Frankfurt am Main/Berlin. Bei der Deutschen Bahn droht in den nächsten Wochen kein unbefristeter Streik. Bei der Urabstimmung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG haben sich weniger als 50 Prozent der Abstimmungsbeteiligten für einen solchen Arbeitskampf ausgesprochen, wie die EVG am Nachmittag mitteilte. Für einen unbefristeten Streik wäre eine Zustimmung von 75 Prozent nötig gewesen.
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Entscheidung der Bahn-Gewerkschaft: Kein unbefristeter Streik
Aufatmen für alle Pendelnden: Bei der Deutschen Bahn droht in den nächsten Wochen kein unbefristeter Streik.
© Quelle: dpa
Im Umkehrschluss ist der monatelange Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn damit nun beendet. 52,3 Prozent sprachen sich in der Urabstimmung für eine mühsam ausgehandelte Schlichtungsempfehlung aus. Die Gewerkschaft hatte angekündigt, diesen Schlichterspruch bei einer Zustimmung von mindestens 25 Prozent anzunehmen.
EVG-Chef Martin Burkert sagte: Für Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen gebe es nun Lohnerhöhungen von vielfach mehr als 50 Prozent. Zudem gebe werde schon im Oktober eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro überwiesen. Ferner seien die Lohn- und Gehaltsunterschiede zwischen Ost- West fast vollständig ausgeglichen worden.
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DB-Vorstand zu Tariflösung: Verlangt uns wirtschaftlich sehr viel ab
Die Deutsche Bahn reagierte erfreut auf das Urabstimmungsergebnis. „Es ist für alle eine gute Nachricht, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten eine Tarifeinigung erzielt haben. Mit diesem Abschluss erkennen wir die exzellente Leistung unserer Mitarbeitenden an. Auch wenn er uns wirtschaftlich sehr viel abverlangt“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler am Montag laut einer Mitteilung.
Der Weg zur Einigung sei anspruchsvoll gewesen, sagte Seiler. „Aber insgesamt gibt es jetzt eine gute Lösung. Unsere Mitarbeitenden bekommen endlich mehr Geld, wir haben wieder Planungssicherheit und unsere Fahrgäste ebenfalls.“ Und weiter: „Dieser Abschluss sichert auch unsere Zukunftsfähigkeit, damit wir die Transformation gemeinsam gestalten und erfolgreich meistern können.“
DB-Personalvorstand Martin Seiler.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Seit Februar Tarifstreit zwischen Bahn und EVG
Die EVG und die Deutsche Bahn stecken seit Ende Februar im Tarifkonflikt, zweimal legte die Gewerkschaft in dieser Zeit mit Warnstreiks den Zugverkehr nahezu komplett lahm. Ein dritter Warnstreik wurde vom Arbeitsgericht in Frankfurt am Main verhindert. Nach dem Gerichtstermin kamen die Verhandlungen besser voran, letztlich scheiterten sie aber im Juni. Beide Seiten verständigten sich dann mit zwei Schlichtern auf den nun vorliegenden Kompromiss.
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Dieser sieht eine Entgelterhöhung von 410 Euro pro Monat in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 25 Monaten vor. Die erste Stufe von 200 Euro soll ab Dezember gezahlt werden, die zweite ab August des kommenden Jahres. Für einzelne Berufsgruppen wurden zudem strukturelle Erhöhungen in den Tariftabellen vereinbart, die nach der Vertragslaufzeit angewendet werden. Die Einkommen von gut 70.000 Beschäftigten werden sich damit noch einmal deutlich erhöhen. Der EVG-Bundesvorstand hatte nach hitzigen Diskussionen den Mitgliedern empfohlen, den Schlichterspruch anzunehmen.
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Es gab jedoch in der EVG auch einige Sorgen, dass nicht allzu viele Mitglieder bei der Urabstimmung für die Schlichtungsempfehlung votieren würden. Sogar das jetzige Ergebnis mit mehr als 50 Prozent Zustimmung galt zuletzt nicht als sicher. In den vergangenen Wochen hatten viele Mitglieder betont, dass sie mit dem Schlichtungsergebnis nicht einverstanden sind. Die rund 52 Prozent geben der Gewerkschaftsführung aber nun zumindest die Sicherheit, dass die Schlichtung mit einer Mehrheit der Abstimmungsteilnehmerinnen und -teilnehmer im Rücken unterschrieben werden kann. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,3 Prozent.
Wechseln EVG-Mitglieder nun zur GDL?
Allerdings dürften damit die Konflikte innerhalb der Gewerkschaft nicht aus der Welt sein. Die EVG-Führung hatte bei ihren Mitgliedern enorm hohe Erwartungen geschürt. Denn die ursprüngliche Forderung war 650 Euro mehr für jeden und jede, und zwar bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten. Und dann gibt noch die sogenannten strukturellen Erhöhungen, von denen bestimmte Berufsgruppen profitieren, da ihnen nun dauerhaft höhere Tabellenentgelte zugute kommen. Damit wollte die EVG vor allem den Beschäftigten in Lohngruppen mit einer relativ geringen Bezahlung einen Gefallen tun. Nun ist aus Gewerkschaftskreisen zu hören, dass die Verärgerung bei Kolleginnen und Kollegen, die davon nicht profitieren, besonders groß sein soll. Ein dicker Riss gehe durch die Gewerkschaft, heißt es von vielen.
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Schließlich haben 47,7 Prozent haben dem Ergebnis der Schlichtung nicht zugestimmt. Hierbei handelt es sich vielfach um höher Qualifizierte mit entsprechenden Gehältern. Ausgerechnet Lokführerinnen und Lokführer gehören dazu. „Es bedarf jetzt vieler persönlicher Gespräche, um die Unzufriedenen wieder einzufangen“, fordert Karsten Ulrichs, stellvertretender Sprecher der Zentralen Fachgruppe Lokfahrdienst. Insbesondere für diese Berufsgruppe ist auch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zuständig. Die Rivalitäten der beiden Arbeitnehmerorganisationen haben sich im aktuellen Tarifkonflikt noch verschärft. Es wird bereits gemutmaßt, dass EVG-Mitglieder in größerer Zahl nun die Fronten wechseln könnten.
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Burkert betonte indes, das Thema der strukturellen Erhöhungen sei sehr wichtig, es werde in der nächsten Tarifrunde, die bereits in 19 Monaten beginne, angegangen.
Neue Streiks schon im Herbst möglich
Immerhin: Zunächst bedeutet die Einigung ein Durchatmen für alle Pendlerinnen und Pendler. Doch bereits im Herbst stehen neue Tarifverhandlungen eben mit der GDL und ihrem Chef Claus Weselsky an. Er geht ebenfalls mit starken Forderungen ins Rennen: 555 Euro mehr Geld pro Monat, Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit für Schichtarbeiterinnen und -arbeiter von 38 auf 35 Stunden. Und auch die GDL fordert eine Einmalzahlung als Inflationsausgleich. Im Falle einer Nichteinigung mit der Deutschen Bahn könnten schnell neue Streiks auf der Schiene drohen. Die Friedenspflicht zwischen der Bahn und der GDL endet am 31. Oktober.
mit dpa
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