Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken ist ungeachtet massiver Kritik an Masha Gessen verliehen worden. Der Bremer Senat und die Böll-Stiftung hatten die Teilnahme aus Protest gegen Äußerungen Gessens zum Nahost-Konflikt abgesagt.
In Bremen hat vor gut 50 Gästen die umstrittene Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an Masha Gessen stattgefunden. Die ursprünglich für Freitag im Rathaus geplante Veranstaltung war nach Kritik an Äußerungen Gessens abgesagt worden und wurde nun im kleineren Rahmen in einem Veranstaltungsraum im Steintorviertel nachgeholt.
Mit der Verlegung reagierte der Trägerverein auf den Rückzug der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bremer Senats von der Preisverleihung. Auslöser waren Äußerungen Gessens in einem Artikel im US-amerikanischen Magazin "The New Yorker" vom 9. Dezember. Darin soll Gessen die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglichen und unterstellt haben, dass Israel das Ziel habe, Gaza wie ein Nazi-Ghetto zu liquidieren.
Die ursprünglich für Freitag im Bremer Rathaus geplante Veranstaltung war nach Kritik an Äußerungen Gessens abgesagt worden und wurde nun im kleineren Rahmen nachgeholt.
"Ein unsäglicher Vergleich"
Dies sei kein Angebot zur offenen Diskussion und helfe nicht, den Konflikt im Nahen Osten zu verstehen, hieß es in der Mitteilung der Böll-Stiftung. "Diese Aussage ist für uns nicht akzeptabel und wir weisen sie zurück." Zuvor hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Bremen Bedenken geäußert und den Vergleich als befremdlich bezeichnet.
Auch Bremens Vize-Regierungschef Björn Fecker hatte sich distanziert: "Das ist ein unsäglicher Vergleich, der eine rote Linie überschreitet", teilte der Grünen-Politiker nach Bekanntwerden der Kritik mit. Er sagte die geplante Preisverleihung in der Oberen Rathaushalle ab.
Die Entscheidung der Jury für Gessen war bereits im Sommer gefallen. Ausschlaggebend sei das journalistische Engagement für die Berichterstattung über Russland gewesen, hieß es. Ein Mitglied der Jury erklärte am Donnerstag, es habe damals keinen Anlass gegeben, "ihre Haltung zu dem Israel-Thema zu überprüfen". Auch in dem umstrittenen Artikel bemühe sich Gessen um "einen differenzierten Blick auf den Konflikt". Es fehle jedoch eine Einordnung der Terrororganisation Hamas. Darüber gelte es nun mit Gessen zu diskutieren.
Gessen wurde 1967 in Moskau geboren und war 1981 in die USA emigriert. Gessen lebt in New York und schreibt über politische Strömungen und Konflikte in der US-amerikanischen sowie in der russischen Gesellschaft.
Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken wurde 1994 gestiftet. Damit werden Menschen geehrt, die in der Tradition der jüdischen deutsch-US-amerikanischen Politologin zu öffentlichem politischem Denken und Handeln beitragen. Das Preisgeld von 10.000 Euro wird von der Böll-Stiftung und der Stadt Bremen gestiftet.
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