Jahreswechsel in Berlin und Brandenburg - Einsatzkräfte und Passanten in Berlin mit Böllern attackiert
In der Silvesternacht wurden Rettungskräfte in Berlin mehrfach mit Pyrotechnik angegriffen. Ein Löschfahrzeug wurde zudem schwer beschädigt. Am Rande der Silvesterparty am Brandenburger Tor kam es zu Festnahmen.
- Berlin: Einsatzkräfte und Passanten mit Pyrotechnik und anderen Gegenständen angegriffen
- mehr Einsätze der Feuerwehr als vor Corona, 15 Feuerwehrleute verletzt
- GdP fordert Böllerverbot
- mehr Einsätze auch in Brandenburg

In der Silvesternacht ist es in Berlin zu teilweise massiven Übergriffen auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr gekommen. Die Beamten wurden demnach mit Pyrotechnik und anderen gefährlichen Gegenständen angegriffen. 15 Feuerwehrleute seien verletzt worden. "Dieses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen und ich kann es nur auf das Schärfste verurteilen", sagte Landesbranddirektor Karsten Homrighausen.
Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein sagte dem rbb, dass man mit der Aggressivität nicht gerechnet habe. "In 14 Fällen wurden Löschfahrzeuge in Hinterhalte gelockt." In einigen Fällen hätten die Feuerwehrleute nur noch flüchten können.
Zahlreiche Angriffe auch gegen Polizeibeamte
So wurden zum Beispiel bei einem Brand in Lichtenrade Einsatzkräfte der Feuerwehr von Vermummten an einer brennenden Barrikade mit Latten und Pfefferspray attackiert. Bei weiteren Einsätzen seien Feuerwehrleute mit Schreckschusspistolen bedroht, sowie mit Bierkisten und Feuerlöschern beworfen worden. Bei Löscharbeiten hätten Personen gezielt mit Böllern und Raketen auf Einsatzkräfte geschossen, so die Feuerwehr. Einsatzfahrzeuge seien von Unbekannten gepündert worden. Bei einem Einsatz in der Hermannstraße in Kreuzberg sei ein Löschfahrzeug durch den "Beschuss durch Pyrotechnik" massiv beschädigt wurde. "Das ist eine neue Eskalationsstufe, das war Vorsatz,", sagte Feuerwehrsprecher Rolf Erbe in der Nacht dem rbb. In mehreren Fällen musste die Polizei Löscharbeiten absichern.
Auch die Polizei berichtete am Sonntagmorgen von mehreren Angriffen auf Beamte im gesamten Stadtgebiet. 18 Polizeikräfte seien dabei verletzt worden. Ein Beamter habe nach massivem Beschuss mit Pyrotechnik schwere Verbrennungen erlitten und sei zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus gekommen. Zum Teil seien Einsatzkräfte auch mit Eisenstangen, Steinen und Flaschen angegriffen worden. Insgesamt seien 103 Personen festgenommen worden, darunter 98 Männer und fünf Frauen. Es seien zahlreiche Ermittlungsverfahren überwiegend wegen Brandstiftungsdelikten, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Landfriedensbruchs sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet worden. "Es ist für mich unbegreiflich, wie man bewusst und gewollt andere Menschen derart in Gefahr bringen kann", sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Sie hoffe auf eine erfolgreiche Strafverfolgung auch dank Audswertung der eigesetzen Bodycams. "Auch rechtliche Neuerungen sollten wir uns anschauen und diskutieren. Es geht mir um die Sicherheit aller Menschen in der Hauptstadt", so die spd-Politikerin.
Gefährliche Angriffe auch auf Passanten
In Gropiusstadt seien die Scheiben eines Ladens regelrecht gesprengt. "Unsere Kollegen kamen schnell und wurden dann sprichwörtlich unter Beschuss genommen", twitterte die Polizei. Ein Beamter habe Verletzungen erlitten. In Mitte sei eine Frau durch einen Böller am Hals verletzt worden. Auch aus anderen Stadtteilen meldete die Polizei Einsätze im Zusammenhang mit Feuerwerk: "Idioten schießen gezielt mit Pyro auf Passanten in #Moabit." In Lankwitz sollen Jugendliche auf alles geschossen haben, "was sich bewegt".
