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„Meine Pronomen sind: ‚Leck mich am Arsch‘“ - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Die militante Linke in Amerika ist die moderne Version der Bücherverbrenner“, ruft Rick Scott, Senator von Florida, in den Saal. „Sie sind hinter dir her“, sagt er auch, „du musst dich wehren“. Wahrscheinlich weiß nicht jeder Zuschauer hier im Hilton-Hotel in Dallas, dass Bücherverbrenner synonym für Nazis steht.

Aber vor der Tür des Trinity Ballrooms, in dem sich seit Donnerstag mit kurzen Unterbrechungen Rede an Rede reiht, hängt an einem Stand ein schwarzes T-Shirt mit Biden-Foto und Hitlerbart. „Nicht mein Diktator“, steht darauf. Auf einer Toilettenpapierrolle gibt es die demokratische „Sprecherin“ des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wahlweise hinter Gittern oder mit Hitlerbart.

Im Saal zieht Scott weiter über die amerikanische Regierung her. Die Amerikaner hätten genug von dem „woken“ Unsinn ihrer Anführer. Das Publikum jubelt und applaudiert. Der Achtundsechzigjährige gehörte zu den acht republikanischen Senatoren, welche die Bestätigung der Wahl Joe Bidens ablehnten. „Wir müssen ernst machen“, sagt Scott. Es sei an der Zeit, einen Plan zu haben, einen Plan auszuführen. „Wir müssen diesen Kampf gewinnen.“

An einem Stand werden Toilettenpapierrollen angeboten, die die demokratische „Sprecherin“ des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, verunglimpfen.

An einem Stand werden Toilettenpapierrollen angeboten, die die demokratische „Sprecherin“ des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, verunglimpfen. : Bild: Sofia Dreisbach

Das ist der Ton bei der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC), dem diesjährigen Treffen der Rechtskonservativen Amerikas, bei dem sich auch viele Verschwörungstheoretiker und religiöse Rechte versammeln. Dass Joe Biden der legitime Präsident der Vereinigten Staaten ist, finden hier die wenigsten.

Vier Tage, von Donnerstag bis Sonntag, kommen sie in diesem Jahr in Dallas zusammen, und mit jedem Tag werden es mehr, denn am Samstagabend steht das Highlight für viele an: Donald Trump spricht. Die Kritik an Joe Biden ist allgegenwärtig, in den Ansprachen wettern die Gäste etwa gegen seine Migrationspolitik (fast immer ist von einer „Invasion“ von Migranten die Rede) und gegen die „Gender-Ideologie“.

Biden-Regierung wird geschmäht

„Mein Name ist Ted Cruz, und meine Pronomen sind: ‚Leck mich am Arsch‘“, ruft etwa der texanische Senator Ted Cruz am Freitag unter dem johlenden Applaus der Menge. Ein großer Teil der Reden besteht darin, weniger eigene politische Pläne zu schmieden, als die der Biden-Regierung zu schmähen. So höhnt Cruz etwa über die Maskenpflicht in Restaurants, die an Türen, aber nicht am Platz gegolten habe. „Das Coronavirus reagiert auf Höhe“, sagt er, während er auf der Bühne gestikuliert. Wieder lacht das Publikum.

Der texanische Senator Ted Cruz bei seiner Rede am Freitag

Der texanische Senator Ted Cruz bei seiner Rede am Freitag : Bild: AP

Zwischen den Reden wird immer wieder Werbung eingespielt, für eine konservative Dating-Plattform etwa. Nicht dass man jemanden kennenlerne, sagt die junge Frau in dem Video, und am Ende feststellen müsse, er sei Demokrat. Im Trailer für einen Film mit dem Titel „Kulturkampf“ raunt eine Stimme aus dem Off von der „Belagerung durch einen Feind“. Die eigene Freiheit sei bedroht von der Cancel Culture. Dazu laufen Bilder blutender Demonstranten und angeblich zum Schweigen gebrachter Menschen, vor Gericht etwa. „Cancel Culture ist real und kommt in deine Nachbarschaft“, heißt es. Wer über den Tag viele der Reden verfolgt, wird das Video immer und immer wieder sehen und hören.

In den Reihen sitzen vor allem ältere Menschen, viele tragen T-Shirts mit Trump-Konterfei, die sie an den Ständen gekauft haben, oder Kleidung mit dem Muster der amerikanischen Flagge. Fünf Frauen wandern in roten Pailletten-Jacken durch die Flure, darunter tragen sie Shirts, die zusammen den Namen T-R-U-M-P ergeben. An den Ständen gibt es auch Glitzer-Pumps mit Trump-Aufschrift und Kappen mit seinem Namen oder MAGA-Aufdruck, „Make Amerika Great Again“.

Glitzer-Pumps mit Trump-Aufschrift bei der CPAC

Glitzer-Pumps mit Trump-Aufschrift bei der CPAC : Bild: Sofia Dreisbach

Auf Brent Larsens Brust steht „Lehnt den Kommunismus ab“, auf dem Rücken „Lebt frei“. Gerade erst ist der Kanadier in die Vereinigen Staaten gezogen. In seinem Heimatland herrsche „Sozialismus und Borderline-Kommunismus“, wie Larsens sagt. Man müsse das System fast totalitär nennen. „Trudeau ist zu einem Diktator geworden.“ Weil er um die Sicherheit seiner Firma fürchtete, wenn dieser „Diktator“ Einfluss auf die Grenze nehme, ist er mit der Familie nach Oklahoma gezogen. Hier, in Amerika, hat er keine Angst davor, dass ihm der Mund verboten wird. „Niemand hier hat Angst, frei zu sprechen.“

Larsens sagt Sätze wie „Sie sind hinter unseren Kindern her“, nennt die Regenbogenfarben der LGBTQ-Bewegung eine „Propaganda-Flagge“, will wissen, dass Deutschland ein Migrationsproblem habe. „Ist es wahr, dass Frauen auf öffentlichen Plätzen angegrapscht werden?“ Das hat Larsens gelesen. Angela Merkel sei ja ohnehin ein „Disaster“ gewesen. An ihm zeigt sich auch, wie schnell die Reden bei CPAC-Treffen verfangen. Über Ted Cruz sagt er, es gefalle ihm, dass er frei von der Leber weg rede. „Er weiß, was wirklich vor sich geht.“

Am Donnerstag hat Larsens dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zugehört, dessen Name ihm nicht wieder einfallen will. Aber auch der sage frei heraus, was er denke. „Und Ungarn geht es gut, die Gehälter gehen nach oben.“ Am Samstag kommt Larsens Familie aus Oklahoma nach Dallas gefahren. Er will seinen Sohn mit zu Trump nehmen.

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