Kritiker der Corona-Politik haben den zweiten Tag in Folge in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) protestiert. Rund 350 Menschen seien am Montagabend in einem Abstand von 50 bis 100 Metern am Haus des Regierungschefs in Sigmaringen vorbeigelaufen, bestätigte ein Sprecher der Polizei. Am selben Abend kam es auch zu einem Fackelzug in Sachsen-Anhalt vor dem Haus des Halberstädter Oberbürgermeisters Daniel Szarata (CDU).
Nach einem Bericht der „Magdeburger Volksstimme“ zündeten die Demonstranten am Montagabend in Halberstadt im Harz auch Bengalos vor dem Wohnhaus von Szarata und sorgten für beängstigende Szenen. An dem Corona-Protest hatten sich demnach knapp 700 Menschen beteiligt. Ein Polizeisprecher konnte am Dienstagmorgen noch keine näheren Angaben zu dem Vorfall vor dem Wohnhaus machen. Ob der Oberbürgermeister zu dem Zeitpunkt zu Hause war, blieb zunächst offen.
Nach Polizeiangaben ist der nicht angemeldete Aufmarsch von Rechtsextremen angeführt worden. Die Polizei berichtete von etwa 25 Personen der rechtsextremen Gruppierung der sogenannten Harzrevolte, die maßgeblich beteiligt gewesen seien.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat den Aufzug als „rote Linie“ bezeichnet. Der Vorfall am Montag vor dem Privathaus des Oberbürgermeisters stelle einen Tabubruch dar und sei auf das Schärfste zu verurteilen, betonte Haseloff. „In unserer Gesellschaft darf es keinen Platz für Hass, Hetze und Einschüchterungen geben.“ Haseloff sagte, seine uneingeschränkte Solidarität gelte Szarata und seiner Familie.
Aufmärsche vor Privathäuser der Politiker überschreiten „rote Linie“
Auch Ministerpräsident Kretschmann äußerte sich zu den Demonstrationen. Er hält Aufmärsche vor privaten Wohnhäusern von Amtsträgern für nicht vereinbar mit der Demokratie. „Demos vor Wohnhäusern von Politikerinnen und Politikern gehen mal überhaupt gar nicht“, sagte er am Dienstag in Stuttgart.
Wer so etwas mache, verkenne den Charakter der Demokratie, in der strikt zwischen der Privat- und der Amtsperson unterschieden werde, sagte Kretschmann. Deshalb überschritten Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern „sofort eine rote Linie“. Das könne in keiner Weise geduldet werden. Die, die das machten, zeigten, dass sie mit der Demokratie auf Kriegsfuß stünden – oder sie mindestens nicht verstanden hätten.
Rund 350 Kritiker der Corona-Politik waren nach Polizeiangaben am Montagabend in einem Abstand von 50 bis 100 Metern am Haus des Regierungschefs vorbeigelaufen. Für ein paar Minuten hätten sie angehalten und ein Trillerpfeifenkonzert angestimmt. Bereits am Sonntag hatten rund 60 Demonstranten versucht, zu dem Wohnhaus Kretschmanns vorzudringen.
Er selbst sei nicht zu Hause gewesen, aber seine Frau Gerlinde sei nach Hause gekommen, habe viel Polizei gesehen und sei ziemlich erschrocken, sagte Kretschmann. Es sei noch schlimmer, wenn die Familie einbezogen würde. Die Lage werde nun auch im Internet genau beobachtet, sagte der Regierungschef mit Blick auf mögliche weitere Proteste rund um sein Haus. Er sagte aber, seine Frau und er fühlten sich „gut behütet und beschützt“ von Polizei und Sicherheitsbehörden.
Bereits am Sonntag hatten rund 60 Demonstranten versucht, zu dem Wohnhaus Kretschmanns vorzudringen. Eine kleine Gruppe habe dabei versucht, eine Absperrung der Straße umgehen. Dies sei jedoch verhindert worden. Kretschmann war am Sonntag nicht daheim. Der Vorfall rief viel politische Empörung hervor. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) warf den Demonstranten „Psychoterror“ vor.
In der Pandemie ist es mehrfach vorgekommen, dass der Protest von Gegnern der Corona-Maßnahmen vor die Wohnhäuser von Politikerinnen und Politikern getragen wurde, betroffen waren vor allem Thüringen und Sachsen. Für bundesweite Aufmerksamkeit sorgte etwa ein Fackel-Aufmarsch vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) Anfang Dezember. Kretschmann hatte den Vorfall damals scharf verurteilt. Im Januar zogen Teilnehmer eines unangemeldeten Protests am Haus von Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) vorbei.
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