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Anne Will: Lauterbach schließt Schul-Lockdown nicht völlig aus - BILD

Corona-Talk bei Anne Will Lauterbach schließt neuen Schul-Lockdown nicht völlig aus

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) bei einer Pressekonferenz
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) bei einer PressekonferenzFoto: Fabian Sommer/dpa

Corona zum dritten: Die Sommerwelle rollt, die Sachverständigenkommission hangelt sich an immer neuen Fragezeichen durch die Datenlücken und der Gesundheitsminister urteilt unfromm, ihr Gutachten sei „keine Bibel“. Anne Will fragt beklommen: „Bilanz der Corona-Politik – Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?“

Die Gäste

Prof. Karl Lauterbach (59, SPD). Der Gesundheitsminister sieht die 160-Seiten-Evaluation der Kommission nur als „Puzzlestück in einem größeren Puzzle“. Sein Ernst?

Christine Aschenberg-Dugnus (62, FDP). Die Fraktionsgeschäftsführerin sitzt im Gesundheitsausschuss und wettert: „Einige in der Politik suchen gezielt Streit zum Thema Corona, um sich zu profilieren!“

Ricardo Lange (40). Der Intensiv-Pfleger twitterte vor der Show versöhnlich: „Mein Ziel ist es nicht, Lauterbach fertigzumachen.“ Hält er das durch?

Christina Berndt (62). Die Wissenschaftsjournalistin („SZ“) macht das Expertenwerk madig: „Eine gute Maßnahmen-Evaluation wäre so wichtig! Leider bleibt der Bericht sie schuldig.“ Rumms!

Unklare Lage, trotzdem klare Fronten. Das Zoff-o-Meter hofft auf neue Einsichten.

Krassester Meinungsunterschied

Journalistin Berndt lässt kein gutes Haar an dem Kommissionsbericht, „weil er so vage ist.“ Ihr vernichtendes Urteil: „Die Dinge, die da drinstehen, wusste man schon vorher“. Das Kapitel zur Evaluierung der Maßnehmen sei mit „heißer Nadel gestrickt und wissenschaftlich dünn.“

FDP-Politikerin Aschenberg-Dugnus ist ganz anderer Meinung: „Wir haben wichtige Dinge erfahren“, behauptet sie. Ihre wichtigste Erkenntnis: „Schulschließungen werden nicht mehr vorkommen.“

Schon fährt das Zoff-o-Meter hoch

Danach erwischt die FDP-Politikerin die „SZ“-Journalistin auf dem falschen Fuß: „Sie, Frau Berndt, haben ja im Vorfeld, als der Bericht noch gar nicht da war, gesagt, dass das ein Ergebnis sei, das Sie nicht befriedigt“, ätzt Aschenberg-Dugnus. „Da frage ich mich, ob das respektvoll gegenüber den Experten war.“    

Ui! Druckte die „SZ“ da etwa eine Niedermache ohne Fakten, einfach mal so aus der hohlen Hand? Berndts dreiste Ausrede: „Man muss manchmal respektlos sein, um auch Dinge richtig zu bewerten. Mir lag ein Entwurf vor, der tatsächlich handwerklich noch viel schlechter gemacht war …“ Simsalabim – so wird aus Spekulation plötzlich Realität.

Atmosphärischstes Detail

„Ich ziehe da schon sehr viel Nektar heraus“, betont die Politikerin dann. Besonders wichtig sei ihr, „dass wir jetzt Echtzeit–Daten haben“. Und: „Jetzt wird das Abwasser-Monitoring auf den Weg gebracht. Und weitere Impfkampagnen. Also da wird sehr viel geschehen.“

Über die Verhandlungen zwischen Lauterbach und dem Justizminister sagt sie: „Der Gesundheitsminister – ich muss immer aufpassen, dass ich den jetzt sieze – und Marco Buschmann haben sich schon zusammengesetzt.“ Erobert das Genossen-Du jetzt auch die liberalen Kreise?

