Nach der Entlassung von Patrick Graichen hat im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Suche nach einer neuen Energiestaatssekretärin oder einem neuen Energiestaatssekretär begonnen. Es würden Gespräche geführt, hieß es am vergangenen Mittwoch aus BMWK-Kreisen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte in einer Pressekonferenz, dass die Nachfolge „so schnell, wie es geht“ stehen solle. Zu erwarten ist, dass die Nachfolgerin oder der Nachfolger Graichens schon in den nächsten Tagen benannt wird.
Das BMWK äußert sich zu Kandidat:innen freilich nicht. Jedoch kursieren in der Berliner Blase bereits Namen potenzieller Nachfolger:innen. Ein Kandidat, dessen Name oft fällt, ist Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA).
Müller ist langjähriges Mitglied bei den Grünen und gilt als enger Vertrauter Habecks. So eng, dass Habeck ihm auch große Teile der öffentlichen Kommunikation während der Energiekrise überlassen hat.
Für Müller spricht, dass dieser wohl rasch aus seinem Vertrag raus und gleich im BMWK starten könnte. Gegen Müller spricht, dass Habeck sodann eine neue Person für die wichtige Position der BNetzA-Präsidentschaft suchen müsste. Auch kommt Müller eben wieder aus dem engen Kreis der Grünen-Vertrauten, was Habeck negativ ausgelegt werden könnte.
Habeck will Verhaltensregeln überarbeiten
Deswegen könnte Habeck sich auch genau dagegen entscheiden, wieder aus seinem engsten Kreis zu rekrutieren. Der Bundeswirtschaftsminister wird bei der Auswahl von Graichens Nachfolger oder Nachfolgerin einen Balanceakt meistern müssen: Er muss dem oder der Neuen natürlich vertrauen können, zu eng sollte die Verbundenheit aber eben auch nicht sein. Denn das könnte den Anschein der Voreingenommenheit erwecken.
Daher könnte Habeck auch eine Nachfolge aus der Wirtschaft wählen, etwa aus der Energieversorger-Szene. Ein Name, der kursiert, ist der des ehemaligen EnBW-Chefs Frank Mastiaux aus Baden-Württemberg. Jedoch ist dann mit längeren Kündigungsfristen zu rechnen, sodass die Person womöglich erst in drei Monaten starten könnte.
Als ein weiterer Name in der Energieszene wird etwa Kerstin Andreae, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), gehandelt. Andreae saß für die Grünen seit 2002 im Bundestag. 2019 gab sie ihren Sitz auf, um zum BDEW zu wechseln.
Die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol hat nach der Ablösung Graichens strengere Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten gefordert. Der Fall zeige, dass das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesregierung insgesamt „ihre Compliance-Verfahren und ihren Umgang mit Interessenkonflikten deutlich verbessern müssen“, erklärte der Lobbycontrol-Experte Timo Lange.
Lobbycontrol forderte eine Verschärfung sowie bessere Kontrolle und Durchsetzung der Regeln, um Interessenkonflikte frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Nötig seien verpflichtende Interessenerklärungen zum Amtsantritt „von allen Leitungspersonen in den Ministerien und ein unabhängiges Kontrollgremium, das Compliance-Verfahren regelmäßig überprüft“.
Bis die Graichen-Nachfolge gefunden ist, sollen die anderen Staatssekretäre seine Aufgaben kommissarisch übernehmen, war aus dem BMWK zu hören. Hier wären wohl vor allem Sven Giegold und Michael Kellner gefragt. Einen formellen Erlass braucht es dafür wohl nicht.
Mitten in den heiklen GEG-Verhandlungen
Auf den neuen Energiestaatssekretär wartet viel Arbeit. Nicht zuletzt befindet sich Habeck derzeit in politisch heiklen Verhandlungen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), das von FDP und der Opposition viel Kritik erfährt. Vorgesehen ist, dass das Parlament Ende Mai über den Entwurf beraten wird. Im Juli soll das Gesetz vom Bundesrat abgenickt werden.
Doch FDP und Union wollen das GEG verschieben. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der „Bild“-Zeitung, er halte eine Verabschiedung des GEG bis zur Sommerpause für „ausgeschlossen“.
Grüne und SPD warfen den Liberalen dagegen vor, Meinungsverschiedenheiten über das GEG künstlich mit der Causa Graichen zu verknüpfen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert stellte klar: „Beide Sachverhalte haben nichts miteinander zu tun.“ Klimaneutralität sei nicht zu erreichen, ohne dass man an die „Art des Heizens“ herangehe.
Auch Habeck will am Zeitplan nicht rütteln. Man habe als Ampel mehrfach entschieden, das Gesetz vor der Sommerpause abzuschließen, sagte Habeck am Mittwoch. (mit AFP, dpa)
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