
Ein Polizeieinsatz in der Kleinstadt Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern hat eine heftige politische Debatte ausgelöst. Demnach soll die Polizei am 27. Februar eine 16 Jahre alte Schülerin eines Gymnasiums aus dem Unterricht geführt und eine Gefährderansprache durchgeführt haben.
Der Auslöser: Ein TikTok-Video, in dem die Popularität der AfD mit den Schlümpfen verglichen wird. Die Schlümpfe seien blau, Deutschland sei es auch, heißt es darin. Dann wird eine Deutschlandkarte mit Zweitstimmen-Wahlergebnissen der AfD eingeblendet, unterlegt von einem Beat. Zuerst berichtete die Wochenzeitung Junge Freiheit über den Vorfall. Auf sozialen Netzwerken verbreitete sich die Nachricht in Windeseile und sorgte für große Empörung.
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Polizei: Schülerin wurde von Schulleiter aus dem Unterricht geführt
Drei Polizeibeamte hätten einen Hinweis von der Schulleitung erhalten, wonach „eine Schülerin mutmaßlich staatsschutzrelevante Inhalte in sozialen Netzwerken verbreitet haben könnte“. Sie seien aber zu dem Schluss gekommen, „dass kein Anfangsverdacht einer Straftat besteht“, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizeidirektion Stralsund als Reaktion auf die aktuelle Berichterstattung.
Trotzdem habe man sich dazu entschlossen, „ein Aufklärungsgespräch mit präventivem Charakter“ mit der Schülerin zu führen. Nicht die Polizei habe die 16-Jährige aus dem Unterricht begleitet, sondern der Schulleiter. Die Beamten hätten sich „in der Nähe auf dem Flur“ befunden und seien somit nicht „von Mitschülern der Klasse wahrgenommen“ worden. Sowohl die Schülerin als auch die Mutter hätten Verständnis für den Einsatz gezeigt.
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Das „Aufklärungsgespräch“ mit der Schülerin, das offenbar der Warnung vor möglichen Straftaten gedient hatte, habe „bei der Schulleitung“ stattgefunden. Die 16-Jährige sei kurz darauf zurück in den Unterricht gegangen, es sei jedoch nicht auszuschließen, „dass der Polizeieinsatz an dem Gymnasium von anderen Personen öffentlich wahrgenommen wurde“. Mit der Mutter hätten die Beamten telefoniert. Nach 35 Minuten sei der Einsatz vorbei gewesen.
Innenminister Pegel nennt Einsatz verhältnismäßig
Die Junge Freiheit unterstellte dem Schulleiter eine vermeintliche Nähe zur Regierungspartei SPD, da kürzlich an seiner Schule eine Ausstellung der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Demokratie stärken“ stattgefunden habe. „Vor den Augen ihrer Mitschüler“ sei die Schülerin „plötzlich von drei Polizisten aus dem Unterricht geholt“ worden, schreibt das Blatt. Ihr eigener Schulleiter habe sie bei der Polizei angeschwärzt, anstatt vorher mit ihren Eltern zu sprechen. Ihre Mutter spricht von einer „Stasi-Scheiße“, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Die Polizei stellt den Vorfall anders dar.
Dass die Schülerin aus dem laufenden Unterricht geführt worden sein soll, sorgte für Kritik aus Reihen der AfD. „Es hat was von Exempel statuieren“, sagte der stellvertretende AfD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, Enrico Schult, während einer Landtagsdebatte. Zentraler Streitpunkt: Die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) wies die Kritik an dem Polizeieinsatz zurück und stellte sich hinter seine Beamten. „Ich glaube, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt war, weil man keine Festnahme, keine Handschellen, keine böse Ansprache gewählt hat“, sagte er. Zu Polizeieinsätzen an Schulen komme es immer wieder. Dann ordne die Polizei den jeweiligen Vorfall ein, „losgelöst von allen politischen Einflüssen“. Es werde also gerade kein Exempel statuiert.
Der Vorfall sorgt für Aufregung über Landesgrenzen hinweg. AfD-Chefin Alice Weidel schrieb angesichts des Vorfalls auf dem Kurznachrichtendienst X von „staatlicher Gängelung“ sowie einer „Methodik, mit der die politische Elite gegen Andersdenkende vorgeht“. Sie setzte ihn in Verbindung mit dem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) – obwohl von den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen noch nichts beschlossen oder umgesetzt worden ist.
Die Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker schrieb: „Ein Schulleiter denunziert eine unschuldige Schülerin bei der Polizei. Das ist kaum zu glauben!“ Martin Sellner, Aktivist der rechtsextremen Identitären Bewegung aus Österreich, schrieb von einem „Faeserstaat“, der „immer brutaler“ werde.
Der Vorfall schlägt auf sozialen Medien hohe Wellen und er wird entsprechend politisiert – insbesondere durch die AfD. Ob die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes ausführlich geprüft werden wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht absehbar.
Artikel von & Weiterlesen ( „Stasi-Scheiße“? Schuldirektor ruft Polizei wegen TikTok-Post von 16-Jähriger - Berliner Zeitung )https://ift.tt/Gjnmhk4
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