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Machetenangriff in Solingen: Angreifer ist auch Verdächtiger für Brandanschlag - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Markus Röhrl, der Wuppertaler Polizeipräsident, ist erleichtert, als er am Mittwochmittag vor die Presse tritt. Zwei dramatische Solinger Verbrechen „sind aus polizeilicher Sicht weitgehend aufgeklärt“. Ein 39 Jahre alter Deutscher, der am Montag einen 44 Jahre alten Mann in seiner Wohnung mit einer Machete lebensgefährlich verletzte, hat nach Erkenntnissen der Ermittler auch den mörderischen Großbrand gelegt, bei dem Ende März in der Grünwalder Straße in Solingen eine vierköpfige bulgarische Familie ums Leben kam und zwanzig Personen verletzt wurden.

„Das hat schlimme Erinnerungen an 1993 und große Verunsicherung in Solingen und darüber hinaus hervorgerufen“, sagt Röhrl mit Blick auf den verheerenden rechtsextremen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genç vor 31 Jahren, bei dem fünf Mädchen und junge Frauen ums Leben kamen. Rund um die Uhr habe die nach dem Tatort benannte Mordkommission „Grün“ seit dem 25. März in alle Richtungen ermittelt, betont Röhrl. „Dass wir nach zwei Wochen einen so durchgreifenden Erfolg vorweisen können, ist wichtig und befreiend“, sagt der Polizeipräsident auch mit Blick darauf, dass Polizei und Staatsanwaltschaft im aktuellen Brandfall einen politischen Hintergrund ausschließen.

Was jedoch genau das Motiv des Mannes war – der bisher jede Aussage verweigert –, muss noch geklärt werden. Der wegen geringfügiger Taten polizeibekannte Tatverdächtige lebte früher im Hinterhaus des Brandobjekts; 2022 wurde ihm gekündigt. Das erfuhren die Ermittler erst am Montag bei einer Zeugenbefragung der Vermieterin.

Ermittler werten Bildmaterial aus

Seither nahm die Mordkommission den 39 Jahre alten Mann näher in den Fokus. Auch das umfangreiche Bildmaterial aus Überwachungskameras rund um das Brandhaus zogen die Ermittler abermals heran. „Darauf ist mehrmals ein und dieselbe sich auffällig verhaltende Person kurz vor dem Ausbruch des Brandes zu sehen“, berichtet Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt. Das Gesicht des Mannes war jedoch nicht zu erkennen. „Aber wir waren uns sicher: Das ist der Täter.“ Das habe sich durch einen Abgleich „äußerer Merkmale“ nach der Festnahme des 39 Jahre alten Mannes nach dem Machetenangriff am Montagmittag dann weiter erhärtet.

Anlass für diese Tat soll ein „missglücktes“ Drogengeschäft zwischen dem Tatverdächtigen und dem 44 Jahre alten Mann gewesen sein. Mehrfach hieb der Jüngere auf den Älteren ein. Das Opfer konnte sich in das Treppenhaus retten, um Hilfe rufen – wurde dort jedoch abermals von dem 39 Jahre alten Mann attackiert.

Schnell war klar: Die Brandstiftung war vorsätzlich

Nur knapp zwei Stunden vor dieser Tat – direkt nach den Hinweisen der ehemaligen Vermieterin – hatte die Ermittlungskommission einen Durchsuchungsbeschluss gegen den Mann wegen des mörderischen Brandes Ende März erwirkt. „Weil wir damit rechneten, dass es sich um einen hochgefährlichen Täter handelt, galt es umfangreiche Vorbereitungen zu treffen“, sagt Björn Goecke, der Leiter der Mordkommission „Grün“.

Nach dem Großbrand Ende März in einem Mehrfamilienhaus im Solinger Stadtteil Höhscheid mit vier Toten war rasch klar: Es handelt sich um vorsätzliche Brandstiftung. In der Brandruine hatte der Gutachter auf Höhe des ersten Obergeschosses „deutliche Reste eines Brandbeschleunigers“ gefunden. Ein Mann, der zunächst wegen eines scheinbar verdächtigen Konflikts ins Visier der Ermittler geraten war, musste nach längerer Vernehmung freigelassen werden. Sein Alibi erwies sich nach eingehender Prüfung als stichhaltig.

Nach der Machetenattacke am Montag „überlagerte dann eine Ermittlung die andere“, wie Staatsanwalt Kaune-Gebhardt formuliert. Als die Ermittler die Wohnung des 39-Jährigen durchsuchten, stießen sie dort auf mehrere Cannabispflanzen, manches deutete darauf hin, dass er mit Rauschmitteln handelte. Im Keller seines Haues fanden Spezialkräfte der Polizei zudem größere Mengen Benzin und andere verdächtige Gegenstände. Die Ermittlungen seien natürlich noch nicht abgeschlossen, betont Polizeipräsident Röhrl. Man ermittle in alle Richtungen weiter, nehme alle Sorgen und Hinweise ernst. Hinweise auf eine politische Motivation habe man jedoch weder bei der Auswertung der Internetkommunikation des Tatverdächtigen gefunden – die auf eine mittige politische Orientierung hindeute – noch bei einer Abklärung mit dem Staatsschutz.

„Wir sind professionelle Ermittler, aber natürlich bewegt uns auch das Schicksal der Opfer. Wir sind auch Menschen“, sagt Ermittlungskommissionsleiter Goecke mit Blick auf den mörderischen Brand Ende März in Solingen. Zwar trafen die ersten Rettungskräfte nur sechs Minuten nach dem ersten Notruf am 25. März um 2.47 Uhr vor dem Altbau im Solinger Stadtteil Höhscheid ein, doch da stand das Holztreppenhaus bereits rotglühend im Vollbrand, wie der Einsatzleiter der Solinger Feuerwehr damals berichtete. Der Fluchtweg war komplett weggebrannt.

In ihrer Not sprangen mehrere Bewohner aus den unteren Etagen aus den Fenstern. Eine Mensch landete auf einem Autodach, obwohl die Feuerwehr gerade ein Sprungpolster aufgebaut hatte. Im Dachgeschoss riefen der 29 Jahre alte Familienvater Kuncho Z. und seine ein Jahr jüngere Frau Katia noch verzweifelt per Telefon Hilfe. Doch für sie sowie ihre beiden zwei Jahre und drei Monate alten Töchter Galia und Emilia gab es keine Chance, den Flammen zu entfliehen. Erst wenige Wochen zuvor war die bulgarische Familie nach Deutschland gekommen.

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