
Die Ampel-Koalition will mit der Teillegalisierung den unkontrollierten Handel und Konsum über den Schwarzmarkt und damit die organisierte Kriminalität eindämmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will zudem den Jugendschutz erhöhen - die Politik der letzten zehn Jahre sei gescheitert. Lauterbach verweist auf eine Verdopplung des Konsums bei Kindern und Jugendlichen sowie eine Verdopplung der Zahl der Drogentoten. "So konnte es nicht weitergehen. Ich war jahrelang auch gegen eine Cannabis-Legalisierung, aber die Studienlage zeigt, wir brauchen hier ein neues Angebot".
Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis bleiben für Minderjährige verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt strafbar. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten. Minderjährigen Cannabis-Konsumenten soll die Teilnahme an Interventions- und Präventionsprogrammen angeboten werden. Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Aufklärungskampagne für diese Zielgruppe gestartet.
Rund um Schulen, Kitas, Spielplätze und öffentliche Sportstätten ist der Cannabis-Konsum in einem Radius von 100 Metern verboten. In Fußgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden.
Dealen mit Cannabis bleibt strafbar, auch für Minderjährige. Zum Schutz Minderjähriger werden einige Strafen verschärft. So wird etwa die Abgabe von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe statt bisher einem Jahr geahndet.
Das Bundesverkehrsministerium soll zeitnah einen Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC vorschlagen, um eine Regelung wie bei der 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol festzulegen. Bisher gilt ein striktes Verbot, unter dem Einfluss von Cannabis Auto oder Motorrad zu fahren. Es drohen mindestens 500 Euro Bußgeld, ein monatelanges Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg und - im schlimmsten Fall - der Entzug der Fahrerlaubnis.
Ja, die Bundesregierung will dies aber erst in einer zweiten Stufe und über ein weiteres Gesetz regeln, das derzeit vorbereitet wird. Geplant ist, den Verkauf in Apotheken oder staatlich lizenzierten Geschäften in Modellregionen zu erproben. Welche Regionen dafür ausgewählt werden, steht noch nicht fest. Die Projekte sollen wissenschaftlich begleitet werden und auf fünf Jahre befristet sein.
Im Gegensatz zu legalen Suchtstoffen wie Tabak und Alkohol galt Cannabis in Deutschland bislang als illegale Substanz, die neben Drogen wie etwa Heroin und MDMA ("Ecstasy") unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fiel. Somit war jeglicher Besitz von Cannabis und Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) bis Ende März strafbar. Bei einer geringen Menge zum Eigengebrauch konnte die Staatsanwaltschaft von einer Strafverfolgung absehen. Die Grenzen, bis zu wie viel Gramm eine Menge als gering eingestuft wurde, variierten je nach Bundesland.
Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Entsprechende laufende Straf- und Ermittlungsverfahren werden beendet.
Der Widerstand gegen das Gesetz war parteiübergreifend groß. Die Union etwa verwies auf zahlreiche Gesundheitsgefahren, darunter psychische Erkrankungen. Ähnliche Warnungen kamen aus der Ärzteschaft, etwa von Verbänden der Kinder- und Jugendmediziner. Sie verweisen darauf, dass Cannabiskonsum besonders für Jugendliche und junge Erwachsene gefährlich sei, da sich deren Gehirn noch bis zu einem Alter von 25 Jahren verändere.
Mehrere Landesjustizminister, auch von SPD und Grünen, befürchten eine Überforderung der Justiz. Die Bundesländer müssen die neuen Regeln umsetzen, ihre Einhaltung kontrollieren und die Amnestie für Cannabis-Vergehen umsetzen. Das bedeutet einen erheblichen Zeit- und Personalaufwand für die Gerichte. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet eine starke Mehrbelastung.
Cannabis ist die lateinische Bezeichnung für die Hanfpflanze, die seit Jahrtausenden als Rohstoff genutzt wird. Aus den weiblichen Pflanzen lassen sich Rauschmittel gewinnen - Marihuana aus getrockneten Pflanzenteilen (meist Blüten), Haschisch und Haschisch-Öl aus dem extrahierten Harz der weiblichen Blüten. Für die berauschende Wirkung ist das THC (Tetrahydrocannabinol) verantwortlich.
THC beeinflusst das zentrale Nervensystem. In kleinen Dosen kann es Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit auslösen und wird daher häufig mit der Wirkung von Alkohol verglichen. THC kann aber auch Übelkeit und Brechreiz unterdrücken. Erklärt wird die Wirkung damit, dass das pflanzliche THC die körpereigenen Cannabis-Rezeptoren aus der Balance bringt. Der menschliche Körper verfügt über ein eigenes Cannabis-System (Endocannabinoide), das Teil des Nervensystems ist und sehr viele Körperfunktionen mitregelt.
Seit 2017 ist der Einsatz von Cannabis als Medizin in begründeten Einzelfällen zulässig. Mit den Cannabis-Arzneien, die auf Rezept erhältlich sind, werden seither vor allem Schmerzen behandelt. Wirkstoffgehalt und Zusammensetzung werden regelmäßig kontrolliert. Die bereits bestehenden Regelungen zu Medizinal-Cannabis sind im Wesentlichen inhaltlich unverändert geblieben.
Langfristiger Cannabis-Konsum ist Experten zufolge mit seelischen, sozialen und körperlichen Risiken verbunden. Nach heutigem Kenntnisstand geht man aber davon aus, dass gravierende Hirnschäden, wie sie von Alkohol bekannt sind, nicht verursacht werden. Diverse Studien liefern jedoch Hinweise für einen Zusammenhang zwischen regelmäßigem Cannabis-Konsum und Psychosen, demnach steigt das Risiko bei hochpotentem Cannabis (THC-Gehalt über 10 Prozent) deutlich an. Die Gefahr, dass sich Cannabis als "Einstiegsdroge" etabliert, wurde lange kontrovers diskutiert. Laut Deutscher Suchthilfe (DHS) steigt jedoch nur ein geringer Anteil der Cannabis-Konsumenten langfristig auf härtere Drogen um.
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Deutschland
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