Noch immer ist unklar, auf was sich Bürger und Unternehmen ab Oktober einstellen müssen. Die umstrittene Gasumlage steht vor dem Aus. Auf eine Alternative konnte sich die Ampel-Regierung jedoch noch nicht einigen. Kommt der Gaspreisdeckel? Wie eine Lösung aussehen könnte, wollte Sandra Maischberger am Mittwochabend von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und der CDU-Politikerin Julia Klöckner wissen.
Außerdem in der ARD-Talkrunde zu Gast: Der Moderator Cherno Jobatey, Spiegel-Autor Markus Feldenkirchen und die ARD-Journalistin Kristin Schwietzer. Zudem sprach Maischberger mit der Militärexpertin Florence Gaub über die gefährliche Strategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Droht eine Eskalation des Krieges?
Angesprochen auf das nach wie ungeklärte Schicksal der Gasumlage, die ursprünglich in wenigen Tagen in Kraft treten sollte, sparte Feldenkirchen nicht mit Kritik. „Es gibt so viele offene und relevante Fragen, die nicht geklärt sind. Da stellt sich mir schon die Frage, wie kompetent ist eigentlich diese Regierung? Haben wir wirklich eine Führung?“, so sein harter Vorwurf. „Es ist derzeit nicht funktional, wie wir in dieser hochbrisanten Zeit regiert werden.“
Schwietzer stimmte zu. Sie kritisierte vor allem die fehlende Entscheidungsfreudigkeit der Ampel-Koalitionäre: „Die Leute haben schon die Abschlagsrechnungen, müssen mit verdreifachten Kosten klarkommen, wissen aber noch nicht, wann die Entlastung kommt. Irgendwann muss ich den Bürgern auch mal eine Entscheidung mitteilen.“
Jobatey zeigte sich nach den verheerenden Einschätzungen seiner Kollegen im Panel wenig verwundert über die sinkenden Umfragewerte von Wirtschaftsminister Robert Habeck. „Er war wie ein Superstar, die Leute haben geschrien, wenn er kam“, beschrieb der ehemalige Morgenmagazin-Moderator seine Beobachtungen bei gemeinsamen Auftritten. „Jetzt gefällt es einigen Leuten in der Politik sicher ganz gut, wenn der große Robert auf einmal ein bisschen weiter runtergeht.“
„Mit dem Ausschalten des Weihnachtsbaums werden wir die Energiewende nicht gewuppt bekommen“
Das folgende Gespräch zwischen Maischberger, Göring-Eckardt und Klöckner begann mit launigem Geplänkel über Energiesparmaßnahmen bei der Weihnachtsbaumdekoration im eigenen Wohnzimmer. Doch Julia Klöckner legte als Oppositionsvertreterin recht schnell den Hebel um und schaltete auf Angriff. „Ich glaube nicht, dass wir mit dem Ausschalten des Weihnachtsbaums die Energiewende gewuppt bekommen“, sagte die einstige Landwirtschaftsministerin mit Blick auf einen entsprechenden Vorschlag der Deutschen Umwelthilfe.
„Die Bürger sind es leid, diese Vorschläge zu bekommen, wenn das Richtige und das Wichtige nicht entschieden wird, was eine Bundesregierung tun könnte. Wir müssen die Angebotsseite erweitern, dann sinken auch die Preise.“ Sie warnte vor sozialen Spannungen, wenn sich die Leute im Land nicht mehr wohlfühlen.
Göring-Eckardt sprach hingegen von der „fossilen Sucht“, von der man loskommen müsse. „Wir werden ohne Putins Gas auskommen müssen und brauchen einen Booster in erneuerbare Energie, damit wir unabhängig werden.“ Doch Klöckner legte gnadenlos den Finger in die Wunde und lenkte die Diskussion immer wieder auf die akuten Probleme. Auch beim Stichwort Laufzeitverlängerung von AKWs. „Es geht am Ende nicht um Parteipolitik und die grüne Seele. Es geht darum, dass die Bürger mit schmalem Geldbeutel über die Runden kommen.“
„Sie haben tatsächlich im Sommer noch von einer Scheindebatte gesprochen, die Ihnen aufgezwungen wird“, hakte auch Maischberger bei Göring-Eckardt nach. Jetzt sei es mit Habeck ein grüner Wirtschaftsminister, der sie weiterlaufen lasse. „Wir tun immer so, als ob uns die Atomkraft aus dem ganzen Dilemma retten würde. Sie kann aber nur ein kleines Stückchen helfen“, verteidigte sich die ehemalige Grünen-Chefin und schob den Schwarzen Peter den Bayern zu, die in der Vergangenheit zu wenig Windräder gebaut hätten.
Wie sie den Menschen, die ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können, erkläre, dass so wenig passiert, wollte Maischberger von Göring-Eckardt wissen. „Bis Ende der Woche werden wir in Sachen Gasumlage eine Lösung haben“, versprach sie. Es hänge derzeit an der Finanzierung, die bei einer Koalition, bei der nicht alle die gleiche Grundhaltung teilten, schwierig sei. Beispiele, wie eine Entlastung aussehen könne, wollte sie nicht nennen. „Das würde nur zu mehr Verwirrung führen.“ Klöckner konterte umgehend: „Diese Regierung ist nicht sprechfähig, sie ist nicht entscheidungsfähig. Wir haben keine Zeit dafür, denn den Bürgern geht es schlecht.“
„Nicht die Bombe ist die Waffe – die Angst vor der Bombe ist die Waffe“
Gegen Ende der Sendung fragte Maischberger Florence Gaub nach ihrer Einschätzung zur Teilmobilmachung in Russland und den Zerstörungen an den Nord-Stream-Pipelines. Im Falle der Pipelines vermutete Gaub einen staatlich organisierten Sabotageakt, der Angst machen solle. Die Message sei, dass da noch mehr kommen könne. „Die Handschrift sieht nach Russland aus. Aber man wird vielleicht nie sicher klären können, wer verantwortlich dafür ist“, vermutete sie.
„Die Teilmobilmachung ist ein Eingeständnis dafür, dass die bisherigen Maßnahmen nicht gereicht haben. Man muss nachladen. Es ist ein Zeichen der Schwäche“, erklärte Gaub gegenüber Maischberger und kam zu der Einschätzung, dass die nun rekrutierten Soldaten aufgrund ihrer schlechten Ausbildung „Kanonenfutter“ seien.
Zu einem möglichen Einsatz von Atomwaffen kam sie zu einer nicht wirklich beruhigenden These: „Nicht die Bombe ist die Waffe – die Angst vor der Bombe ist die Waffe“, so Gaub. Die Atombombe sei ein „One-Trick Pony“, eine Karte, die Putin nur ein Mal spielen könne. Anders als im Zweiten Weltkrieg sei heute gar nicht mehr klar, ob ein Land sofort kapituliere, wenn ein Atomschlag verübt werde.
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