
Kraftstoff lässt sich auch aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewinnen
Foto: Daniel Acker / Bloomberg / Getty ImagesDie Bundesregierung wird die Nutzung von Agrarprodukten als Kraftstoffzusatz einschränken – das hat Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mitgeteilt. Sie arbeite gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium daran, den Einsatz sogenannter Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen zu reduzieren, sagte Lemke der »Augsburger Allgemeinen«.
Auslöser für diesen Schritt sei der Krieg in der Ukraine. »Agrarflächen sind weltweit begrenzt, wir brauchen sie dringend für die Ernährung, das führt uns der Krieg in der Ukraine dramatisch vor Augen«, sagte die Politikerin. Landwirtschaftlich nutzbare Flächen sollten für die Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden, und nicht für den Tank.
Nach Angaben des Bundesumweltministeriums laufen die Beratungen dazu noch. Details und einen konkreten Rahmen für die Verringerung könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genannt werden. Lemke verwies darauf, dass Palmöl ab 2023 nicht mehr als Bio-Kraftstoffzusatz im Diesel anerkannt werde. Sie wolle nun auch den weiteren Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen reduzieren.
Aktuell werden bei Diesel meist sieben Prozent Pflanzenölerzeugnisse zugesetzt. Benzin wird in der Regel mit fünf bis zehn Prozent Bioethanol versetzt, das normalerweise aus Getreide und Rüben gewonnen wird. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die CO₂-Bilanz zu senken.
Özdemir und Schulze unterstützen das Vorhaben
Doch darüber, wie nachhaltig die Beimischung von Biokraftstoffen tatsächlich ist, wird seit Längerem debattiert. »Es ist nicht nachhaltig, Weizen und Mais in den Tank zu schütten«, hatte etwa Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Ende März gesagt. Mit den Erzeugnissen auf den Flächen, die weltweit für diese Praxis bepflanzt würden, könne man hungernde Menschen ernähren.
Ähnlich äußerte sich Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). »Allein in Deutschland dienen fünf Prozent der Ackerfläche der Biospritproduktion. Wenn es gelingt, diese Flächen Schritt für Schritt für die Nahrungsmittelproduktion zu gewinnen, wäre das ein Gewinn für die Ernährungssicherheit»«, sagte sie dem »Handelsblatt«.
Nach Angaben des Umweltministeriums deckt Biosprit aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen in diesem Jahr etwa vier Prozent des Energieverbrauchs im Straßenverkehr. »Diese Energiemenge entspricht etwa 9,8 Millionen Tonnen an Rohstoffen wie Weizen, Raps, Mais und Soja«, hieß es vom Ministerium dazu.
Allerdings wies die Behörde auch darauf hin, dass nur etwa neun Prozent der Nahrungs- und Futtermittel, die für die eingesetzten Biokraftstoffe benötigt würden, direkt aus Deutschland stammten. Die restliche Menge werde im Ausland angebaut und importiert. In Deutschland werde allerdings »viel Biokraftstoff für den Export« hergestellt.
Kritik aus der Industrie
Kritik an den Regierungsplänen wurde aus der Opposition laut. »Biokraftstoffe verringern den Bedarf an fossilen Kraftstoffen deutlich und leisten damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und weniger Abhängigkeiten«, sagte CSU-Politiker Andreas Lenz.
Auch in der Industrie regte sich Widerstand. »Aufgrund der hohen Agrarpreise wird die Produktion bereits jetzt deutlich eingeschränkt. Die Ministerin will also etwas gesetzlich regeln, auf das der Markt bereits reagiert hat«, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Baumann bezeichnete Biokraftstoffe als einen wesentlichen Baustein für Klimaschutz im Mobilitätssektor.
Ende März hatte die Umweltschutzorganisation »Transport & Environment« eine Studie zu Biokraftstoffen veröffentlicht – mit eindeutigem Ergebnis. »Die große Mehrheit der in der EU verwendeten Biokraftstoffe« wird demnach aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellt, die auch als Lebensmittel dienen könnten. Da Russland und die Ukraine wegen des Kriegs als »wichtige Lieferanten von Grundnahrungsmitteln« auszufallen drohten, sei es »unverantwortlich«, die Erzeugnisse für die Spriterzeugung zu verwenden.
Derzeit würden in Europa »täglich 10.000 Tonnen Weizen« – umgerechnet 15 Millionen Laib Brot – zu Ethanol für Autos verarbeitet, berechnete die Organisation.
https://ift.tt/feVO6kM
Deutschland
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Kraftstoffzusatz aus Pflanzen: Umweltministerin Lemke will Biosprit-Produktion einschränken - DER SPIEGEL"
Post a Comment