Seit drei Monaten gibt es das Deutschlandticket. Laut Politik und Bahn ist das Angebot für 49 Euro ein Erfolg: Die Zahl der Fahrgäste im Regionalverkehr sei um rund ein Viertel gestiegen. Der Fahrgastverband Pro Bahn äußert sich skeptischer.
Nach Einführung des Deutschlandtickets ist die Zahl der Fahrgäste in den Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn laut DB-Regio-Chefin Evelyn Palla um rund ein Viertel gestiegen. Im Juni sei die Anzahl der Fahrgäste um 25 Prozent höher gewesen als noch im April, sagte Palla dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Bereits ein großer Erfolg"
Das Deutschlandticket sei "bereits ein großer Erfolg". Die Fahrgäste in Regionalzügen der DB hätten zudem "deutlich längere Strecken" zurückgelegt; besonders die Ausflugsrouten Richtung Meer und Berge seien in der Ferienzeit sehr beliebt. In manchen Regionen seien "die Menschen so viel unterwegs wie im 9-Euro-Sommer", sagte Palla dem RND. Im vergangenen Sommer hatte es drei Monate lang ein bundesweit gültiges Ticket für den regionalen Bahnverkehr gegeben, das lediglich neun Euro kostete.
Die deutschlandweit gültige Monatskarte sei "einfach, kostengünstig, ökologisch sinnvoll und digital", sagte Palla. Zudem appellierte sie an Bund und Länder, den monatlichen Preis von 49 Euro auch im kommenden Jahr stabil zu halten. Die DB Regio wünsche sich, dass der Preis "weiterhin leistbar" bleibe und "vielen Menschen Zugang zu täglicher Mobilität" ermögliche.
Pro Bahn: "Kein wirklich großer Erfolg"
Der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, erklärte dagegen, das Ticket sei kein "wirklich großer" Erfolg. Ein großer Teil der Neukunden habe das System ohnehin zwischendurch genutzt, etwa mit Tageskarten und Einzelfahrscheinen, sagte Naumann der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
"Dass man wirklich Menschen in großen Mengen von der Straße in den öffentlichen Personennahverkehr gelockt hat, ist nicht passiert." Gleichwohl sei das Deutschlandticket für viele Menschen eine deutliche Verbesserung, "weil die Nutzung des ÖPNV billiger und einfacher geworden ist". Das Hauptproblem bleibt nach Naumanns Einschätzung jedoch, dass viel Geld in eine Tarifsubvention gesteckt werde statt in den Ausbau.
Nicht nur Gelegenheits-, sondern auch Alltagsnutzung
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht hingegen Chancen für einen dauerhaften Schub bei der Nutzung von Bussen und Bahnen. "Das Ticket ist wirklich ein Riesenerfolg", sagte der FDP-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Seit der Einführung vor knapp drei Monaten seien nahezu eine Million Neukunden für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gewonnen worden.
"Und wir haben die Zahl der Abonnenten erhöht, die sich fest an den ÖPNV binden. Das heißt, dass es nicht nur eine Gelegenheitsnutzung gibt, sondern eine Alltagsnutzung", so Wissing. Im Blick stünden nun aber auch Verbesserungen beim Angebot für die Fahrgäste.
Spätere Verteuerung nicht ausgeschlossen
Die Erwartungen waren hoch, als das neue Ticket nach langem Gezerre zwischen Bund und Ländern über einen Nachfolger für die befristeten 9-Euro-Tickets aus dem Sommer 2022 an den Start ging. Seit 1. Mai kann das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat genutzt werden - als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement. Es gilt bundesweit im Nahverkehr, und das ohne kompliziertes Kümmern um Tarifzonen.
Dabei sind die 49 Euro ausdrücklich der "Einführungspreis". Spätere Anhebungen wegen steigender Kosten sind also nicht ausgeschlossen.
Je mehr Abonnenten, desto stabiler der Preis
Wissing erklärte unter Bezug auf den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), das seien zum einen fünf Millionen neue Abo-Kunden, die den ÖPNV zuvor ohne Abo genutzt hatten. Hinzu kämen rund eine Million Abos ganz neuer ÖPNV-Nutzer. "Das allein ist ein bombastischer Erfolg." Ursprünglich gab es vor dem Deutschlandticket elf Millionen Abos. Fünf Millionen davon wechselten zum neuen Angebot.
"Je mehr Abonnenten wir haben, umso günstiger kann das Ticket dauerhaft bleiben. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass möglichst viele das Ticket auf Dauer nutzen." Am Ende müsse man auch schauen, dass der ÖPNV insgesamt gut funktioniere. "Das heißt: Auch das Angebot und die Infrastruktur müssen stimmen." Rufe von Verbraucherschützern nach einer mehrjährigen Preisgarantie ließ die Politik bisher verhallen.
Ticket auch im ländlichen Raum interessant?
Aus Sicht Wissings lohnt sich das Ticket nicht nur in Städten und Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Raum. Gerade dort habe es ein Problem mit zu hohen Preisen gegeben. "Da zahlen Sie teilweise 200, 300 Euro für eine Monatskarte", so der Minister. Auch Einzelfahrscheine für mehr als zehn Euro pro Richtung seien für eine Familie viel Geld.
Gerade auf dem Land sei das schwierig, weil Menschen nicht allein den ÖPNV nutzten, sondern meistens auch noch ein Auto haben müssten. "Jetzt haben wir mit einem attraktiven Angebot eine echte Möglichkeit geschaffen, sich wirklich verkehrsträgerübergreifend zu bewegen." Ersten Erhebungen zufolge nehme die Zahl der täglichen Pendlerfahrten mit dem Zug zu.
Nicht nur Umweltverbände dringen seit Langem auf ein dichteres Angebot besonders auf dem Land. Eine höhere Nachfrage durch das Deutschlandticket könnten diesbezügliche Investitionen lohnender machen.
Länder fordern mehr Geld vom Bund
Die Länder fordern hartnäckig mehr Geld vom Bund - und das nicht nur für Aktionen wie das neue Ticket, sondern schon für den Normalbetrieb mit steigenden Kosten für Personal und Energie. Dabei geht es um die Regionalisierungsmittel aus Berlin, mit denen Länder und Verbünde Leistungen bei Verkehrsunternehmen bestellen.
Wissing sagte, schon jetzt unterstütze der Bund die für den ÖPNV zuständigen Länder mit mehr als zehn Milliarden Euro jährlich, und seit diesem Jahr würden die Mittel auch stärker um drei Prozent pro Jahr angehoben. "Das ist richtig viel Geld zusätzlich." Insgesamt gebe der Bund 2022 bis 2031 allein zusätzliche Regionalisierungsmittel von 17,3 Milliarden Euro.
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