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Selbstbewussteste Antwort

Die Talkmasterin möchte den Gesundheitsminister als Bremser vorführen: „Sie haben alle Welt daran teilhaben lassen, dass Sie nachts Studien lesen“, patzt sie ihn an. „Für welche Erkenntnisse brauchten Sie den Bericht des Sachverständigenrates überhaupt?“

 „Ich lese nach wie vor Studien, deswegen wäre es eine Überraschung gewesen, wenn ich selbst auf den Bericht hätte warten müssen“, antwortet Lauterbach cool. Der Justizminister habe unbedingt auf das Gutachten warten wollen, und „wir sind in einer Koalition!“

Umfassendster Faktencheck

Dann stellt der Minister die Kritiker kurz mal in den Senkel: „Was nicht stimmt, ist, dass wir mit Maßnahmen für den Herbst gewartet haben, bis dieses Gutachten vorliegt“, erklärt er und zählt eilig auf, was das Kabinett schon vorher beschloss: Impfkampagne. Pandemie-Radar in den Kliniken. Abwassermonitoring für bessere Daten …

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 „Was noch fehlt, sind die Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz“, fügt Lauterbach hinzu. Betrifft Masken, Einlasskontrollen, Tests für Restaurantbesucher.

Energischste Ansage

 „Ein Lockdown ist auszuschließen, weil, dafür haben wir einen zu guten Immunstatus in der Bevölkerung“, verkündet der Minister dann mit Beispielen aus seiner reichen Palette abwehrender Gesten. „Daher ist ein Lockdown nach allem, was wir wissen, vollkommen unrealistisch. Den brauchen wir nicht mehr.“ Halleluja! 

Außerdem ist Lauterbach sicher, „dass wir auch Schulschließungen wahrscheinlich nicht mehr machen müssen“. Hurra, hurra, die Schule brummt!

Kleine Einschränkung: „Ich persönlich halte Schließungen für sehr, sehr unwahrscheinlich“, bekennt Lauterbach, „aber sie kategorisch auszuschließen, da wäre ich vorsichtig, weil wir wissen ja nicht, welche Varianten kommen.“ Puh.

Und wieder Zoff

 „Jetzt machen wir sehr viel Druck“, verspricht der Minister. „Was wir machen müssen, um in der Pflege besser zu sein, um den Radar zu haben, bessere Daten, auch dass wir eine Impfkampagne und eine Testverordnung haben, all das beschließen wir nächste Woche im Bundestag.“

Intensivpfleger Lange ist aus einem anderen Grund stinksauer: „Wenn ich höre, man will die Intensivstationen entlasten, dann sitze ich vor dem Fernseher mit geballter Faust!“, wettert er plötzlich los.

Wütendstes Fragengewitter

 „Würden Sie sagen, das Gesundheitssystem ist überlastet, wenn Menschen aufgrund von Personalmangel sterben?“, fährt er den Minister an. „Wenn das Personal weinend auf den Fluren zusammenbricht? Wenn sie in NRW an den Unikliniken streiken, weil sie verzweifelt sind?“

Dann bricht es ihm heraus: „Wenn Menschen an Leib und Leben gefährdet sind?“, grollt der Pfleger. „Wenn der Rettungswagen das Krankenhaus nicht mehr anfahren kann, weil dort personell nicht mehr alles auf Höhe ist? Worauf warten Sie noch? Sie haben die Verantwortung, dass Sie den Personalmangel beseitigen!“

Plausibelste Gegenargumente

„Die Lage ist mir bestens bekannt“, verteidigt sich Lauterbach, „und ich arbeite seit Jahren daran, dass wir Gegenmaßnahmen machen.“ Zum Beispiel sei durch seine Initiative die Pflege aus den Fallpauschalen entfernt worden, sodass die Krankenhäuser jetzt keinen Gewinn mehr damit machen können, dass sie Pflegekräfte entlassen. Bravo!

