Die Grünen im Bundestag fordern eine zügige Generalrevision zahlreicher Pandemie-Sonderregeln. „Sämtliche bundesrechtlichen Regelungen, die an das Bestehen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ geknüpft sind, müssten überprüft werden, heißt es in einem Antrag, den die Fraktion am Freitag im Bundestag einbringen will. Dabei müsse festgestellt werden, ob die Regelungen auslaufen können – oder ob sie weiterhin Bestand haben sollen. Der Antrag liegt WELT vor.
„Derzeit sind eine Vielzahl von notwendigen, aber auch nicht mehr notwendigen Regelungen an die epidemische Lage geknüpft“, sagte Rechtspolitikerin Manuela Rottmann WELT. „Die Bundesregierung muss das Regelungschaos der epidemischen Lage beenden und bis September die Entmachtung von Jens Spahn vorbereiten.“
Hintergrund des Antrags ist die Verlängerung der Feststellung der epidemischen Lage um weitere drei Monate, die Union und SPD am Freitag auf die Tagesordnung gesetzt haben. Sie gibt der Bundesregierung – insbesondere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – das Recht, Regelungen zur Eindämmung der Pandemie auf dem Verordnungswege zu erlassen, also ohne Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats.
Betroffen sind etwa Verordnungen zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Der Ausnahmezustand ist außerdem Grundlage für zahlreiche pandemiebedingte Grundrechtseinschränkungen durch die Länder. So können Maskenpflicht oder Ausgangssperren nur dann verhängt werden, wenn eine epidemische Lage festgestellt wurde.
Die Koalitionsfraktionen hatten zuvor argumentiert, dass eine weitere Feststellung der epidemischen Lage notwendig sei, um weiterhin auch wenig eingriffsintensive Maßnahmen wie Maskentragen verhängen zu können. Staatsrechtler hatten hingegen kritisiert, dass man damit auch die Grundlage nicht mehr notwendiger Maßnahmen verlängere. Es drohe eine Verstetigung des Ausnahmezustands.
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Insbesondere die Ermächtigung Spahns ist auch aus Sicht der Grünen nicht mehr zeitgemäß. „Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Sonderbefugnisse des Bundesgesundheitsministers nicht gerechtfertigt sind“, sagt Rottmann. „Der verpfuschten Testverordnung von Jens Spahn hätte es sehr gutgetan, wenn jemand anderes draufgeschaut hätte als sein eigenes Haus.“
Ihre Fraktion beantrage, dass Bundestag und Bundesrat bei wichtigen Regelungen wieder mitbestimmen. Auch sollen „nicht epidemiologisch begründete Einschränkungen“ fallen, heißt es in dem Antrag der Fraktion. Dazu zählten etwa unterschiedliche Beschränkungen bei innerdeutschen Reisen.
Eine Generalüberprüfung der Regeln würde es ermöglichen, die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite zügig auslaufen zu lassen. Denkbar wäre, weiterhin notwendige Maßnahmen wie Maskentragen auf eine andere rechtliche Grundlage zu stellen. Die ist aus Sicht der Grünen ohnehin nötig – denn die Voraussetzungen für den Ausnahmezustand könnten demnach bald entfallen.
„Die Feststellung der epidemischen Lage muss enden, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind“, sagt Rottmann. „Dies ist der Fall, sobald die öffentliche Gesundheit nicht mehr ernsthaft in Gefahr ist.“ Es reiche nicht aus, sich wie die Bundesregierung auf die abstrakte Gefahr von Virusmutationen zu berufen. „Wenn man das zum Maßstab nimmt, endet die epidemische Lage nie.“
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