Der Berliner Verfassungsgerichtshof wird am 16. November seine Entscheidung über eine mögliche Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl des vergangenen Jahres verkünden. Damit steht auch fest, wann Berlin erneut wählen müsste: Mitte Februar. Die Wahlwiederholung muss spätestens 90 Tage nach der Verkündung der Entscheidung erfolgen.
Mit diesem Termin rechnet auch der Berliner Landeswahlleiter, Stephan Bröchler: »Ich bereite mich auf eine vollständige Wahlwiederholung Mitte Februar vor«, sagte er dem SPIEGEL. Als Landeswahlleiter legt Bröchler den Wahltermin fest. Einen genauen Tag wollte er nicht nennen. Der 12. Februar liegt nahe, weil das ein Sonntag ist. Einen früheren Termin als Mitte Februar halte er nicht für möglich, so Bröchler: »Eine Wahl ist eine enorme Herausforderung«, sagte er dem SPIEGEL. Normalerweise bereite man eine Wahl ein Jahr lang vor.
Landeswahlleiter Bröchler: »Wir tun alles dafür, dass die Wahl ein Erfolg wird«
Man müsse die ganzen Punkte besser machen, die bei den letzten Wahlen falsch gelaufen seien. Das betreffe vor allem Schulungen von Wahlhelfenden, damit diese sorgfältiger protokollieren. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass alle Wahllokale über drei Wahlkabinen verfügten und am Wahltag alle nötigen Stimmzettel vollständig in den Wahllokalen vorhanden seien. Das war bei den Wahlen im vergangenen September ein Problem gewesen.
Zudem dürfe parallel kein weiteres Großereignis stattfinden, sagte Bröchler. Bei der Wahl am 26. September 2021 hatte parallel der Berliner Marathon stattgefunden. Auf die Frage, ob er einen Erfolg der Wahl garantieren könne, sagte Bröchler: »Wir tun alles dafür, dass die Wahl ein Erfolg wird.« Es liefen Gespräche mit den Berliner Bezirken und der Innenverwaltung, die Unterstützung von dort sei gut, sagte Bröchler.
Die Wahl in Berlin war von massiven organisatorischen Pannen überschattet gewesen, beim Verfassungsgericht gingen zahlreiche Beschwerden ein. Auch die Berliner Innenverwaltung selbst und die ehemalige Landeswahlleitung hatten Beschwerde eingelegt – allerdings in deutlich kleinerem Umfang. In einer mündlichen Verhandlung in der vergangenen Woche deutete das Gericht bereits an, dass es eine Wiederholung der Abstimmung verfassungsrechtlich für notwendig erachtet .
Gerichtspräsidentin Ludgera Selting sagte dabei, es habe »eine Vielzahl von Wahlfehlern« gegeben, die auch mandatsrelevant gewesen seien. Vor diesem Hintergrund neigt der Gerichtshof dazu, die Wahlen zum Abgeordnetenhaus für ungültig zu erklären. Auch die parallelen Bezirksversammlungswahlen dürften demnach betroffen sein und müssten ebenfalls wiederholt werden.
Innensenatorin kündigt viele Änderungen bei Wahlvorbereitung an
An dem Wahltag am 26. September 2021 war zudem auch der Bundestag gewählt worden. Für die Überprüfung dieser Abstimmung ist der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags zuständig. Er berät derzeit und bezieht dabei auch die Erkenntnisse und Einschätzungen aus dem Verfahren vor dem Berliner Verfassungsgericht mit ein.
Die Vertreter der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP sprachen sich jüngst im Ausschuss dafür aus, die Bundestagswahl in rund 300 der knapp 2300 Berliner Wahllokale wiederholen zu lassen. Der Ausschuss soll noch im Oktober abstimmen. Danach gilt es allerdings als wahrscheinlich, dass die Sache beim Bundesverfassungsgericht landet.
Als Konsequenz aus den Wahlpannen am 26. September 2021 hat Berlins Innensenatorin Iris Spranger diverse Änderungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen angekündigt. Die SPD-Politikerin nannte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine bessere Logistik bei der Verteilung von Stimmzetteln, die Ausstattung jedes Wahllokals mit drei bis vier statt zwei Wahlkabinen, einheitliche Verfahren zur Anwerbung und Schulung von Wahlhelfern und klarere Vorgaben zur Übermittlung von Wahlergebnissen.
Bislang wurde erst eine Landtagswahl für ungültig erklärt
Folgen die Berliner Richter ihrer ersten Einschätzung, wäre es erst das zweite Mal seit Gründung der Bundesrepublik, dass ein Gericht eine Landtagswahl für ungültig erklärt. Erstmals passierte dies in Hamburg. Eine Gruppe von CDU-Mitgliedern klagte gegen die Gültigkeit der Bürgerschaftswahl vom 2. Juni 1991. Die Kläger waren der Meinung, dass die Kandidatenaufstellung bei der CDU gegen Wahlrechtsgrundsätze verstoßen hatte. Das Hamburger Verfassungsgericht gab dem Antrag im Mai 1993 statt und erklärte die Bürgerschaftswahl für ungültig. Ebenso wurde das Wahlergebnis von fünf der sieben Bezirksverordnetenversammlungen für ungültig erklärt.
Das höchste Gericht des Stadtstaats begründete sein Urteil »mit schwerwiegenden Demokratieverstößen« bei der Kandidatenaufstellung der CDU. Klagen und Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht gegen das Hamburger Urteil wurden sämtlich abgewiesen. Neu wählen durften die Hamburger Bürgerinnen und Bürger dann am 19. September 1993. Die in der Zwischenzeit getroffenen Entscheidungen der Bürgerschaft blieben jedoch gültig.
Zu einem etwas anderen Fall kam es vor zwölf Jahren in Schleswig-Holstein: Das Landesverfassungsgericht erklärte das dortige Landeswahlgesetz in einem wichtigen Teil für ungültig und setzte eine Frist zur Neuwahl auf Basis eines korrigierten Wahlrechts. Das aktuelle Wahlergebnis, das im Jahr zuvor nach den alten Regeln zustande gekommen war, ließ es aber gelten. Letztlich wurde deshalb zwei Jahre früher als eigentlich geplant erneut gewählt – bereits 2012 statt 2014.
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