Schwere Kampfpanzer im Einsatz nahe der umkämpften Stadt Bachmut in der Ost-Ukraine. Die ukrainische Regierung hat Deutschland und weitere westliche Länder am Donnerstag erneut dringend darum gebeten, Kampfpanzer des Typs Leopard an Kiew zu liefern.
Auch für den ehemaligen Bundeswehrgeneral Hans-Lothar Domröse ist klar: Ohne schwere Waffen aus Partnerländern hat das Land keine Chance gegen die zahlenmäßige Überlegenheit der russischen Invasionstruppen.
Hans-Lothar Domröse, ehemaliger Bundeswehrgeneral:
»Wir sehen ja die blutigen Kämpfe in Soledar und Bachmut, wo es viele Tote und Verwundete auf beiden Seiten gibt. Aber die Ukraine kann es sich rein mengenmäßig noch weniger erlauben. Und wenn sie jetzt nicht gestärkt wird durch die Waffenlieferungen, dann sind sie sozusagen verblutet. Und das können wir nicht zulassen. «
Die Forderung der ukrainischen Regierung ist nicht neu. Seit Monaten drängt das angegriffene Land auf mehr Waffenlieferungen. Kiew hofft, mit modernen Kampfpanzern, die von Russland besetzen Gebiete zurückerobern zu können.
Hans-Lothar Domröse, ehemaliger Bundeswehrgeneral:
»Mit dem Kampfpanzer sind Sie in der Lage, mit den schnell dick gepanzerten Fahrzeugen mit einer Stoßkraft, Geschwindigkeit Raum zurückzuerobern. Das können sie mit den anderen Fahrzeugen nicht. Dafür ist der Kampfpanzer gemacht, geschaffen geradezu. Er ist in der Feuerkraft den russischen Systemen, soweit ich weiß, überlegen. Und da können Sie schnell vorstoßen und dann mit dem Schützenpanzer begleiten, die Infanterie, die Soldaten mitbringen, die dann die Ortschaft A oder B rückerobert und damit körperlich besetzt. Das ist sehr wichtig.«
Polen und weitere EU- und Nato-Staaten sind längst dazu bereit, eigene Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern und drängen Deutschland, die erforderlichen Genehmigungen zu erteilen. Doch die Bundesregierung zögert – noch.
Im Bundestag debattierten die Abgeordneten am Donnerstag über einen Antrag von CDU und CSU. Dieser fordert die Bundesregierung dazu auf, die Ausfuhr von Panzern aus Industrie- und Bundeswehrbeständen sowie von in Deutschland hergestellten Panzern aus Drittstaaten unverzüglich zu genehmigen.
Johann Wadephul, Unions-Fraktionsvize:
»Deutschland ist der Bremsklotz und nicht der Beschleuniger, wenn es darum geht, der Ukraine zur Seite zu stellen. Und deswegen die Aufforderung an den Bundeskanzler und insbesondere in der sozialdemokratischen Fraktion, da muss man wohl noch Überzeugungsarbeit leisten: Jetzt müssen wir vorangehen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Und den bestraft an der Stelle leider nicht die Bundesregierung, sondern die Ukraine. Wir sind jetzt gefordert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und das muss Deutschland leisten.«
Und tatsächlich: Olaf Scholz ist nach übereinstimmenden Medienberichten dazu bereit, den Panzerlieferungen zuzustimmen – allerdings nur, wenn die USA ihrerseits der Ukraine eigene Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. Scholz betont seit Kriegsbeginn immer wieder, Deutschland unternehme keine Alleingänge, sondern stimme sich stets mit Partnern ab. Doch die USA lehnt die Lieferung von Abrams-Panzern aktuell noch ab.
Ex-General Domröse sieht auch den frisch vereidigten Verteidigungsminister Boris Pistorius in der Verantwortung. Der kommt am Freitag mit Amtskollegen mehrerer Dutzend Staaten auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zusammen, um über die weitere militärische Unterstützung der Ukraine zu beraten.
Hans-Lothar Domröse, ehemaliger Bundeswehrgeneral:
»Er muss deutlich machen: Deutschland ist ein verlässlicher Partner. Das ist das Wichtigste, denn wir haben Ansehensverlust bei unseren westlichen und östlichen Partnern. Das ist eindeutig. Diesen Eindruck muss er verwischen. Und das Beste und Leichteste wäre, wenn er sagt: Ich liefere mit Polen gemeinsam, mit den Finnen, Spaniern und Franzosen und Engländern gemeinsam Kampfpanzer. Wenn er das nicht sagen kann, weil die Regierung das nicht will, steht er schlecht da, steht Deutschland schlecht da. «
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet von dem Treffen ein Signal, dass es »mehr schwere und moderne Waffen« für die Ukraine gibt. Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine mit deutscher Zustimmung rückt also näher. Die Chancen auf eine erfolgreiche ukrainische Offensive würden dadurch steigen.
Hans-Lothar Domröse, ehemaliger Bundeswehrgeneral:
»Vielleicht können Sie eines Tages – wir wünschen ihnen das ja – Mariupol zurückerobern. Das ist noch nicht alles, aber das ist schon ganz schön, was. Also auf diese Sicht will man sicherlich hoffen. Und dann hofft man, dass der Russe sagt: Na ja, ich kann es nicht halten, also ziehe ich ab.«
Die Panzerlieferungen werden in der deutschen Bevölkerung weiterhin überwiegend skeptisch gesehen. Einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zufolge sprechen sich 43 Prozent der Befragten dagegen und nur 39 Prozent dafür aus. 16 Prozent machen keine Angaben.
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