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Zwei Tote und 21 Verletzte nach Schüssen in Oslo: Norwegen hebt nationale Terrorwarnung auf höchste Stufe - Tagesspiegel

Zwei Menschen sterben bei einem Angriff auf einen bei Homosexuellen beliebten Club in Oslo. Die Behörden sprechen von einem islamistischen Anschlag.

Larissa Schwedes Teresa Dapp - dpa
Spurensuche an einem der Tatorte in Norwegens Hauptstadt Oslo.Foto: Terje Pedersen/NTB/Reuters

Es hätte der Auftakt zu einem ausgelassenen Party-Wochenende werden sollen – doch tödliche Schüsse haben eine beliebte Schwulen-Bar in Oslo zu einem Ort des Schreckens gemacht. Im Zentrum der norwegischen Hauptstadt erschoss ein mutmaßlicher Einzeltäter in der Nacht zum Samstag zwei Menschen. Mindestens 21 weitere wurden nach Angaben der Polizei verletzt, zehn davon schwer.

Norwegen hat deshalb nun die nationale Terrorwarnstufe auf die höchste Stufe angehoben. Die Gefahr einer terroristischen Bedrohung sei „außergewöhnlich“ hoch, teilte der norwegische Geheimdienst PST am Samstag mit, wie der Sender NRK berichtete. Behördenchef Roger Berg erklärte, man betrachte die Tat als islamistisch motivierten Terroranschlag. Nun gilt Terrorwarnstufe fünf. Bisher war es Stufe drei.

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Im Zentrum der norwegischen Hauptstadt hatte ein mutmaßlicher Einzeltäter in der Nacht zum Samstag in einer Schwulenbar und deren Umgebung auf andere Menschen geschossen. Die Behörden ermitteln wegen Terrorverdachts. Man gehe stark von Hasskriminalität aus, hieß es von der Polizei. Bei dem Angreifer soll es sich um einen Norweger mit iranischen Wurzeln handeln. Er wurde bereits in der Nacht festgenommen.

Der Nachtclub „London Pub“ – das Hauptziel der Angriffe – gilt in Oslo als beliebter Treffpunkt für Schwule, Lesben und andere Angehörige der queeren Szene. Auf der eigenen Internetseite beschreibt sich der Club als beste „Gay Bar“ der Stadt und „Schwules Hauptquartier seit 1979“. Eigentlich wollten dort viele ins Wochenende hineinfeiern: Am Samstag hätte in Oslo nach Absagen wegen der Corona-Pandemie erstmals wieder eine „Pride-Parade“ stattfinden sollen – sie fiel jetzt wieder aus.

Das „London Pub“ war nicht der einzige Tatort, auch an anderen Orten der Partymeile fielen Schüsse

Trauer in Norwegen: Blumen und Regenbogenflaggen sind im Zentrum Oslos zu sehen.Foto: Terje Pedersen/NTB/Reuters

Ermittler Christian Hatlo sagte der norwegischen Zeitung „VG“, der 42-Jährige sei zuvor schon straffällig geworden. Wegen Drogendelikten sei er zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt worden. In der Nacht durchsuchte die Polizei seine Wohnung.

In Norwegen löste die Tat Entsetzen aus. König Harald V. (85) rief seine Landsleute auf, zusammenzustehen. Es gelte, gemeinsame Werte wie Freiheit, Diversität und Respekt füreinander hochzuhalten, damit alle sich sicher fühlen könnten. Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl nach einem „grausamen und zutiefst schockierenden Angriff“ aus.

Der queeren Gemeinschaft versicherte der Sozialdemokrat: „Wir stehen an eurer Seite.“ Die frühere konservative Regierungschefin Erna Solberg sagte, die Freiheit, zu lieben, wen immer man möge, sei attackiert worden

Kronprinz Haakon von Norwegen und Ministerpräsident Jonas Gahr Støre besuchten am Samstag den Tatort. Umringt von einer großen Menschentraube legten sie einen Blumenstrauß nieder, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Auch Kronprinzessin Mette-Marit und mehrere Mitglieder der norwegischen Regierung waren vor Ort. Das Glockenspiel des Rathauses spielte „Somewhere over the Rainbow“ in Anspielung auf die Regenbogenflagge als Symbol der queeren Szene.

