Der Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz, eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene zu ermöglichen, stößt auch innerhalb der CDU auf Widerstand. „Keine Zusammenarbeit mit der AfD heißt: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Auf keiner Ebene. Ganz einfach. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht“, schrieb die Abgeordnete Serap Güler, die auch Mitglied im CDU-Bundesvorstand ist, auf Twitter. So laute die Beschlusslage der Christdemokraten.
Nach massiver Kritik sah sich Merz sich zu einer Klarstellung veranlasst. „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt“, schrieb er am Montagmorgen auf Twitter. „Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“
Auch der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen betonte, dass seine Partei „verbindlich ein einschränkungsloses Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen“ habe. „Jeder, der das ändern will, muss dafür auf einem Bundesparteitag der CDU eine Mehrheit finden. Bis dahin haben sich alle an die Beschlusslage zu halten“, schrieb Röttgen auf Twitter.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekräftigte am Montag, dass seine Partei jede Zusammenarbeit mit der AfD ablehne, „egal auf welcher politischen Ebene“. Denn die AfD sei „demokratiefeindlich, rechtsextrem und spaltet unsere Gesellschaft. Das ist mit unseren Werten nicht vereinbar.“
Kühnert spricht von „Tabubruch“
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warf Merz einen „Tabubruch“ vor. Den Kurswechsel, den Merz offensichtlich anstrebe, baue auf einer „total brüchigen Argumentation auf“, sagte Kühnert am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Niemand zweifele an, dass demokratische Wahlen wie die des AfD-Politikers Robert Sesselmann zum Landrat im thüringischen Sonneberg anerkannt werden müssen.
„Die AfD ist zu demokratischen Wahlen zugelassen, sie kann Mandate erringen, sie ausfüllen, hat alle parlamentarischen Rechte“, sagte Kühnert. „Nur auf eines hat sie – wie alle anderen Parteien auch – kein Anrecht, nämlich, dass politisch mit ihr kooperiert wird, dass sie Teil der Mehrheiten vor Ort sein muss.“
Merz hatte am Sonntag im „Sommerinterview“ des ZDF eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD auf Landes- oder Bundesebene zwar abermals ausgeschlossen. Auf kommunaler Ebene müsse aber „nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, den Landkreis gestaltet“. Auf Kommunalebene müsse mit demokratisch gewählten Amtsträgern der AfD pragmatischer umgegangen werden, sagte Merz.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner distanzierte sich scharf von den Aussagen seines Parteichefs Merz (beide CDU). „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist“, schrieb Wegner am Sonntag auf Twitter.
Die Vizepräsidentin des Bundestages, Yvonne Magwas, die auch dem CDU-Präsidium angehört, schrieb auf Twitter: „Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!“
Der CDU-Politiker und ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans schrieb auf Twitter: „Der Parteitagsbeschluss besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Das hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten.“
Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak schrieb auf Twitter, die AfD bedrohe den liberalen Rechtsstaat und die freiheitliche Gesellschaftsordnung – auch in den Kommunen. „Der #Unvereinbarkeitsbeschluss der @cdu ist eindeutig.“
In dem Beschluss heißt es unter anderem: „Jeder, der in der CDU für eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit mit der AfD plädiert, muss wissen, dass er sich einer Partei annähert, die rechtsextremes Gedankengut, Antisemitismus und Rassismus in ihren Reihen bewusst duldet. (...). Die CDU lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab.“
Grünen-Chefin Lang: „Jetzt baut er die Brandmauer ein kleines Stück ab“
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb dazu ebenfalls auf Twitter: „Nun fallen erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer. In Ländern und Bund werden wir die Mauer gemeinsam niederreißen. Gewinner werden die Bürger sein, die Wohlstand, Freiheit und Sicherheit durch interessengeleitete Politik wiedergewinnen.“
Kritik an Merz übte auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang in der ARD: „Erst reduziert er diese Partei auf eine bessere Alternative für Deutschland und jetzt baut er die Brandmauer – die ja selbst von der Union immer wieder beschworen wurde – ein kleines Stück ab.“ Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb: „Die Kommunalpolitik ist die Wiege unserer Demokratie. Gerade hier darf Brandmauer zur antidemokratischen AfD nicht fallen. Denn sonst fällt sie in den ,gesetzgebenden Ebenen‘ erst recht.“
Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verteidigte Merz hingegen: Für die CDU sei klar, dass es „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ gebe, „egal auf welcher Ebene“, sagte Linnemann der „Bild“-Zeitung. „Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.“
Merz gegen AfD-Verbot
Merz lehnte im ZDF-Interview ein Verbot der in Umfragen zulegenden AfD ab. „Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst“, sagte er. Einen entsprechenden Vorschlag des CDU-Bundestagsabgeordneten Marko Wanderwitz in den vergangenen Tagen nannte der Fraktionsvorsitzende „eine Einzelmeinung in der Bundestagsfraktion, die wir nicht teilen“.
Auf die Frage, was die AfD den Menschen biete und die CDU nicht, antwortete Merz: „Wir messen uns nicht an der AfD, sondern wir sind größte Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag. Damit sind wir die Alternative gegen diese Bundesregierung.“ Die Union müsse jetzt Konzepte liefern und Vertrauen zurückgewinnen. Das sei ein mühsamer Weg. „Wir sind jetzt seit anderthalb Jahren ganz gut unterwegs. Aber wir müssen noch zulegen.“
Merz griff damit erneut eine Formulierung auf, die er bereits am Mittwoch bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Andechs verwendet hatte. Damals nannte er die Union eine „Alternative für Deutschland mit Substanz“. Im ZDF sagte er jetzt, als Opposition sei man immer Alternative zur Bundesregierung. So sei Demokratie. „Es gibt eine Regierung und es gibt zu dieser Regierung natürlich eine Alternative – für Deutschland. In Deutschland, für Deutschland.“
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