Die Gewerkschaft der Polizei Berlin forderte in einer ersten Stellungnahme am Neujahrstag ein weitgehendes Böllerverbot. "Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird", kritisierte GdP-Landeschef Stephan Weh. Ein Verbot sei allerdings nur realistisch, wenn nicht erst im Dezember wieder darüber diskutiert werde, fügte er hinzu. Es brauche Verkaufsverbot für alle, die nicht beruflich und dementsprechend verantwortungsvoll mit Pyrotechnik hantierten. "Viele Baumärkte haben in diesem Jahr bereits klar Stellung bezogen, und auch die Bevölkerung ist dahingehend viel weiter, als man denkt", meinte Weh.
Festnahmen wegen Einsatz von Schreckschusspistolen
Auf der Straße des 17. Juni hinter dem Brandenburger Tor nahm die Polizei zudem mehrere Menschen fest. Meist sei dies geschehen, weil aus Schreckschusspistolen abgefeuert worden sei, sagte ein Polizeisprecher. Eine große Silvesterparty war rund eine Stunde nach Mitternacht dort beendet worden. In Berlin-Tiergarten waren vier Menschen in den Zoo geklettert und mussten von den Beamten herausgeholt werden.
Mehr Einsätze als in der letzten Silvesternacht vor Corona
Seit 19 Uhr am Samstagabend befand sich die Berliner Feuerwehr im "Ausnahmezustand Silvester". Bis Mitternacht seien bereits fast 680 Notrufe eingegangen, so ein Sprecher. Insgesamt wurden is zum Morgen des 1. Januar rund 1.700 Einsätze im Stadtgebiet von Berlin gezählt, darunter 749 Brände und 825 Rettungsdiensteinsätze, sowie 53 technische Hilfeleistungen. Das waren mehr Einsätze als in der Silvesternacht 2019/20. 22 Personen seien durch Feuerwerkskörper verletzt worden, hieß es.
In Wittenau löschte die Feuerwehr einen Vollbrand in einer Wohnung im fünften Stock eines siebengeschossigen Hochhauses. Vier Bewohner konnten sich selbst retten, drei von ihnen mussten ins Krankenhaus gebracht werden.
Bei einem Kellerbrand in Berlin-Lichtenrade wurden drei Menschen verletzt. In der Urbanstraße in Berlin-Kreuzberg stand ebenfalls ein Keller in Flammen. Elf Menschen sowie mehrere Haustiere wurden von der Feuerwehr gerettet. In Britz brannte der Dachstuhl eines Mehrfamilienhauses großflächig.
Viele Einsätze auch in Brandenburg
Auch in Brandenburg hat es in der Nacht von Samstag auf Sonntag mehrere Brände und Sachbeschädigungen gegeben. In Ahrensfelde (Barnim) stand am frühen Sonntagmorgen ein Garagenkomplex in Flammen. Wie die Polizei dem rbb mitteilte, wurden dabei 16 Garagen zerstört. Das Feuer konnte am frühen Morgen gelöscht werden. Die Ursache ist noch nicht bekannt.
In Wustermark (Havelland) ist am Bahnhof ein Fahrkartenautomat durch Feuerwerksböller beschädigt worden. Laut Polizei ist der Automat derzeit außer Betrieb.
In Potsdam-Babelsberg haben kurz nach Mitternacht etwa 20 Feiernde die Scheiben von zwei Straßenbahnen eingeschlagen.
Die Brandenburger Polizei meldete am Sonntagmittag, dass in der Silvesternacht insgesamt rund 600 Einsätze bewältigt worden seien, deutlich mehr als in den Silversternächten der vergangenen beiden Jahre. So habe es 27 Ruhestörungen, 59 Einsätze im Zusammenhang mit Pyrotechnik und Sachbeschädigungen sowie 74 Körperverletzungsdelikte gegeben. Zudem seien 855 Notrufe eingegangen.
Zwei Verletzte nach Explosion in Wohnhaus
Bereits im Verlauf des Silverstags hatte es mehrere Unfälle gegeben. In Teupitz (Dahme-Spreewald) kam es zu einer schweren Explosion im Keller eines Wohnhauses. Offenbar hatten zwei Männer mit Pyrotechnik hantiert. Beide mussten in Krankenhäuser gebracht werden, einer von ihnen wurde schwer verletzt.
Polizei, Feuerwehren und Krankenhäuser hatten bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass sie in diesem Jahr mit einem besonders intensiven Jahreswechsel rechnen. Einige Kliniken haben in der Silvesternacht mehr Chirurgen eingeplant, als normal.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.01.2023, 7:30 Uhr
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