Die Ausweitung der deutschen Reisewarnungen für Spanien stößt dort auf gemischte Reaktionen. Experten glauben, dass sich der Schaden für die spanische Tourismusbranche in Grenzen halten wird.
Von Oliver Neuroth, ARD-Studio Madrid
Madrid war der spanische Hotspot im Frühjahr. Nirgendwo sonst im Land starben so viele Menschen im Zusammenhang mit Covid-19, nämlich fast 8.500. Nun entwickelt sich die Hauptstadtregion wieder zu einem der Corona-Zentren: Die Gesundheitsbehörden haben innerhalb der vergangenen Woche 80 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner registriert; ab 50 neuen Fällen spricht Deutschland von einem Risikogebiet. Dass Madrid nun dazu gehört, findet Bewohnerin Claudia verständlich.
"Klar, Spanien lebt vom Tourismus. Aber wichtiger ist die Gesundheit. Vielleicht sollte man jetzt eher aufs Reise verzichten, in seinem Land bleiben, und damit Verantwortung für seine Mitmenschen zeigen."
Federico sieht es anders: Er hält die deutsche Reisewarnung für übertrieben.
"Das Reisen sollte nicht eingeschränkt werden, die Kontrollen müssen entsprechend gut sein: Sicherheitsabstand, Maskentragen. Ich glaube nicht, dass die Lage in Spanien so dramatisch ist, dass der Reiseverkehr eine Gefahr mit sich bringt."
Kostenlose Stornierung für Urlauber
Die Corona-Fallzahlen haben inzwischen in fünf spanischen Regionen kritische Werte überschritten: In Katalonien, Aragón, Navarra, dem Baskenland und Madrid. Vor Reisen dorthin warnt nun das Auswärtige Amt; Urlauber können Flüge und Hotels also kostenlos stornieren. Doch der Schaden für die Tourismusbranche dürfte sich in Grenzen halten, sagt Wirtschaftswissenschaftler José Carlos Díez.
"Der Tourismus aus Deutschland konzentriert sich im Sommer auf die Balearischen Inseln und die Mittelmeerküste - zwischen Barcelona und Málaga. Im Winter sind die Kanaren ein beliebtes Ziel von Deutschen. Für diese Gebiete sähe es also schlecht aus. Aber die aktuellen Corona-Hotspots haben dagegen eher wenig Tourismus."
Doch auch auf den Balearen mit seiner Hauptinsel Mallorca steigen die Fallzahlen: Innerhalb der vergangenen Woche wurden 32 neue Corona-Fälle auf 100.000 Einwohner gemeldet. Anfang des Monats waren es noch weniger als zehn.
Opferzahlen geringer als im Frühjahr
Dass fast überall in Spanien die Corona-Infektionen jetzt ansteigen, erklären Wissenschaftler mit dem sozialen Leben der Menschen: Seit Ende des Lockdowns im Juni hätten viele wieder Bekannte und Verwandte getroffen - oft ohne Mundschutz und Abstand, sagt Miguel Otero vom Politik-Thinktank Elcano in Madrid. Küsse und Umarmungen gehörten bei Begrüßungen dazu. Gerade junge Spanier lebten nach dem Motto:
"Ich bin jung, mir kann nichts passieren, es ist Sommer, es ist heiß, ich will meine Freunde treffen, ich will feiern. Diese sozialen Elemente, die Spanien hat, haben wahrscheinlich gemacht, dass die Inzidenz des Virus hier wieder größer ist."
Immerhin: Die Virusausbrüche rund um Barcelona, die tagelang in Spanien für Schlagzeilen sorgten, scheinen einigermaßen unter Kontrolle zu sein. Inzwischen steigt die Zahl der Neuinfizierten in diesem Gebiet weniger schnell an. Und: Die spanischen Behörden melden deutlich weniger Corona-Tote als im Frühjahr. Waren es damals viele ältere, sind nun vor allem junge Menschen infiziert, die die Krankheit Covid-19 besser wegstecken.
August 12, 2020 at 08:26AM
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