Bildungs- und Sozialverbände haben sich empört angesichts der jüngsten Äußerung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zum Thema Kindergrundsicherung gezeigt. "Ich halte es für unsäglich, wenn der Finanzminister nun anfängt, arme Kinder aus Deutschland auszuspielen gegen die Kinder, die mit ihren Familien aus der Ukraine zu uns flüchten mussten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, der Stuttgarter Zeitung.

Lindner hatte beim Tag der offenen Bundesregierung am Sonntag einen Zusammenhang zwischen Kinderarmut und Zuwanderung hergestellt. "Hilft man ihnen am besten dadurch, dass man den Eltern mehr Geld aufs Konto überweist?", fragte Lindner und stellte die Frage, ob es nicht zumindest diskussionswürdig sei, stärker "in die Sprachförderung und Integrationsfähigkeit der Eltern zu investieren".

Schneider sagte, natürlich brauche es für diese Familien besondere Angebote und es sei auch richtig, dass Eltern befähigt werden sollten, in Arbeit zu kommen. "Das darf doch aber kein Argument sein, um Kinder in Armut zu belassen", fügte er hinzu. "Man bekommt schon den Eindruck, als wolle der Finanzminister das Projekt der Kindergrundsicherung torpedieren."

"Affront gegen von Armut betroffene Kinder"

Auch Gerhard Brand, Chef des Verbandes Bildung und Erziehung, kritisierte, der Vorstoß des Bundesfinanzministers sei "ein Affront gegen von Armut betroffene Kinder". Die finanzielle Absicherung von Kindern gegen Integrationsmaßnahmen für die Eltern auszuspielen, werde den Problemen nicht gerecht. "Kindergrundsicherung versus Sprachkurs: So einfach ist es eben nicht", betonte Brand. Beides sei wichtig. "Armutsbekämpfung braucht eine breite Palette an Angeboten."

"Die Kindergrundsicherung ist ein ganz wichtiges sozialpolitisches Projekt der Bundesregierung. Sie muss – gut ausfinanziert – so schnell wie möglich kommen", sagte Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Lindner entfache lediglich eine "Nebelkerzendiskussion". Die Folgekosten für ein Scheitern der Kindergrundsicherung seien ein Vielfaches höher, als wenn man jetzt in Familien und Kinder investiere, betonte Siebernik.

Die Kindergrundsicherung soll bisherige familienpolitische Leistungen zusammenfassen und das Verfahren für deren Bezug erleichtern. Die entsprechenden Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) werden seit Wochen kontrovers diskutiert. Lindner sieht sie kritisch.