Search

Wenig Masken und Reichsbürger-Symbolik: "Mega-Demo" in Nürnberg deutlich kleiner als erwartet - Nordbayern.de

Die Stadt hatte sich auf eine Großdemonstration mit bis zu 40.000 Teilnehmern eingestellt, die Polizei sich intensiv vorbereitet: Nachdem die Veranstalter aus der Querdenker-Szene in den sozialen Netzwerken nicht nur europaweit mobilisiert, sondern weiterhin auch einen Protestzug beworben hatten, den die Stadt im Vorfeld per Allgemeinverfügung allerdings untersagt hatte, war unklar, was sich am 30. Januar in Nürnberg abspielen würde. Auch deshalb war die Polizei mit einem Großaufgebot nicht nur vor Ort am Volksfestplatz präsent, sondern auch im weiteren Stadtgebiet.


Gegen 14.30 Uhr, eineinhalb Stunden nach Beginn der Veranstaltung, gab die Polizei dann eine Schätzung zur Personenanzahl bei der als "Mega-Demo" angekündigten Veranstaltung ab. Rund 3500 bis 4000 Personen seien derzeit am Volksfestplatz versammelt. Von den angemeldeten 40.000 war das weit entfernt.

Auch diesmal versammelten sich - wie schon bei anderen Protest-Demos gegen Corona-Maßnahmen - Menschen mit den unterschiedlichsten Anliegen: Von Geimpften, die lediglich gegen eine Impfpflicht sind, über junge Mütter bis hin zu Mitgliedern rechtsextremer Bewegungen und aus dem Reichsbürger-Milieu. Umgedrehte Deutschland-Flaggen, ein Symbol der Reichsbürger-Bewegung, waren mehrfach zu sehen.

Heftige Kritik auf Twitter

Die Versammlung am Volksfestplatz, die die querdenkernahe Gruppierung "Schüler stehen auf" angemeldet hatte, ist vor allem wegen des Zeitpunkts auf heftige Kritik gestoßen. Sie fand am Jahrestag der Machtergreifung Adolf Hitlers statt. Am 30. Januar 1933 war Hitler von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden. Die Bewegung Querdenken sei da angekommen, wo sie hinwolle: auf das Reichsparteitagsgelände, schrieb etwa der Schauspieler Marcus Mittermeier auf Twitter. Auch andere Nutzer der Plattform Twitter hatten den Ort kritisiert.

Die Redner auf der kleinen Bühne waren denn auch in ihren Aussagen nicht zurückhaltend. Man müsse sich jetzt "selbst ermächtigen" und gegen die Entscheidung der Regierenden vorgehen, kündigte der Versammlungsleiter an. "Wir dürfen erst zufrieden sein, wenn alle politischen Sklaventreiber abgedankt haben", sagte später der Passauer Frauenarzt Ronald Weikl.
Er war überregional als Gegner der Corona-Auflagen bekannt geworden. Gegen ihn ermittelte die Staatsanwaltschaft, weil er Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ohne vorherige Untersuchung der Patienten ausgestellt haben soll. Im Februar muss er sich deswegen vor Gericht verantworten.

Allerdings hatten sich auch einige Gegendemonstranten mit "Nazis raus"-Schildern positioniert. An den Absperrzäunen rund um die Kongresshalle und auf dem Boden hatten Gegner der Querdenker-Bewegung Plakate mit Sprüchen wie "Bildung statt Fake News" oder "Egoismus ist keine Freiheit" aufgehängt und Aufforderungen wie "Lasst Euch impfen" mit Kreide auf den Boden rund um den Volksfestplatz geschrieben.
Die Polizei hatte sich auf einen Ansturm an Demonstranten vorbereitet und war mit einem Großaufgebot zum Volksfestplatz gekommen. Allerdings ließ Einsatzleiter Herbert Donner auch eine Vielzahl an Mannschaftsfahrzeugen an einigen Stellen in der Südstadt und der Altstadt positionieren und durch die Straßen streifen.

Das hatte einen Grund: Die Stadt hatte in der vergangenen Woche zur Auflage gemacht, dass diese seit Wochen in den sozialen Netzwerken massiv beworbene Kundgebung ausschließlich stationär stattfinden dürfe - anders, als sich der Veranstalter das vorgestellt hatte. Er plante einen Protestzug vom Volksfestplatz durch die Südstadt und zurück. In einer Allgemeinverfügung hatte die Stadt überdies unangemeldete Protestmärsche (verharmlosend auch "Spaziergänge" genannt) verboten.

