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Rechte Parolen statt Zusammenarbeit: Was der drohende spanische Rechtsruck für die EU bedeutet - fr.de

Die rechtsextreme Partei Vox kann nach der Spanien-Wahl mitregieren. Der Rechtsruck in Europa setzt sich dadurch fort. Welche Folgen hat das für die EU?

Madrid/Brüssel – Die EU ist einer „globalistischen Agenda unterworfen, die Europas Geschichte, Tradition und christliche Werte verrät“: Es sind deutliche Worte, welche die Vox vor der Spanien-Wahl wählt. Dabei schrecken sie auch nicht vor antisemitischen Begriffen zurück – die Erzählung von „globalistischen Eliten“ ist dort weitverbreitet. Die Rechtsextremisten wollen Spaniens „Souveränität wiedergewinnen“ und den Aufbau der Union fundamental ändern.

Mit der Forderung – und weiteren radikalen Aussagen etwa zum spanischen Kolonialismus – hat Vox Erfolg. Nach der spanischen Parlamentswahl könnten sie mit den Konservativen mitregieren. Die konservative Partido Popular (PP) liegt in Umfragen vorne, hat jedoch keine eigene absolute Mehrheit. Große Koalitionen sind in Spanien nicht üblich, weitere Koalitionspartner hat die PP nicht, während der PSOE und der linken Bewegung Sumar ebenfalls Mehrheiten fehlen – auch mit Unterstützung der Kleinparteien. Die Konservativen würden dann mit Vox koalieren.

Nach der Spanien-Wahl droht durch Vox auch ein weiterer Rechtsruck in Europa

Bei einer Regierungsbeteiligung nach der Parlamentswahl in Spanien prägt Vox auch die Europapolitik der Regierung mit. Vox-Ministerinnen und -Minister würden Spanien im sogenannten Ministerrat, einer am Gesetzgebungsprozess beteiligten Institution vertreten.

Vox-Chef Santiago Abascal hält eine Rede und reckt dabei die Faust in die Luft.

Nicht nur im Land auf der iberischen Halbinsel, auch in der EU würde sich der Rechtsruck fortsetzen. Der sechste EU-Mitgliedsstaat würde von „antieuropäischen Rechtspopulisten (mit-)regiert“, erklärt Politikwissenschaftler Jakob Lempp von der Hochschule Rhein-Waal auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA. Die EU-Feindschaft sei ein „zentraler Baustein der eigenen Ideologie“. Innerhalb der Union drohe Blockade wichtiger Maßnahmen. „Und der Streit darüber, wohin es mit der EU insgesamt gehen soll, wird mit neuer Härte ausbrechen.“

„Rechte Parolen“ statt Zusammenarbeit: EU-Abgeordneter befürchtet Blockade durch mögliche Vox-Regierungsbeteiligung

Eine Blockade der Gesetzgebung durch die Rechtsaußen befürchtet auch Daniel Freund. Seit 2019 sitz der Grünen-Politiker im Europäischen Parlament. „Ich befürchte, dass mit Vox an der Regierung vor allem rechte Parolen gedroschen werden – konstruktive Zusammenarbeit in Europa aber wieder in den Hintergrund rückt“, erklärte Freund gegenüber fr.de von IPPEN.MEDIA.

Er macht Europas Konservative für den Rechtsruck verantwortlich, die Allianzen wie die mögliche Koalition aus Vox und PP erst salonfähig gemacht hätten. „Manfred Webers Kurs gegenüber Giorgia Meloni in Italien ist hier für viele zur Blaupause geworden: Für den Machterhalt sollen Bündnisse mit rechten Parteien jetzt also legitim sein.“

Im Fall der Spanien-Wahl zum jetzigen Zeitpunkt kommt eine weitere Besonderheit hinzu: Spanien hat derzeit die Ratspräsidentschaft inne – und damit die Aufgabe, Sitzungen des Rates zu leiten sowie den Rat als Institution gegenüber anderen EU-Organen zu vertreten. Sowohl Freund als auch Lempp sehen den drohenden Regierungswechsel als Hemmnis, die Arbeitsfähigkeit jedoch nicht gefährdet.

Vox leugnet im Programm vor spanischer Parlamentswahl den Klimawandel – und könnte EU-Politik damit gefährden

Freund sieht jedoch nicht Vox Haltung gegenüber der EU als Problem an. Stattdessen nennt er ihre „Politik, die sie für Europa wollen“. Konkret meint der Grünen-Abgeordnete die „Rückabwicklung des Klimaschutzes, Demontierung der Demokratie nach ungarischem Modell“ und „eine menschenfeindliche Migrationspolitik“.

Der Green Deal der EU-Kommission, der den Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft vorsieht, sei gefährdet – und damit die europäische Wettbewerbsfähigkeit. „Während die USA massiv in Erneuerbare investieren, droht Europa abgehängt zu werden“, kritisiert Daniel Freund auf fr.de-Nachfrage die Politik der Rechtsaußen. „Rechtspopulisten setzen auf fossile Energieträger und ein Frauenbild wie in den 1950ern.“

Vox leugnet im Programm zur Spanien-Wahl den Klimawandel und spricht von einer „vom Westen aufgezwungenen Klimareligion“. Sie diene dafür, „Geldbeträge von der Mittel- und Arbeiterklasse an die Eliten zu transferieren, die die Klimaagenda vorantreiben“. Spanien müsse sich von internationalen Abkommen distanzieren, die spanische Unternehmen für Umweltprobleme verantwortlich machten.

Einfluss von Vox auf EU-Politik hängt von Verhandlungen nach Spanien-Wahl ab

Am Ende gilt: Vox wäre in einer möglichen Koalition nur Juniorpartner der Konservativen. „Welchen Einfluss Vox dann auf die spanische Politik nähme, hängt von den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen ab“, erkärt EU-Experte Lempp. „Gefährlich ist, dass Vox die Gegnerschaft zur EU im spanischen Wahlkampf zum Thema gemacht hat und nach der Wahl gegenüber den eigenen Wählern in der Pflicht stünde, in Koalitionsverhandlungen einen Punktsieg zu erringen.“ Insgesamt sei Spanien jedoch eindeutig pro-EU eingestellt. Vox könnte sich deshalb auf andere Themenfelder konzentrieren. Eine Möglichkeit ist dabei Vox‘ antifeministische Agenda.

Trotz der EU-feindlichen Haltung von Vox und weiterer rechtspopulistischer und radikaler Parteien in der EU rechnet der Politologe deshalb nicht mit einer antieuropäischen Allianz, die zu einer Bedrohung der EU würde. „Dafür sind die Vorteile, die die EU den Bürgern (und auch Regierungen) bietet, einfach zu groß.“ (Max Schäfer)

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