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Bildungsministerin Stark-Watzinger schickt Staatssekretärin Döring in den Ruhestand - WELT

Nach scharfer Kritik an der angeblich geplanten Kürzung von Fördermitteln für kritische Hochschullehrer hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sich von ihrer Staatssekretärin Sabine Döring getrennt. Sie habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gebeten, Döring in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen, teilte die FDP-Politikerin am Sonntagabend mit. Das Handeln von Döring habe zu einem Eindruck beigetragen, der geeignet sei, „das Vertrauen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in das Bundesministerium für Bildung und Forschung nachhaltig zu beschädigen“.

Hintergrund ist ein offener Brief von Hochschullehrern, die sich im Mai hinter pro-palästinensische Proteste an Universitäten gestellt hatten. Sie hatten darin das „Recht auf friedlichen Protest“ verteidigt, das „auch die Besetzung von Uni-Gelände“ einschließe. Studenten seien „vor Polizeigewalt zu schützen“. Stark-Watzinger hatte den Brief damals öffentlich kritisiert.

Im Anschluss daran hatte Staatssekretärin Döring eine Prüfung möglicher Konsequenzen innerhalb des Forschungsministeriums veranlasst. Darin ging es vor allem darum, den Protestbrief auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Wie das ARD-Magazin „Panorama“ zuerst berichtete, sei aber auch um eine Prüfung gebeten worden, ob als Konsequenz aus dem Brief Fördermittel gestrichen werden können.

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Dies widerspreche jedoch „den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit“, betonte die Ministerin am Sonntagabend. „Die Wissenschaftsfreiheit ist ein sehr hohes Gut und zu Recht verfassungsrechtlich geschützt“, erklärte Stark-Watzinger.

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Aus Universitäten war das Vorgehen des Ministeriums mit Hinweis auf die akademische Freiheit stark kritisiert worden. In einer Stellungnahme fordern mehr als 2800 Hochschullehrer aus ganz Deutschland offen den Rücktritt Stark-Watzingers. Ihre Handlungsweise mache sie als Ministerin für Bildung und Forschung „untragbar“, heißt es dort.

Einen eigenen Rücktritt lehnt Stark-Watzinger aber ab. „Dazu sehe ich keine Veranlassung“, sagte die FDP-Politikerin am Montag auf entsprechende Nachfragen. „Ich habe den betreffenden Auftrag, förderrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen, nicht erteilt und auch nicht gewollt.“ Sie selbst will von dem Auftrag ihrer Staatssekretärin erst am 11. Juni aus dem „Panorama“-Bericht erfahren haben. Eine Aussage, die vor der Bundespressekonferenz mit Skepsis aufgenommen wurde.

Bettina Stark-Watzinger (FDP), Ministerin für Bildung und Forschung
Bettina Stark-Watzinger (FDP), Ministerin für Bildung und Forschung
Quelle: dpa

Dennoch hofft die Ministerin offenbar, Kritikern mit der Entlassung ihrer Staatssekretärin den Wind aus den Segeln nehmen. „Ich habe veranlasst, dass der Sachverhalt gründlich und transparent aufgearbeitet wird“, erklärte Stark-Watzinger in ihrer Stellungnahme. „Fest steht, dass eine Prüfung potenzieller förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten in der Tat erbeten wurde.“ Die für die Hochschulabteilung zuständige Staatssekretärin Döring habe den Prüfauftrag veranlasst.

„Finden nicht statt“

Döring selbst hatte sich vergangene Woche bereits intern um Schadensbegrenzung bemüht. In einer Mail an alle Mitarbeiter des Hauses räumte Döring ein, „die rechtliche Prüfung des offenen Briefes im Rahmen eines Telefonats beim zuständigen Abteilungsleiter“ beauftragt zu haben. Dieser Auftrag sei am 13. Mai umgesetzt worden. „Bei der Erteilung des Auftrages hatte ich mich offenbar missverständlich ausgedrückt. Förderrechtliche Konsequenzen für die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefes prüfen zu lassen, war von mir nicht gemeint — mein Auftrag war aber wohl so zu verstehen“, schrieb Döring.

Die Unklarheit sei dann „sehr zeitnah“ in einem weiteren Telefonat ausgeräumt worden, sodass dieser Aspekt dann auch kein Bestandteil der Prüfung gewesen sei. „Ich bedauere gleichwohl sehr, dass der offenkundig missverständliche Auftrag und die daraus resultierende Berichterstattung Sie nun alle belastet.“

Diese Entschuldigung wollte Stark-Watzinger aber offenbar nicht gelten lassen. Döring habe zwar erklärt, dass sie sich bei ihrem Auftrag der rechtlichen Prüfung offenbar missverständlich ausgedrückt habe. „Nichtsdestotrotz wurde der Eindruck erweckt, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen auf der Basis eines von der Meinungsfreiheit gedeckten offenen Briefes im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erwogen werde.“ Das widerspreche eben den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit. „Prüfungen förderrechtlicher Konsequenzen wegen von der Meinungsfreiheit gedeckten Äußerungen finden nicht statt“, betonte Stark-Watzinger.

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WELT-Autor Deniz Yücel
Bettina Stark-Watzinger

Der entstandene Eindruck sei geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in das BMBF nachhaltig zu beschädigen, so die Ministerin weiter. „Vor diesem Hintergrund und da ich im Prozess der Aufarbeitung zu der Überzeugung gelangt bin, dass ein personeller Neuanfang nötig ist, habe ich den Bundeskanzler darum gebeten, Staatssekretärin Prof. Dr. Sabine Döring in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.“

Inhaltlich grenzte sich Stark-Watzinger aber erneut scharf von dem Protestbrief der Hochschullehrer ab. „Es macht mich bis heute fassungslos, wie einseitig in diesem Brief der Terror der Hamas ausgeblendet wurde. Und wie dort etwa pauschal gefordert wurde, Straftaten an den Universitäten nicht zu verfolgen, während gleichzeitig antisemitische Volksverhetzung und gewalttätige Übergriffe gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beobachten sind“, so die Ministerin.

Es brauche eine kontroverse und friedliche Debatte über die Situation und Zukunft in Nahost. „Dennoch darf niemals ein Zweifel bestehen: für Judenhass, Gewalt und Volksverhetzung ist kein Platz in Deutschland.“

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