Außerdem galt auf dem Volksfestplatz auch eine Maskenpflicht. Doch daran hielten sich die Wenigsten. Einsatzkräfte forderten die Demonstranten schon an den Eingängen auf, Masken aufzusetzen. Doch viele nahmen die Mund-Nase-Bedeckung kurze Zeit später wieder ab. Auf dem Platz mischten sich Kommunikationsteams der Polizei unter die Teilnehmenden, sprachen Leute an und machten sie auf die Maskenpflicht aufmerksam. "Bei uns steht die Aufklärung über die Pflicht im Vordergrund, nicht die Sanktion", erklärt Polizeisprecher Michael Konrad.

Noch vor Beginn der Veranstaltung zog die Polizei den Fahrer eines Autos aus dem Verkehr. Grund dafür waren wohl die Bemalungen seines Fahrzeuges: Neben der Aufschrift "Olizei ACAB" war auf der Motorhaube ein Symbol zu sehen, welches stark an ein Hakenkreuz erinnerte.

Redebeiträge gab es unter anderem vom Polizisten Bernd Bayerlein, der Dienstgruppenleiter der PI Weißenburg war, immer wieder bei Kundgebungen von Gegnern der Corona-Politik auftritt und 2020 wegen seiner hetzerischen Aussagen auf Querdenker-Demos vom Dienst suspendiert wurde. Das Disziplinarverfahren gegen ihn läuft nach Angaben des Präsidiums noch. "Die Leute haben durchschaut, dass es nicht nicht um die Volksgesundheit geht, sondern, dass man uns kontrollieren will", sagte er am Sonntag. Die Solidarität sei Totalitarismus, so der 50-Jährige.

Man lasse sich nichts mehr vorschreiben sagte ein Ehepaar, dass aus der Hofer Gegend angereist war. Der massive Druck, sich impfen zu lassen, habe ihre minderjährige Tochter fast in den Selbstmord getrieben, klagte die Mutter. Es gehe nun darum, ein "totalitäres Regime" zu verhindern, dem "unsere Grundrechte im Weg sind", sagte ihr Mann.
Wie die beiden Oberfranken waren viele Teilnehmer gekommen, um gegen eine (mögliche) Impfpflicht zu demonstrieren. Junge Mütter, ältere Paare und Jugendliche aus der Region versammelten sich mit wenig Abstand vor der Bühne, obwohl die Polizei mit Leuchtschrift auf ihren Mannschaftswagen immer wieder auf Maskentragepflicht und Abstandsgebot hinwies. Weil auf zwei Plakaten verharmlosende Vergleiche mit dem Dritten Reich gezogen wurden, ermittelt die Polizei jetzt in zwei Fällen gegen Volksverhetzung. Insgesamt vier Anzeigen wurden erstattet.

Demo szenenintern als Flop gewertet

Die Gruppe "Schüler stehen auf", die zusammen mit der Vereinigung "Bayern steht zusammen" aus Landshut die Veranstaltung durchführte, wies darauf hin, man grenze sich von "jeder Form von Rechts- und Linksextremismus" ab. Auch ein Plakat mit dem Hinweis "Nazis" raus wurde hochgehalten. Dennoch waren zahlreiche Mitglieder rechter und rechtsextremer Vereinigungen vor Ort, darunter auch Reichsbürger und Vertreter der Identitären Bewegung.

Gegen 15.45 Uhr, früher als erwartet, erklärte dann der Versammlungsleiter die Veranstaltung für beendet. Und schon vorher hatten sich einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer - wohl auch wegen der Kälte - wieder auf den Heimweg gemacht. Die Befürchtung, dass sich die Versammlung doch noch in Bewegung setzen könnte oder zumindest einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer doch noch "Spaziergänge" Richtung Innenstadt unternehmen könnten, bewahrheitete sich nicht.

Szeneintern wurde die Demonstration vielfach als Flop gewertet. Auf Telegram schrieb ein User: "Wo wart ihr alle? Ich war da wo wart ihr? Enttäuschung pur!" Mehrere regionale Querdenker-Gruppen wie das Team Menschenrechte und Querdenken911 waren bereits im Vorfeld auf Distanz zur "Schüler stehen auf"-Versammlung gegangen, worauf es zu Streitigkeiten kam. Noch im Dezember hatten Aktive des "Team Menschenrechte" bei einer Demonstration von "Schüler stehen auf" Ordnerkräfte gestellt.

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Wenig Masken und Reichsbürger-Symbolik: "Mega-Demo" in Nürnberg deutlich kleiner als erwartet - Nordbayern.de )
https://ift.tt/WfgTObJtF
Deutschland

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Wenig Masken und Reichsbürger-Symbolik: "Mega-Demo" in Nürnberg deutlich kleiner als erwartet - Nordbayern.de"

Post a Comment

Powered by Blogger.