritt, in denen nach eigenen Angaben zehn Millionen Menschen leben. „Seit 30 Jahren werden wir finanziell im Stich gelassen“, sagt er. Bund und Land verlangten von den Kommunen Leistungen, für die aber nicht der volle Preis gezahlt würde. Allein im Sozialbereich habe seine Stadt, die eine hohe Arbeitslosigkeit hat, ein jährliches Defizit von 30 Millionen Euro, das durch Kredite ausgeglichen werden müsse.
Pirmasens hatte einst eine florierende Schuhindustrie. Das ebenfalls hoch verschuldete Duisburg musste den Strukturwandel weg von Kohle und Stahl meistern – ist aber ein paar Schritte weiter. Seit 2014 gelingt es der Kommune, wieder ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Ebenfalls seit 2014 hat sie ihre Liquiditätskredite um rund 850 Millionen Euro auf rund 929 Millionen Euro verringern können – was sich angesichts schnell steigender Zinsen nun besonders auszahlt.
Mitte April konnte die Stadt einen großen Erfolg vermelden: Duisburg hat seinen Haushalt 2022 mit einem Plus von rund 190 Millionen Euro abgeschlossen. Die Stadt hat nun wieder Eigenkapital. Von 2024 an darf Duisburg endlich wieder wirtschaften, ohne zuvor die Genehmigung der Kommunalaufsicht einzuholen.
„Massive Belastung“ für kommunale Haushalte
„Die Wende bei den Duisburger Stadtfinanzen ist da. Die Überschuldung ist endlich beendet“, jubelte Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Die Elternbeiträge für Kitas und den Offenen Ganztag an Schulen hat die Stadt schon gesenkt, noch in diesem Jahr sollen die Bürger durch niedrigere Grund- und Gewerbesteuer weiter entlastet werden.
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