Wenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern gerät der Chef der Freien Wähler wegen eines Flugblattes aus der Schulzeit in Erklärungsnot. Obwohl das Pamphlet vor 35 Jahren mutmaßlich Aiwangers Bruder verfasst hat, verlangt SPD-Chefin Esken die Entlassung des Politikers.
In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt hat SPD-Chefin Saskia Esken den Druck auf den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verstärkt. "Wenn die Vorwürfe gegen Hubert Aiwanger zutreffen, muss Markus Söder umgehend Konsequenzen ziehen und seinen Stellvertreter entlassen", sagte Esken den Funke-Zeitungen. "Selbst wenn Aiwanger das Flugblatt nicht selbst verfasst, aber mit sich getragen und verteilt haben sollte, lassen die widerlichen und menschenverachtenden Formulierungen Rückschlüsse auf die Gesinnung zu, die dem zugrunde lag." Esken führte weiter aus: "Wer solche Gedanken denkt, aufschreibt und verbreitet, darf keine politische Verantwortung in Deutschland tragen."
Aiwanger war in Verdacht geraten, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und im Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg ausgelegt zu haben. Am Samstagnachmittag erklärte sich Aiwangers um ein Jahr älterer Bruder zum Urheber. "Ich bin der Verfasser des in der Presse wiedergegebenen Flugblattes", heißt es in einer Stellungnahme des Bruders. "Ich distanziere mich in jeder Hinsicht von dem unsäglichen Inhalt und bedauere sehr die Folgen dieses Tuns. Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen war. Ich war damals noch minderjährig."
"Der Verfasser wird sich erklären"
Das Flugblatt rief zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?" Teilnahmeberechtigt sei "jeder, der Deutscher ist und sich auf deutschem Boden aufhält". Bewerber sollten sich "im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch" melden. Als erster Preis wird ausgelobt: "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz".
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuerst über das Flugblatt berichtet, das vor mehr als 30 Jahren verteilt worden sein soll. Über einen Sprecher hatte Freie-Wähler-Chef Aiwanger der "SZ" mitgeteilt, er habe "so etwas nicht produziert" und eine "Schmutzkampagne" beklagt. Am 9. Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt.
Am Samstagabend erklärte der Freie-Wähler-Chef schriftlich: "Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend." Er fügte hinzu: "Der Verfasser des Papiers ist mir bekannt, er wird sich selbst erklären." Weder damals noch heute war und sei es seine Art gewesen, "andere Menschen zu verpfeifen", fügte der 52-Jährige hinzu. Kurz darauf räumte der Bruder seine Autorenschaft ein.
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