Kronprinz Haakon von Norwegen (M, r), Kronprinzessin Mette-Marit von Norwegen (M, l) und Jonas Gahr Støre (r), Regierungschef von...Foto: Javad Parsa//dpa

Organisatoren sagen für heute geplante Pride Parade in Oslo ab

Die Organisatoren von Oslos „Pride Parade“, die eigentlich am Samstag ihre 40. Parade feiern wollten, sagten auf Anraten der Polizei die gesamte Veranstaltung ab. „Wir werden bald wieder stolz und sichtbar sein“, sagte „Pride“-Chefin Kristin Haugsevje. Nun wolle man aber innehalten und den Angehörigen der Opfer Liebe und gute Wünsche senden.

Polizisten sichern den Tatort in der norwegischen Hauptstadt.Foto: Javad Parsa/NTB/AFP

Oslos Bürgermeisterin Marianne Borgen hatte erst am Freitagabend davon berichtet, wie sehr sich die Stadt nach Jahren der Pandemie auf die Parade freue. Regenbohnen-Fahnen säumten auch am Samstag noch ganz Oslo – nicht nur Restaurants und Bars, sondern auch Botschaften und offizielle Gebäude.

Am Vorabend des geplanten Spektakels hatte es in der Stadt vielerorts bereits Feiern bis tief in die Nacht gegeben. Selbst kurz vor Mitternacht war es in der Juni-Nacht noch nicht ganz dunkel. Im „London Pub“ verwandelte sich die ausgelassene Stimmung dann aber in Panik, nachdem die ersten Schüsse fielen. Ein Augenzeuge berichtete dem Sender NRK, er sei ins Innere geflohen und habe so viele Menschen mitgenommen wie möglich.

Am Tatort wurde am Samstagmorgen weiter nach Spuren gesucht.Foto: Terje Pedersen / NTB / AFP

Am Samstagmorgen war auf der Feiermeile im Zentrum statt „Pride“-Kostümen viel Absperrband zu sehen. Die Polizei sperrte die Gegend um die „London Bar“ großräumig ab. Der norwegische Geheimdienst PST schrieb auf Twitter, es gebe keine Anzeichen auf weitere geplante Gewalttaten.

Erst vor acht Monaten Amoklauf mit fünf Toten in Kongsberg

Erst vor acht Monaten hatte ein Amoklauf das skandinavische Land erschüttert. Ein 38-jähriger Däne hatte im vergangenen Oktober in der südostnorwegischen Stadt Kongsberg Passanten mit Pfeil und Bogen und Messern angegriffen und fünf von ihnen getötet, darunter auch eine 52-jährige Deutsche.

Während des Prozesses bekannte er sich des Mordes und versuchten Mordes schuldig. Nach Angaben von Gutachtern litt der 38-Jährige seit 2007 an paranoider Schizophrenie. Ein Gericht ordnete am Freitag eine lebenslange Unterbringung des Attentäters in einer psychiatrischen Anstalt an.

Das bisher schlimmste Gewaltverbrechen in der norwegischen Nachkriegszeit ereignete sich am 22. Juli 2011. Der heute 42 Jahre alte Anders Behring Breivik, der sich mittlerweile Fjotolf Hansen nennt, hatte am 22. Juli 2011 zunächst eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel gezündet und dabei acht Menschen getötet.

Nach Breivik-Terroranschlägen 2011 Mahnmal auf Utøya eröffnet

Danach richtete er auf Utøya ein Massaker unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des jährlichen Sommerlagers der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei an. 69 vor allem junge Menschen wurden auf der Insel getötet. Breivik nannte rechtsextreme und islamfeindliche Motive für seine Taten.

Im Sommer 2012 war er vom Bezirksgericht Oslo zur damaligen Höchststrafe von 21 Jahren Sicherheitsverwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren verurteilt worden. In diesen Zeitrahmen waren 445 Tage in Untersuchungshaft eingerechnet worden.

Am Fähranleger zur Insel Utøya wurde am 19. Juni die nationale Gedenkstätte für die Todesopfer der Terroranschläge eröffnet. Die Gedenkstätte liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Oslo und besteht aus 77 Bronzesäulen – eine für jedes Todesopfer. Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte dabei sichtlich bewegt bei der Zeremonie, er hoffe, das Mahnmal werde dazu beitragen, dass künftige Generationen von der dunklen Geschichte lernen könnten. (mit AFP)

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