Die FDP stellt erneut den auf Mitte April verschobenen Atomausstieg in Frage. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der „Bild“ auf, „spätestens zum Jahreswechsel“ ein Konzept vorzulegen, wie ausbleibende Strommengen ersetzt werden können. „Von einer Tabuisierung einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke über den April 2023 hinaus rate ich dabei ab“, fügte er hinzu.
Djir-Sarai äußerte sich zum Fall der sogenannten Dunkelflaute – damit ist gemeint, dass wegen geringer Windgeschwindigkeiten und Dunkelheit, insbesondere im Winter, nur wenig Strom aus Solar- und Windkraftwerken erzeugt wird. Habeck müsse klar sagen, wie in einer solchen Konstellation Stromlücken gestopft werden sollten, sagte der FDP-Generalsekretär. „Strom muss sauber, sicher und bezahlbar sein.“
Ähnlich hatte sich am Montag bereits Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) geäußert. Für einen erfolgreichen Hochlauf der Elektromobilität sei es entscheidend, dass die Strompreise nicht aus dem Ruder laufen, sagte er der „Bild“. Mit Blick auf die Atomkraftwerke sagte er: „Wenn eine Laufzeitverlängerung einen Beitrag dazu leisten kann, sollte man dies nicht vorschnell ablehnen, alleine schon aus Gründen des Klimaschutzes. Nur wenn der Strom klimaneutral produziert wird, schützt Elektromobilität das Klima.“
Die Bundesregierung hatte nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschlossen, dass die drei verbliebenen drei Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus bis zum 15. April weiterlaufen sollen. Danach soll mit der Nutzung der Atomkraft Schluss sein. Falls die Kraftwerke doch noch länger betrieben werden sollten, müssten nicht nur erneut die Gesetze geändert, sondern auch neue Kernbrennstäbe beschafft werden, was normalerweise eine lange Vorlaufzeit hat.
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Seit Tagen schon speisen die erneuerbaren Energien kaum mehr Strom ins Stromnetz ein. Das zeigt, dass es richtig war, die Laufzeiten der Kernkraftwerke zu verlängern.“
Ausschließlich mit erneuerbaren Energien wäre die Versorgungssicherheit in diesem Winter nicht gesichert, sagte Kruse weiter. Von Wirtschaftsminister Habeck forderte er zum Jahreswechsel ein Konzept, dass dem Anspruch, sauberen und bezahlbaren Strom zu produzieren, gerecht werde „Eine Laufzeitverlängerung darf da kein Tabu sein. Der Strompreis muss sinken.“
Wissing hatte bereits kritisiert, der Ausbau der Stromnetze komme nicht schnell genug voran. Er sagte der WELT AM SONNTAG: „Aufgrund der Bedarfsberechnungen sehe ich jetzt schon dringenden Handlungsbedarf.“ Bislang richte sich der Ausbau nach dem aktuellen Bedarf, nicht nach dem prognostizierten Bedarf.
Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, erklärte: „Um den vorhandenen Effizienzvorteil von E-Autos gegenüber Verbrennern voll auszuschöpfen, braucht es solche, die bei Herstellung, Betrieb und Entsorgung möglichst wenig Strom und Rohstoffe benötigen.“ Die Aufgabe eines Verkehrsministers sei es, das Verkehrssystem zukunftsfähig umzubauen. „Statt neue Autobahnen für immer mehr Autos, braucht es dafür bessere Angebote beim klimafreundlichen öffentlichen Verkehr.“
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