Die Bundesregierung will den Ausbau von Solaranlagen vorantreiben. Dafür sind nach ARD-Informationen auch Erleichterungen bei Balkonkraftwerken geplant. Eine entsprechende Reform soll das Kabinett heute beschließen.
Die Stromproduktion mit kleinen Balkonkraftwerken soll einfacher werden. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Das Bundeskabinett will dazu heute ein sogenanntes Solarpaket beschließen. In Kraft treten könnten die Regeln zum neuen Jahr.
Die Reform soll Bürokratie abbauen und den zuletzt anziehenden Ausbau der Solarenergie in Deutschland weiter beschleunigen. Auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen könnten mit den neuen Regeln mehr Anlagen entstehen.
Datenbank für Balkonkraftwerke
Der Entwurf sieht vor, dass Balkon-Photovoltaikanlagen möglichst unkompliziert in Betrieb genommen werden können. Bisher ist es so: Wer ein Balkonkraftwerk installieren will, muss das beim Netzbetreiber anmelden. Außerdem braucht es bis jetzt einen sogenannten Zweirichtungszähler. Beides soll wegfallen.
Künftig soll man das Balkonkraftwerk nur noch in einer Datenbank eintragen. Übergangsweise können auch die alten nicht-digitalen Stromzähler weiterverwendet werden, die sich dann einfach rückwärts drehen, wenn Strom vom Balkon ins Netz eingespeist wird. Bisher darf jeder mit einer kleinen Solaranlage 600 Watt Strom produzieren - diese Grenze soll angehoben werden auf bis zu maximal 800 Watt.
Mehr Freiflächen als Solarparks
Auch die Nutzung von selbst erzeugtem Solarstrom in Mehrfamilienhäusern soll den Plänen nach vereinfacht werden. Große Anlagen mit hohem Eigenverbrauch sollen zudem von den Gesetzesänderungen des Solarpakets profitieren: Der Vorschlag sieht vor, dass Anlagen mit einer installierten Leistung von 100 Kilowatt ihre Überschussmengen ohne Vergütung, aber auch ohne Kosten, an den Netzbetreiber weitergeben können. Bisher sind Betreiber solcher Anlagen zur Direktvermarktung verpflichtet.
Außerdem sollen mehr Freiflächen als Solarparks genutzt werden. Dazu sollen auch benachteiligte Gebiete der Landwirtschaft grundsätzlich für die Förderung von Photovoltaikanlagen geöffnet werden. Der Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen soll dabei auf 80 Gigawatt bis 2030 begrenzt werden. Die Bundesländer können dem Ausbau zudem einen Riegel vorschieben, wenn bereits ein bestimmter Anteil durch Photovoltaikanlagen genutzt wird.
Bürokratieabbau wird angestrebt
Für das Solarpaket wurde erstmals auch der "Praxis-Check" angewandt, ein neues Instrument, um den Abbau von Bürokratie voranzutreiben. "In Deutschland ist über die Jahrzehnte ein Dschungel von Bürokratie entstanden, der nur noch schwer zu durchdringen ist", erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Weniger Bürokratie könne helfen, dringend benötigte Investitionen "zu entfesseln". Beim Solarpaket stießen die Beteiligten auf insgesamt 50 Bürokratie-Hindernisse, die jetzt abgebaut werden sollen.
Ziel der Regierung aus SPD, Grünen und FDP ist es, den Anteil Erneuerbarer Energien am deutschen Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern. Der Zubau an Photovoltaik lag laut Ministerium im vergangenen Jahr bei rund 7,5 Gigawatt. Im laufenden Jahr sind demnach allein bis Juli erneut mehr als 7,5 Gigawatt hinzugekommen, erwartet wird ein Zubau im zweistelligen Bereich.
Kritik vom Bauernverband
Kritik an den Plänen kommt vom Bauernverband. Sie zielt zum einen auf die Begrenzung des Zubaus von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Zum anderen wird die sogenannte Duldungspflicht bemängelt. Nach der müssen Grundstückseigentümer oder forst- und landwirtschaftliche Pächter die Betreiber einer Solaranlage auf ihr Grundstück lassen, um etwa Anschlussleitungen zu verlegen oder zu warten.
Der Deutsche Bauernverband hält das für "verfassungsrechtlich fragwürdig". Das käme einer "entschädigungslosen Enteignung" gleich, argumentierte er nach Bekanntwerden der Pläne. Das könne einen "Akzeptanzverlust" im ländlichen Raum für erneuerbare Energien zu Folge haben.
Mit Information von Christopher Jähnert, ARD-Hauptstadtstudio
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