Zu den aktuellen Streiks in Nordrhein-Westfalen sagt der Minister: „Ich finde sie berechtigt. Ich bin mit den Streikenden im engen Austausch.“ Im neuen Pflegeentlastungsgesetz werde es Vorteile für Kliniken und Personal geben. Lauterbachs Versprechen. „Die Eckpunkte kommen noch vor der Sommerpause!“

Heftigster Widerspruch

„Es ist ja gar kein Personal da,“, grollt der Pfleger und erdolcht die Luft mit spitzem Zeigefinger. „Dazu kommt, dass da viel zu viel Spielraum ist. Die ganzen Kliniken bescheißen nämlich. Das Servicepersonal muss jetzt eine einjährige Ausbildung zum Pflegehelfer machen, damit die Kliniken sie dann als Pflegekräfte abrechnen können.“

Der Minister findet die Kritik ungerecht: „Jetzt wird mir vorgeworfen, dass es nicht einen Monat früher gekommen ist“, beschwert er sich. „Vorher ist es zehn Jahre nicht gekommen. Hallo? So lange bin ich noch nicht im Amt!“

Und, so seine ernste Warnung: „Wenn wir die Pflege schlechter reden als sie ist, machen wir den Beruf nicht attraktiver!“

Erbittertstes Gefecht

 „Warum kann ein Soldat mit 55 in Pension gehen, und jemand, der sich sein ganzes Leben lang um Schwerstkranke gekümmert hat, muss bis 67 arbeiten?“, erbost sich Lange.  

Die FDP-Politikerin hat einen Vorschlag: „Wir müssen sagen, ihr habt auch Möglichkeiten, euch nach zehn Jahren vielleicht durch eine Weiterbildung zu verbessern“, stellt sie frohgemut in Aussicht. „Pfleger können mehr, als sie dürfen.“

„Das ist genau so ein Quatsch!“, knurrt Lange. „Auf der Intensivstation machen Pfleger viel mehr, als sie eigentlich dürfen. Die stehen mit einem halben Bein im Knast!“

Heftigster Gefühlsausbruch

„Haben Sie mal einem Menschen in die Augen geschaut, der sagt, ich muss jetzt sterben, weil es mir in der Pandemie nicht möglich war, zur Vorsorge zu gehen?“, fragt der Pfleger zornig in die Runde. „Haben Sie mal eine Tochter umarmt, die Vater und Mutter verloren hat, weil der Tumor zu spät erkannt wurde? Haben Sie nicht.  Ich schon!“

„Was wollen Sie damit sagen?“, erkundigt sich der Minister. „Ich habe genau wie Sie mit Menschen gesprochen, wo Angehörige gestorben sind. Das tut mir für jeden Einzelnen leid. Trotzdem darf man nicht den Eindruck erwecken, wir hätten das willkürlich gemacht.“

Dringendster Appell

„Bei denen, die über 60 sind, haben wir nur 20 bis 25 Prozent, die die vierte Impfung haben“, mahnt Lauterbach. „Die vierte Impfung führt bei BA.5, der Variante, mit der wir derzeit kämpfen, dazu, dass die Sterblichkeit ganz stark absinkt.“

„Für die allgemeine Impfpflicht“, so der Minister zum Schluss, „habe ich im Bundestag alles gegeben. Aber wir hatten keine Mehrheit. Damit muss man klarkommen. Das nennt man Demokratie.“ Amen!

Zitat des Abends

„Es hat noch nie eine Studie gegeben, dass Menschen, die aus einem Flugzeug fallen, mit einem Fallschirm besser wegkommen als ohne Fallschirm. Trotzdem schreiben wir es vor, weil es einfach hoch plausibel ist“, meint Prof. Karl Lauterbach.

Fazit

„Lassen Sie mich bitte kurz ausreden!“ – „Ich glaube, jetzt bin ich dran!“ – „Wenn Sie mich unterbrechen, verliere ich den Faden!“

Viel Info, aber auch Zank und Zoff, jede Menge Fach- und Kraftausdrücke, unbremsbarer Redeeifer bis zum Rasepuls: Das war ein Meinungsdröhnen der Kategorie „Wortissimo“.

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